top of page
Brüder-Grimm-Land, oben
Brüder-Grimm-Land

Brüder-Grimm-Land

Brüder Grimm Lithographie, Grimm Museum, Kassel

Die Brüder Grimm kommen aus Hanau und entsprechend beginnt dort die Deutsche Märchenstraße, die schon 1975 von der Tourismusbranche ins Leben gerufen wurde. An ihr befinden sich einige Stätten, an denen die Brüder gewirkt hatten, aber auch Orte, an denen die Märchen stattgefunden haben könnten.

Bei unserem Kurztrip wollten wir nicht die ganze Märchenstraße abfahren - sie ist lang und führt von Hanau bis Bremen, also haben wir uns auf das überschaubare Gebiet in Nordhessen und im südlichen Niedersachsen beschränkt. Wir hatten keine Vorstellung, was uns erwartet, aber das Fazit kann ich schon vorwegnehmen: Wir waren ziemlich begeistert und werden mit Sicherheit wiederkommen.

Unser Kurztrip sollte eigentlich auf den Spuren der Grimms verlaufen, aber dabei entdeckten wir so viele interessante und schöne Dinge am Rande der Strecke, dass wir sie einfach auch noch mitnehmen mussten. Letztendlich veränderte sich dadurch der rote Faden unserer Reise und es waren nicht mehr die Brüder allein, denen wir folgten.

Oft wurden Flüsse wie z.B. die Diemel oder die Fulda zu weiteren roten Fäden, da sie Orte verbinden, die wir interessant fanden. Warburg, Helmarshausen, Bad Karlshafen sind schöne Städtchen und auch wenn sie nichts mit den Grimms zu tun haben, bereicherten sie unsere Fahrt.

Aber nicht nur die Kultur war beeindruckend, sondern auch die unberührte Natur, besonders im Reinhardswald, in dem wir eine Stille erlebten, die man sich gar nicht vorstellen kann, wenn man aus den nordrhein-westfälischen Ballungszentren kommt. Wir fühlten uns manchmal wie in Skandinavien.

Marburg

Marburg
Marburg, Altstadt, Old Town

Marburg war unser südlichstes Reiseziel. Es liegt zwar etwas weiter weg von Nordhessen, aber wir wollten die Stadt nicht auslassen, weil sie wunderschön ist. Außerdem studierten dort die Brüder Grimm Jura. Jacob wohnte im Haus Barfüßerstraße 35, an dem ein Hinweischild auf seine Wohnstätte aufmerksam macht. Später, als auch Wilhelm nach Marburg kam, zogen sie um in die heutige Wendelgassse 4. 

Wohnhaus Brüder Grimm, Wendelgasse 4, Marburg

Grimm-Haus, Marburg, Wendelgasse 4 (Erdgeschoss). In diesem Haus wohnten Jacob und Wilhelm Grimm als Studenten von 1803 bis 1805. 

Die Marburger Universität wurde schon 1527 als protestantische Universität vom Landgrafen Phillip gegründet und ist damit die älteste protestantische Universität Deutschlands. Das historische Universitätsgebäude, das mit seinem Kreuzgang an ein Kloster erinnert, liegt am Fuße der Marburger Altstadt, die sich steil am Berg in die Höhe zieht. Heute ist in diesem Gebäude die evangelisch-theologische Fakultät untergebracht.

Die alten Universitätsgebäude, die man heute von der Lahn aus sehen kann, sind im 19. Jahrhundert im neogotischen Stil errichtet worden, nachdem Kurhessen an Preußen gefallen war.

Alte Universität, heute Evangelisches Seminar
Alte Universität, heute Evangelisches Seminar
Alte Universität, heute Evangelisches Seminar

Die beiden Grimm-Brüder waren reformierten Glaubens.

Wir sind in Hessen - traditionell ein Land mit deutlich evangelischer Mehrheit, wenn sich auch in den letzten Jahrzehnten durch Demographie, Kirchenaustritte etc. die Verhältnisse allmählich ändern. Aber die konfessionelle Ausrichtung hatte immer Einfluss auf die Geschichte, wie wir während unserer Fahrt in vielen Details immer wieder feststellten.

