UMGEBUNGSENTDECKER
REISEEINDRÜCKE FÜR KUNST- UND GESCHICHTSINTERESSIERTE
Das Berchtesgadener Land
und seine Umgebung
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Man erreicht Berchtesgaden von Bad Reichenhall kommend, fährt in Bischofswiesen an der Schlafenden Hexe vorbei, einem Berg, dessen Silhouette an das Gesicht einer liegenden Hexe erinnert, bis man dann im Talkessel Berchtesgadener Land ankommt. Am Königssee, im äußersten Südosten Deutschlands, der von hohen steilen Bergen umgeben ist, fühlt man sich dann tatsächlich wie am Ende des Landes.
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Die Hauptsehenswürdigkeiten in der Umgebung von Berchtesgaden sind der Königssee und das Kehlsteinhaus, darüber hinaus gibt es noch ein Salzbergwerk und Ramsau sowie eine Seilbahn auf den Jenner.
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Infos für Touristen
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Im Berchtesgadener Land kann man selten problemlos mit Karte zahlen. Manche Restaurants und Geschäfte akzeptieren Kartenzahlung ab zehn, andere erst ab zwanzig Euro und viele gar nicht. Die Infrastruktur von Bankomaten verschiedener Kreditinstitute ist spärlich, man ist auf Sparkassen angewiesen und zahlt bei jeder Abhebung ordentlich drauf, wenn man nicht Sparkassenkunde ist. Das ist umso verwunderlicher, da in diese Gegend viele internationale Touristen kommen, die Barzahlungen nicht gewohnt sind.
Ebenso ungewöhnlich ist, dass Busfahrpläne nicht online einsehbar sind, wer auf öffentlichen Nahverkehr setzt, sollte Fahrpläne von Linien, die man öfters benutzt, an den entsprechenden Haltestellen fotografieren.
Auch sind Regionalzüge weder mit Steckdosen noch mit WLAN ausgestattet, obwohl sich Bayern gern das Image eines innovativen, technologischen Bundeslandes gibt, das die CSU mit dem Slogan "Laptop und Lederhosen" beworben hatte.
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Das Berchtesgadener Land setzt auf nachhaltigen Tourismus. Es gibt keine Hotelburgen, statt dessen bieten viele Einheimische Gästezimmer und Ferienwohnungen an. Urlaub bei Bauern, die noch etliche Kühe im Stall haben, sind keine Seltenheit. Zum nachhaltigen Tourismus passt auch, dass Berchtesgaden und Garmisch-Partenkirchen mittels Bürgerentscheid die Olympischen Winterspiele 2022 krachend ablehnten, weil sie ihre Regionen nicht dem Gigantismus und der Profitgier des IOC'S opfern wollten.
Das Berchtesgadener Land hat zwar Wintersportgebiete, ist aber eher eine Sommerurlaubsregion. Olympische Spiele hätte dem Wintertourismus einen Schub gegeben, aber anscheinend legen die Berchtesgadener darauf weniger Wert als auf den Erhalt der traditionellen Kulturlandschaft.
Die Touristenzahlen nehmen seit den 90er Jahren ab. Vielleicht liegt es daran, dass das Interesse an einheimischen Reisezielen generell sinkt und sich damit eine Entwicklung abzeichnet, die vor einigen Jahrzehnten auch Österreichs Tourismus bedrohte. Es sind Reiseziele, die vornehmlich von einer älteren Bevölkerungsgruppe angesteuert wurden, die langsam weggestorben ist. Jüngere Menschen wissen heutzutage kaum, wo der Königssee liegt, geschweige denn, dass die berühmten Ansichten von St. Bartholomä und Ramsau bekannt wären. Zwar nimmt internationaler Tourismus zu, aber er kann nicht den Wegfall einheimischer Touristen kompensieren. Außerdem ist das Berchtesgadener Land für ausländische Besucher eher ein Tagesausflugsziel vom nahe gelegenen Salzburg, bei dem man den Königssee und das Kehlsteinhaus mitnimmt.