Marburg, Altstadt, Oberstadtmarkt
Marburg, Altstadt, Schlosssteig
Marburg, Altstadt, Old Town
Philipp Berdux, Hessische Landestrachten, Manufaktur und Kurzwaren
Marburg, Altstadt, Marktbrunnen und Rathaus
Kassel als Museumsstadt

Kassel und seine fürstlichen Kunstsammlungen

 

Kassel ist eine hochkarätige Kulturstadt. Die Documenta kennt jeder, aber das ist längst nicht alles. Die Landgrafen von Hessen, später Hessen-Kassel, bauten sie zu einer beeindruckenden Residenzstadt aus, die einiges zu bieten hat, was man nicht ahnt, wenn man heutzutage auf den Autobahnen um die Stadt herum fährt. Bei diesem groben Blick aus der Ferne sieht man ganz klein, in weiter Ferne auf einem Bergkamm des Habichtswaldes über der Stadt den Herkules aufragen. Ansonsten gibt es viele Industriegebiete an den Autobahnen; dazwischen liegt Kassel in einer Art Senke.

Diese oberflächliche Wahrnehmung wird der Stadt nicht gerecht. Allerdings haben der zweite Weltkrieg und der nachfolgende, teilweise 

missglückte Wiederaufbau die Stadt nicht zu einem Highlight werden lassen. Kassel lag und liegt ziemlich zentral an der Verbindung von Hamburg nach Süddeutschland und der Verbindung vom Ruhrgebiet nach Ostdeutschland, also quasi an einem Kreuzungspunkt und somit wurde es im Zweiten Weltkrieg ein wichtiges Ziel für Bombardierungen. 

Dennoch ist Kassel sehenswert, es gibt eine Museumslandschaft, die dem Geist der Renaissance und des Barock entstammt. Offensichtlich hatten die Landgrafen ausreichend finanzielle Mittel, um als Barockfürsten ordentlich zu glänzen.

Hessen

Ein kurzer Überblick über Hessens Geschichte:

Hessen ist ursprünglich die Bezeichnung für einen Stamm, aus dem sich später das Fürstenhaus Hessen entwickelte. Die Hessen waren schon immer dort angesiedelt, wo heute das Bundesland Hessen liegt. Anfangs war Hessen mit Thüringen verbunden, aber wie häufig führte ein Erbfolgestreit im 13. Jahrhundert zur Teilung des Territoriums.

Hessen wurde von seinem ersten Landgrafen Wilhelm I. ab 1247 regiert. Kassel wurde ab 1277 Residenzstadt.

1292 wurde die Landgrafschaft Hessen als Reichsfürstentum für Heinrich I. durch Adolf von Nassau bestätigt. 

"Landgraf" klingt als Titel hinterwäldlerisch und wenig einflussreich; Grafen stehen normalerweise hierarchisch unter den Herzögen. Auch das Wort "Land" wirkt in der Zusammensetzung "Landgraf" provinziell. Mit beiden Vermutungen liegt man falsch. Die Landgrafen von Hessen sind hierarchisch gleichgestellt mit Herzögen, stehen also unter dem König. Außerdem gehörten die Landgrafen von Hessen-Kassel zu den glanzvollen Barockfürsten ihrer Zeit und mischten in sämtlichen protestantischen Hochadelsdynastien Europas mit.

Aber bevor es dazu kam, zerfiel Hessen erst einmal durch Erbteilung:

 

1567 vererbte Phillipp der Großmütige, Landgraf von Hessen, das Land an seine vier Söhne.

Seitdem ist die Geschichte des Landes durch Zersplitterung gekennzeichnet. Zunächst gab es die vier Linien die durch das Erbe der Söhne entstanden: Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Hessen-Marbug und Hessen-Rheinfels, von denen Marburg und Rheinfels ohne Nachkommen blieben und nicht fortgesetzt wurden, so dass sich die Linien Darmstadt und Kassel durchsetzten. Beide Hauptlinien haben wiederum jeweils etliche Unterlinien.

Diese Teilung schwächte Hessens Gewicht im Reich sowie seine Bedeutung als protestantische Macht.

Eigentlich wurde die Teilung erst im 20. Jahrhundert mit der Gründung 

der Bundesrepublik überwunden, als Darmstadt und Kassel im Bundesland Hessen wieder vereint wurden.

Hessen-Kassel

Als Hessen 1567 unter Philipps Söhnen aufgeteilt wurde, bekam sein ältester Sohn Wilhelm IV. die nördliche Hälfte des gesamten zu vererbenden Territoriums einschließlich der Hauptstadt Kassel. Das Wandgemälde unten zeigt ihn. Es ist zu sehen im Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden.

Hessen Kassel
Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, Wandgemälde im Schloss Wilhelmsburg, Schmalkalden

Im Dreißigjährigen Krieg geriet das protestantische Hessen erheblich unter kaiserlichen, also katholischen Druck und verbündete sich daraufhin mit Schweden. Die Pest und der Krieg verwüsteten das Land.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg erlebte Hessen-Kassel eine Blüte unter dem Landgrafen Karl (1677 -1730), der unter anderem die Bevölkerungsverluste, die durch Pest und  Krieg entstanden waren, durch Ansiedlung französischer Hugenotten kompensierte, was zur Bildung der Stadt Karlshafen führte. Er baute in der Residenzstadt Kassel den Herkules, die Orangerie, das Marmorbad und anderes mehr und schuf damit die Grundlage für die spätere Anlage des Bergparks Wilhelmshöhe, der heute zum Weltkulturerbe gehört. Seine Schwester Charlotte Amalie heiratete den späteren König Dänemarks Christian V. und seinen Sohn Friedrich vermählte er mit der Schwester des schwedischen Königs, Ulrike Eleonore, was dazu führte, dass Friedrich später König von Schweden wurde. Die Politik Hessen-Kassels war auf protestantische Königshäuser im Norden Europas sowie protestantische Flüchtlinge aus dem katholischen Frankreich ausgerichtet

Während Friedrich als König in Schweden waltete, übernahm dessen Bruder Wilhelm VIII. die Geschäfte in Hessen-Kassel, die er uneingeschränkt führen konnte (er regierte von 1730-1760).

Wilhelm VIII. war leidenschaftlicher Kunstsammler und die heutige, beachtliche Kasseler Gemäldegalerie geht auf seine Sammeltätigkeit zurück. Da er lange Zeit militärisch in den protestantischen Niederlanden tätig war, begeisterte er sich vor allem für niederländische Malerei. 

Geld für absolutistische, monarchische Repräsentationsprojekte bekamen die Landgrafen, indem sie Soldaten verliehen. Hessische Söldner kämpften z.B. auf britischer Seite im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776-1783), was dazu führte, dass alle deutschen Söldner dieses Krieges in den USA als "Hessen" bezeichnet werden. Das Geld für die hessischen Soldaten, das von England, auf dessen Thron damals der Hannoversche König George III. saß, nach Kassel floss, machte den Landgrafen Wilhelm VIII. zu einem der reichsten Fürsten Europas. Von diesem Geld wurde unter anderem das Schloss Wilhelmsthal nördlich von Kassel gebaut, der Sohn Friedrich II. von Hessen Kassel ließ von diesem Geld das Friedericianum bauen und unter Wilhelm IX. wurden Schloss Wilhelmshöhe, der Park Wilhelmshöhe usw. in Kassel angelegt. 

Willst du mehr über die Finanzen und Geschäfte des Landgrafen von Hessen erfahren? Klick hier. Auf der Seite über Frankfurt/Die Familie Rothschild findest du mehr.