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Der Königssee
Der Königssee ist ein vollkommen naturbelassener Bergsee, an dem es keine menschlichen Eingriffe mehr gibt, seit er Teil des 1978 gegründeten Nationalparks Berchtesgaden wurde. Das Gewässer wirkt wie ein Fjord, an dem die schroffen Felsenwände teilweise senkrecht in den See fallen. Man kann nicht am Ufer entlang wandern, Wege gibt es nicht. Die einzige Möglichkeit den See in seiner Gänze zu sehen, ohne mit dem Boot zu fahren, bekommt man vom Malerwinkel, den man nach circa 10 Minuten Fußweg von der Bootsanlegestelle in Schönau erreicht. Dazu einfach den einzigen Weg hinter den Bootshäusern entlanggehen, der einen direkt zu diesem Aussichtspunkt bringt.
Die Bootsfahrt sollte man sich trotzdem nicht entgehen lassen. Sie kostet von Schönau bis Salet 25 Euro p.P. (Stand August 2022).
Man fährt mit Elektromotorbooten der Königsseeflotte, die fast lautlos durch das Wasser gleiten.
Die Schiffe fahren häufig, sind aber dennoch stets voll, auch dann, wenn man das erste Schiff um 8:15 ergattert. Wir waren der irrigen Annahme, dass um diese Zeit noch nicht viele Gäste anwesend sind, aber bis auf den letzten Platz drängt man sich aneinander, ein paar Gruppen aufgedrehter Wanderer unterhalten sich lautstark minutenlang über Banalitäten wie ihren Proviant und nerven damit, weil man eigentlich am frühen Morgen die Stille des Sees im Frühnebel genießen möchte. Sobald einer der beiden Schifffahrer das Mikrophon ergreift und Daten und Geschichten zum See erzählt, wird es zum Glück still und man hört dann tatsächlich nur noch das Wasser, durch das sich das Schiff langsam fortbewegt. Mitten auf dem See wird angehalten, um das berühmte Echo des Königssees mit einer Trompete zu demonstrieren.
Während der Fahrt über den See legen die Boote zweimal an, zunächst in St. Bartholomä mit dem berühmten Postkartenmotiv der Kapelle am königlichen Jagdschloss und schließlich in Salet am Ende des Sees.
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St. Batholomä liegt auf der Halbinsel Hirschau, es gibt ein Restaurant mit schönem Biergarten am ehemaligen Jagdschloss, das in seiner Schlichtheit eher nicht an ein Schloss erinnert. Von ca. 1700 bis zur Säkularisierung 1803 diente es als einfache Jagdunterkunft für die Berchtesgadener Fürstpröbste. Danach ging das Berchtesgadener Augustinerstift an die Wittelsbacher und Prinzregent Luitpold I. verbrachte hier gern Zeiten mit seinen Gästen.
Die Kapelle ist ein beliebtes Fotomotiv, vor allem mit der imposanten Nordwand des Watzmanns im Hintergrund. Auf manchen Besucher aus dem Rest der Welt wirkt die Kapelle russisch. Barocke Zwiebeltürme assoziieren viele eher mit Russland als mit dem süddeutschen Raum, obwohl sie so typisch für süddeutschen Barock sind.
Trotz der vielen Besucher findet man in St. Batholomä immer einen guten Platz unter den Kastanien des Biergartens und kann die Umgebung genießen, idealerweise bei einem etwas überteuerten, aber guten Seibling oder einer Forelle.
Von St. Bartholomä geht es mit dem Boot weiter nach Salet, Ausgangspunkt für Wanderungen zum Obersee und weiter bis zur Fischunkelalm und zum Röthbachfall.
Hier hat sich unser früher Aufbruch gelohnt, denn es ist noch recht leer am Obersee, wenn man mit einem der ersten Boote fährt. Schon eine Stunde später wird die Ruhe durch Wandererkolonnen gestört. Man findet aber trotzdem immer wieder ein ruhiges Plätzchen, um die Aussichten zu genießen.
Die Landschaft um den Obersee ist spektakulärer als der Königssee, die Wanderung bis zur Fischunkelalm dauert ca. ca. 40 Minuten, bis zum Wasserfall 1 1/4 Stunden.
Auf der Alm gibt es Brotzeiten und diverse Getränke.
Wieder in Schönau angekommen, kann man noch einen Blick in die Romy-Schneider-Ausstellung werfen, die im alten Bahnhof untergebracht ist, zu dem früher die Bahnlinie von Berchtesgaden führte.