Schloss Wihelmsthal, Kassel

Schloss Wilhelmshöhe, nördlich von Kassel

Schloss Wihelmsthal, Kassel
Schloss Wihelmsthal, Kassel

Die Gemäldegalerie Alte Meister

Gemäldegalerie Alte Meister, Kassel

Beeindruckend ist das Schloss Wilhelmshöhe mit dem sicher prestigereichsten Teil der Kasseler Museumslandschaft, der "Gemäldegalerie Alte Meister", die vom Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel Mitte des 18. Jahrhunderts zu einer Sammlung erweitert wurde, die ihresgleichen sucht. Die Periode der intensivsten Sammeltätigkeit war zwischen 1748 und 1756, als der Landgraf ca. 800 Gemälde in Holland, Paris, Brüssel, Antwerpen, Venedig und Deutschland durch seine Diplomaten und Kunstagenten ankaufen ließ. Die Sammlung hat einen Schwerpunkt in der niederländischen und flämischen Malerei.

Die Sammlung war ursprünglich im Palais des Landgrafen an der Frankfurter Straße in Kassel untergebracht, bis sie schließlich wegen Platzmangels in eine durch Francois de Cuvilliés in den Jahren von 1749-1752 erbaute Galerie umzog, die sich hinter dem Palais des Landgrafen zwischen Auehang und Frankfurter Straße befand.

Die neu errichtete Galerie sollte ein Gebäude mit zwei Flügeln, einem für niederländische, und einem für italienische Malerei werden. Es wurde ein wegweisender Museumsbau mit Oberlichtern und entsprach damit dem neuesten Stand der Belichtung und Hängungsmöglichkeiten seiner Zeit. Letztendlich wurde nur der Flügel für die niederländische Malerei realisiert.

 

Das Gebäude wurde später zur Residenz für Napoleons Bruder Jérôme Bonaparte umgebaut, der von Napoleon als König von Westphalen eingesetzt wurde. Westphalen war kurzzeitig, zwischen 1806 und 1813, also in der Zeit zwischen der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs und der Völkerschlacht bei Leipzig, ein Königreich und Kassel seine Hauptstadt. Für die Gemäldesammlung und die Antikensammlung wurde ein neues Galeriegebäude an der Schönen Aussicht mit Blick über die Karlsaue gebaut. Im zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude zerstört. Von dem Cuvilliés-Bau gibt es keine Pläne, keine Zeichnungen, keine Fotos, so dass man nicht mehr weiß, wie er aussah. Die Kunstwerke waren natürlich in dieser Zeit ausgelagert worden. Die Neue Galerie an der Schönen Aussicht wurde wieder aufgebaut und zeigt heute moderne Kunst. Die Gemälde und die Antikensammlung sowie das Grafikkabinett kamen ins Schloss Wilhelmshöhe, das auch wiederaufgebaut wurde, wo sie seitdem untergebracht sind. 

Napoleon hatte der Sammlung stark zugesetzt, indem er die 48 hochkarätigsten Bilder in den Besitz der Kaiserin Josephine brachte, die damit ihr Privatschloss in Rueil-Malmaison bei Paris ausstattete. Später wurden diese Bilder von ihren Erben nach Russland verkauft, wo sie heute in der Eremitage in St. Petersburg zu sehen sind. Trotz dieser Verluste hat Kassel immer noch eine beeindruckende Sammlung, die man als Auswärtiger bei einer Stadt mit 200.000 Einwohnern nicht erwartet - oder man muss sein Bild von Kassel einfach deutlich überdenken. 

Der Ursprung der Kassler Museumslandschaft:

Wunder- und Naturalienkammer

 

Schon Wilhelm IV. der Weise (1532–1592) hatte begonnen eine Wunder- und Naturaliensammlung anzulegen. Damit reihen sich die Landgrafen von Hessen in die Liga der Renaissance-Fürsten ein, die solche Wunderkammern, aber auch Antikensammlungen und Gemäldegalerien anlegten. Das Interesse an Kuriositäten und Naturwissenschaften, mit dem sich die Fürsten der Renaissance schmückten, führte dazu, dass Kassel 1560 die erste fest eingerichtete Sternwarte bekam, ca. 100 Jahre vor Paris und Greenwich. Die Naturaliensammlung wurde als eine der ersten für die Allgemeinheit geöffnet, als  Landgraf Karl den Studenten seines von ihm gegründeten Collegiums Carolinum ermöglichte, in der Sammlung zu studieren.

Das Fridericianum

Landgraf Friedrich II. verlegte 1779 die Sammlung in das von ihm gebaute Museumsgebäude Fridericianum, in dem die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich war, wodurch das Fridericianum eines der ersten öffentlichen Museen überhaupt war.

Später wurde diese Sammlung zur Keimzelle der Kasseler 

Museumslandschaft mit ihren verschiedenen Einrichtungen, der Antikensammlung, dem Ottoneum, den Naturalien und dem astronomisch-physikalischen Kabinett in der Orangerie in der Karlsaue.

Schloss Wilhelmshöhe
Park, Schloss Wilhelmshöhe
Park, Schloss Wilhelmshöhe
Schloss Wilhelmshöhe
Park, Schloss Wilhelmshöhe, Jussowtempel

Willst du wissen, was auf den Gemälden abgebildet ist? Klick einfach die Bilder an.

Carlo Francesco Rusca: Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel, ca. 1733-36. Wilhelm VIII hatte ab 1730 die Sammlung in Kassel zusammengetragen, die bei seinem Tod um die 800 Gemälde umfasste, darunter vor allem niederländische Künstler, die Wilhelm bei seinem Militärdienst in den Niederlanden kennen gelernt hatte. Seine Sammlung unfasst viele berühmte Künstler wie Rubens, van Dyck oder Rembrandt
Carl Gustav Pilo: Landgräfin Wilhelmine KAroline von Hessen-Kassel, um 1765, Wilhelmine Karoline war die Tochter des Königs Friedrich V. von Dänemark. 1764 heiratete sie den hesseischen Erbbprinzen Wilhelm. Wilhelm war seinerzeit einer der reichsten Fürsten, sie wurde Landgräfin von Hessen-Kassel und später Kurfürstin von Hessen. Die Ehe war aber zerrüttet. da Wilhelm zahlreiche Mätressen hatte.
Joshua Reynolds: Porträit PPrinzessin Amalia Sophie von Großbritannien, um 1762, Sie ist die Schwester von der Ehefrau des Landgrafen Friedrich II. von Hessen Kassel, Sie heirateten 1740, nachdem der Landgraf zum Katholizismus 1754 übergetreten war, lebte das Ehepaar getrennt, vermutlich wurde dieses Gemälde von Reynolds angefertigt und dann nach Kassel geliefert, damit die enge Familiebindung der britischen Prinzessin zu ihrer Schwester in Kassel deutlich werden sollte.
Peter Paul Rubens: Venus, Amor, Bacchus und Ceres, 1612
Joos van Cleve, Bildnis eines Mannes, um 1525
Joos van Clever, Bildnis einer Frau, 1525
Peter Paul Rubens: Der Triumph des Siegers, 1614
Peter Paul Rubens: Der trunkene Silen, 1619
Peter Paul Rubens:  Jupiter und Callisto, 1613
Anthonis van Dyck: Anna van Craesbecke, 1635
Anthonis van Dyck: Joost de Hertoghe, 1635
Tizian, Bildnis eines Feldherren, 1550
Rembrandt Hamensz. van Rijn, Bildnis des Amsterdamer Bürgermeisters Andries de Graeff, 1639
Grimm Welt, Museum in Kassel
Peter Paul Rubens, Antwerpener Kaufmann Nicolas de Respaigne, 1620
Die Grimms in Kassel

Die Brüder Grimm in Kassel

 

In Kassel wohnten auch die Brüder Grimm. Man kann vor den Toren Kassels die Hütt-Brauerei in Baunatal besuchen, in diesem Haus wurde Dorothea Viehmann geboren und lebte dort eine lange Zeit. Sie ist jene Frau, die den Grimm-Brüdern etliche Märchen erzählte, die dann von ihnen zu der berühmten Volksmärchen-Sammlung weiterverarbeitet wurden. Die Viehmann war hugenottischer Herkunft, da Hessen den französischen Protestanten eine neue Heimat gewährte.