Romy Schneider verbrachte ihre Kindheit in Schönau am Königssee im Haus der Mutter Magda Schneider, die sich von ihren Gagen den Traum erfüllte, hier am Königssee zu wohnen. Das Haus von Magda Schneider ist heute in Privatbesitz und hinter zwei Meter hohen Hecken versteckt. Magda Schneider und Romy spielten gemeinsam in den Sissy-Filmen Mutter und Tochter des bayrischen Königshauses.
Berchtesgaden
Ansicht von Berchtesgaden vom Emmaus-Rundweg. Links die St. Andreas-Kirche, die ehemalige Pfarrkirche der Stadt, rechts davon mit den spitzen Doppeltürmen die ehemalige Stiftskirche des Augustiner-Chorherrenstifts, daran rechts anschließend die Fassade des Stiftsgebäudes, das nach der Säkularisation als Schoss der bayrischen Könige genutzt wurde.
Berchtesgaden war bis zum Reichsdeputationshauptschluss 1803 ein reichsunmittelbares Fürstentum. Die Fürstpröbste residierten im Klosterstiftsgebäude, das im Laufe der Jahrhunderte erweitert wurde. Nach dem Ende ihrer Herrschaft fiel das Berchtesgadener Land an das neu gegründete Kurfürstentum Salzburg. Mit dem Frieden von Pressburg 1805 fiel Salzburg mitsamt Berchtesgaden an Österreich, blieb dort bis 1810, als Salzburg ins neu gegründete Königreich Bayern eingegliedert wurde. 1816 ging Salzburg wieder an Österreich, während Berchtesgaden bei Bayern blieb.
Das ehemalige Chorherrenstift wurde zum Schloss der bayrischen Könige.
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Ein Rundweg durch die Stadt führt zum Schloss mit davor liegendem
Schloss, der ehemaligen Stiftskirche und dem gegenüberliegenden
ehemaligen Marstall mit seinen Arkadenbögen. Im weiteren Verlauf kann man die Straße Nonntal entlang gehen, um dann den Emmausweg zur Kirchleitenkapelle hinauf zu steigen, von wo man eine gute Sicht auf den Watzmann hat.
Kehlsteinhaus
Das Kehlsteinhaus wurde unter der Kanzlerschaft Adolf Hitler gebaut und ist genau deswegen ein sehr beliebtes Reiseziel bei Amerikanern und anderen internationalen Reisegästen. Man darf sich nicht wundern, wenn Amerikaner stolz oder begeistert erzählen, dass sie auf einer Deutschlandfahrt auch das sogenannte "Eagle's Nest", wie sie das Haus bezeichnen, besucht haben.
Wer dort Originaleinrichtungen aus dem Dritten Reich usw. erwartet, wird nur einen Berggasthof vorfinden, der nicht viel von seiner Vergangenheit verrät. Wäre man nicht informiert, würde man nicht wissen, an welchem Ort man sich hier befindet.
Abgesehen von der düsteren Vergangenheit bietet dieses Haus einen großartigen Blick über das gesamte Berchtesgadener Land.
Das Haus liegt auf einem Felssporn auf 1834 Meter Höhe. An drei Seiten geht es recht steil bergab, so dass man einen atemberaubenden Rundblick in schwindelerregender Höhe hat. Der Name Eagle's Nest, den die Amerikaner dem Haus gegeben haben, passt, denn die ungewöhnliche Lage erinnert an einen Adlerhorst. Es kann allerdings passieren, dass man oben in den Wolken sitzt und gar nichts sehen kann oder dass bei guter Sicht wirklich viele Besucher dort oben sind.
Um dorthin zu kommen, fährt man zunächst bis zu einem Parkplatz am Dokumentionszentrum Obersalzberg. Ab da ist die Fahrt mit dem eigenen PKW beendet. Busse bringen die Besucher über die 1938 eigens für dieses Haus gebaute Kehlsteinstraße zu einem Fahrstuhl, der einen dann direkt in das Haus bringt.
Die Hin- und Rückfahrt mit dem Bus und die dazugehörige Fahrt mit dem Aufzug kosten pro Person 28 Euro (Stand August 2022). Es gibt genau vorgegebene Uhrzeiten, Busnummern und Zeitfenster.