Hütt Brauerei, Baunatal

Wir haben leider weder Brauerei noch Wohnhaus gesehen, die Brauerei, die man oben auf dem Foto sieht, hatte 2020 wegen Corona geschlossen. Der Biergarten der Hütt-Brauerei liegt übrigens direkt neben der A49. Autobahnrauschen hat man also inclusive und die Umgebung von Industriegebieten an Autobahnen ist nicht unbedingt das, was man sich unter dem Geburts- und langjährigen Wohnort von Dorothea Viehmann vorstellt.

 

Von der Viehmann gibt es noch ein weiteres Wohnhaus in Kassel

 

2014 wurde die Grimm-Welt eröffnet, das neue Grimm-Museum der Stadt, das 2014 von der Zeitschrift Guardian zu den weltweit zehn besten neu eröffneten Museen gewählt wurde. Das ist vielversprechend, aber mich macht so etwas auch skeptisch und ich rechnete mit den üblichen nervigen interaktiven Spielereien, bei denen Kinder rumtoben und keiner etwas Nennenswertes für sich mitnimmt, außer dass man viele Knöpfe drehen und drücken kann. Das gab es teilweise auch, aber das Museum ist wirklich gut gemacht, ein bisschen surreal, man kann sich verlieren und immer wieder Neues entdecken, gerade so wie in einem Wald der Brüder Grimm. Z.B. gibt es tatsächlich einen kleinen stilisierten, dunklen Wald, in dem es geheimnisvoll von allen Seiten flüstert, der Specht klopft und der Kuckuck ruft, man bewegt sich vorsichtig zwischen den Stämmen im Dunkeln, sieht ab und zu zwischen den Bäumen das Licht der Ausstellungsräume und horcht den Geräuschen des Waldes. Wir hatten einen Riesenspaß.

Dass die Meinungen zu diesem Museum polarisieren, wundert mich nicht. Märchen sind ein emotional besetztes Thema, mit dem viele Menschen etwas Inniges verbinden, ähnlich wie z.B. Weihnachten. Die Ausstellung ist nicht romantisch wie ein altes Märchenbuch, sondern eher assoziativ, aber gerade daher dem Geist der Romantik verpflichtet. Klarheit, Ordnung - das sind nicht unbedingt die Kategorien der Romantik. Träumen, sich verlieren, assoziieren, eintauchen in surreale Welten - das entspricht eher dem Geist jener Zeit. Die Ausstellung an sich ist wie ein Kunstwerk. 

Grimm Welt, Museum in Kassel
Grimm Welt, Museum in Kassel
Grimm Welt, Museum in Kassel
Frau Holle
Der Hohe Meißner und der Frau-Holle-Teich

Wer war eigentlich Frau Holle?

Der Frau-Holle-Teich auf dem hohen Meißner

 

Auf dem obigen Bild von Frau Holle, das ich an einer Info-Tafel am Holle-Teich auf dem Hohen Meißner gefunden habe, sieht man die alte Frau mit Eckzähnen - wie ein Raubtier. Damit nicht genug: Früher wurde sie oft dargestellt mit großer Nase, herben, fast maskulinen Zügen, ein bisschen erschreckend, auf jeden Fall respekteinflößend. Sie ist eine Figur, vor der man sich ein bisschen fürchtet, aber sie ist nicht böse. Sie ist wesensverwandt mit dem Knecht Ruprecht bzw. der süddeutschen Rauen Percht. Alle diese Figuren belohnen ODER bestrafen - Gold oder Pech - Äpfel oder Rute.

Heutzutage stellt man sich unter Frau Holle eine gutmütige Großmutter vor, ein Bild, das unter anderem durch Märchenverfilmungen verfälscht wurde. Ob sie gut war oder nicht, hing letztendlich ganz allein von dem Verhalten derjenigen ab, die ihr begegneten. Der Ursprung der Frau Holle liegt in heidnischen Naturreligionen und der germanischen Götterwelt.

Die Verwandte der Frau Holle, die süddeutsche Raue Percht, ist eine alte, krumme, weibliche Gestalt, die am Ende der Raunächte, also den Tagen und Nächten zwischen Weihnachten und Epiphanias (Dreikönigstag), plötzlich aus dem Nichts auftaucht und die Häuser der Menschen inspiziert. Es war früher Sitte, dass in der Zeit zwischen den Jahren, den sogenannten Raunächten, die Häuser geschrubbt und gesäubert und die Geister des alten Jahres durch Rauch vertrieben wurden. Wenn um Epiphanias die Raue Percht plötzlich an die Tür klopfte, kam sie, um sich zu vergewissern, ob die Reinigung gewissenhaft durchgeführt worden war. Nachdem sie eingelassen war, schlich sie schweigend durch die Räume, schaute in die Ecken, unter die Schränke, öffnete Türen, steckte ihren Kopf hinein und schnupperte, ob es muffig oder abgestanden roch. War alles in Ordnung, machte sie drei Kreuze mit ihrem Stock auf die Schwelle und verschwand wieder rasch im Dunkel der dämmrigen, verschneiten Landschaft. Die Bewohner konnten dann erleichtert aufatmen und später fanden sie auf der Bank vor dem Haus Äpfel, Nüsse und Dörrobst. Wenn man aber seine Sache nicht ordentlich gemacht hatte - so wurde den Kindern erzählt - kommt die Percht und schneidet den Kindern den Bauch auf, in den sie den gesamten Kehricht des vergangenen Jahres stopft, um ihn danach wieder zuzunähen.

War die Percht zufrieden, versprach das eine gute Ernte im nächsten Jahr und volle Ställe. Die Percht ist so etwas wie Demeter, die griechische Ährengöttin, die Göttin der fruchtbaren Felder. Vermutlich geht die Figur der Frau Holle aber auf die germanische Göttin Frigg zurück, die Schutzgöttin des Lebens, der Mutterschaft, des Herdfeuers und des Haushalts.

Wissenschaftlich belegen mit Quellen kann man vieles davon nicht. Brauchtum entwickelt sich ohne schriftliche Zeugnisse, wird von Generation zu Generation weitergegeben, ohne aufgeschrieben zu werden.

Aber es passt irgendwie alles sehr gut zusammen, was sich von den volkskundlichen Dingen im Märchen wiederfindet: Schneefall und Jahresende, den Haushalt ordentlich machen, Wohlwollen oder Bestrafung usw.

 

Der Knecht Ruprecht ist übrigens auch verwandt mit der Rauen Percht, man braucht sich nur die Schreibweise anzusehen - ein bisschen dialektale Lautverschiebung, ein bisschen Lautdreher und aus "rau" wird "ru" und aus "Percht" wird "Precht" und schon hat man den Ru-Precht, der eher im Norddeutschen beheimatet ist. Die dialektalen Verschiebungen entsprechen auch dem Niederdeutschen (aus "au" wird "u", aus "ei" wird "i" und ganz schnell wird aus "mein Haus"  "min Hus" im Norden). Der Knecht Ruprecht verschwindet langsam aus dem kulturellen Bewusstsein, vermutlich aus pädagogischen Gründen, da er vielen Kindern doch zu große Angst eingejagte mit seiner finsteren, schwarzen, zotteligen Ausstrahlung. Ob Ruprecht, Swarte Piet oder Trolle im ganz hohen Norden, die in skandinavischen Häusern um den Jahreswechsel besänftigt werden müssen, damit sie den Bewohnern wohlgesonnen sind und ihnen nicht im gesamten kommende Jahr Schaden zufügen - irgendwie sind es allesamt Gesellen und Figuren, die bestrafen oder belohnen.

Zurück zum Holle-Teich auf dem Hohen Meißner - er ist legendenumwoben, er soll tief sein (was er aber nicht ist) und aus ihm sollen die Kinder kommen und die Seelen der Verstorbenen sollen in seine Tiefen zurückkehren. Vielleicht liegt hier eine Analogie zu dem Brunnen in Grimms Märchen, in den die Mädchen fallen, um in Frau Holles Welt zu landen.