Von Oktober bis Mai ist das Kehlsteinhaus umbewirtschaftet und der Busverkehr wird eingestellt. Die Straße ist für Fußgänger immer gesperrt, im Sommer, weil nur die Busse auf ihr hinauf und hinunter fahren, im Winter wegen der Lawinengefahr.
Die einspurige Kehlsteinstraße überwindet ca. 700 Höhenmeter, es geht durch Tunnel, eine Kehre und schließlich gelangt man an den Eingang eines 124 Meter langen Fußgängertunnels, der in den Berg zu dem Aufzug führt, mit dem man direkt in das 124 Meter darüber gelegene Kehlsteinhaus fährt.
Im Tunnel ist es sehr kühl und schließlich gelangen wir zu einer kreisrunden Halle, die an einen geheimen, unterirdischen Zugang erinnert.
Das alles sieht nach totalitärer Architektur aus, und man hat Assoziationen von James Bond Filmen wie "Spectre", in denen Typen, die von der Weltherrschaft träumen, geheime, unterirdische Kontrollzentren und Laboratorien in entlegenen Bergregionen bauen. Anheimelnd wirkt es nicht. Hinter uns in der Schlange vor dem Aufzug verbreitet eine Männergruppe eine merkwürdige Atmosphäre, indem sie lautstark in einer fremden Sprache - ist es estnisch? - und lautem Gelächter wie wie bei einem Junggesellenabschied feiern.
Von der Halle geht es direkt in den mit Messing ausgekleideten Aufzug, in dem noch ein Telefon aus Bakelit in dem Fahrstuhlführerhaus hängt. Ist das alles original? Wenig später steigen wir direkt im Kehlsteinhaus aus.
Der Bau des gesamten Komplexes am Obersalzberg hatte damals die unfassbare Summe von 30 Millionen Reichsmark gekostet, das entspricht heute ca. 180 Millionen Euro.
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Die Sicht ist schlecht und wir belassen es bei einem Essen und dem Lesen der Informationstafeln auf der Sonnenterrasse.
Die Aufenthaltsdauer beträgt ohnehin nur zwei Stunden, da die Rückfahrt
genau durchgeplant ist.
Bad Reichenhall
Bad Reichenhall ist ein gepflegtes, hübsches Kurstädtchen, das mich irgendwie an Meran erinnerte. Dieser Eindruck entsteht durch die Häuser, die in fast schon südtirolerisch wirkenden hellen Pastelltönen gestrichen sind, dazu der Königliche Kurgarten mit einigen architektonischen Akzenten aus der Blütezeit der Bäderkultur im 18. Jahrhhundert und natürlich sind immer die Berge im Hintergrund.
Man sollte vom Kurgarten bis zum Florianiplatz in der Altstadt in der Oberen Stadt gehen. Auf dem Weg liegen die Sehenswürdigkeiten Alte Saline, der Rathausplatz und die Fußgängerzone Salzburger Straße und Ludwigstraße.
Der Kurgarten wurde 1868 von Carl von Effner gestaltet, auf den auch die Anlagen von Herrenchiemsee, Linderhof und die Maximiliansanlagen an der Isar in München zurückgehen.
Architektonische Akzente setzen im Kurgarten das Gradierwerk, die Wandelhalle mit einem Trinkpavillion und einer Konzertrotunde sowie am Südrand des Parks das neobarocke Königliche Kurhaus sowie das an der Salzburger Straße liegende Kurmittelhaus mit dem gegenüberliegenden Hotel Axelmannstein.
Vom Kurgarten geht es weiter, die Salzburger Straße entlang Richtung Rathausplatz. Irgendwann ist die Straße umbenannt in Ludwigstraße, auf der linken Seite befindet sich das Café Reber, bekannt durch die Mozartkugeln und diverse andere Schokoladenpasteten und Pralinen.
Man sollte die parallel liegende Poststraße nicht versäumen, deren Bebauung historischer ist als in der Salzburger Straße. Beide Straßen führen zur Alten Saline bzw. dem nebenan liegenden Rathausplatz mit dem Wittelsbacher Brunnen.
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Am Chiemsee