Der Frau-Holle-Teich

Der Holle-Teich auf dem Hohen Meißner

Der Hohe Meißner, auf dem Weg zum Frau-Holle-Teich
Der Hohe Meißner, auf dem Weg zum Frau-Holle-Teich
Der Hohe Meißner, auf dem Weg zum Frau-Holle-Teich
Der Hohe Meißner, auf dem Weg zum Frau-Holle-Teich
Mädesüß
Hannoversch Münden

Hannoversch Münden -

wo Werra sich und Fulda küssen

Altstadt Hann. Münden
Rathaus Hann Münden, Renaissance
Weserstein, Hann. Münden
Fuldabrücke Hann. Münden
Zusammenfluss Werra und Fulda
Altstadt Hann. Münden
Altstadt Hann.Münden mit Flügel des Welfenschlosses
Am Weserstein
Dr. Eisenbart-Bier, Hann. Münden
Hann. Münden, Wanfrieder Slagd, Werra, rechts der Packhof
Bremer Slagd, Packhof, Hann. Münden

Reinhardswald

Wenn man von Hannoversch Münden nach Bad Karlshafen fährt, sollte man sich den Reinhardswald nicht entgehen lassen. Zunächst geht die Fahrt von Hann.Münden nordwärts auf der B 80 bis Reinhardshagen, dann geht es links auf der L 3229 direkt in den Wald. Im weiteren Verlauf geht es Richtung Sababurg, wo man den Urwald im Reinhardswald besuchen kann, der aus einem Hutewald hervorgegangen ist und seit hundert Jahren nicht mehr bewirtschaftet und damit sich selbst überlassen wird. Das Besondere sind viele uralte, teilweise tausend Jahre alte Bäume, die, jeder für sich genommen, Naturdenkmale sind. Der Wald wirkt durch den hohen Totholzanteil urwaldartig. 

Ich hatte mir von dem Urwald mehr versprochen, dafür fand ich den übrigen Reinhardswald beim Durchfahren überwältigend. Irgendwann blieben wir einfach mitten auf der Straße stehen, um auszusteigen und Fotos zu machen. Es war so einsam und still, dass wir einfach die Autotüren offen stehen ließen und uns fürs Fotografieren entfernten. Nach Minuten hörten wir in weiter Ferne ein Motorrad, das sich näherte, und gingen zum Auto zurück, um die Türen zu schließen. Das Motorrad fuhr vorbei, danach folgte wieder lange Stille - nichts als Stille.

 

Weiter ging die Fahrt über Gottsbüren nach Helmarshausen. 

Reinhardswald
Reinhardswald
Reinhardswald
Reinhardswald
Urwald Sababurg
Urwald Sababurg
Reinhardswald
Reinhardswald
Gottsbüren, Reinhardswald
Sababurg
Helmarshausen

Helmarshausen - das Kloster und seine beiden begabten Mönche

 

Aus dem Reinhardswald kommend, erreichen wir bald das Tal der Diemel. Dort liegt Helmarshausen. In der Blütezeit des dort ansässigen und mittlerweile verschwundenen Benediktinerklosters Helmarshausen wirkten im 12. Jahrhundert die beiden Mönche Roger als Goldschmied und Heriman als Schreiber. Aus Herimans Feder entstammt das Evangeliar Heinrichs des Löwen, ein ziemlich bedeutendes Manuskript, das heute in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel aufbewahrt wird und als Faksimile dauerhaft ausgestellt ist.

Evangeliar Heinrichs des Löwen

Das Buch hat eine spannende Geschichte und es war lange Zeit das kostbarste Buch der Welt (Willst du mehr darüber wissen? Beim Post über "Braunschweig und Wolfenbüttel" erfährst du es genauer. Klick hier.) 

Benediktinermönche Roger als Goldschmied (Hersteller von Tragaltären)und Heriman als Schreiber (HErsteler des Evangliars Heinrichs des Löwen

Künstlerin der Plastik: Karin Bohrmann-Roth

Herimann ist in der bronzenen Figurengruppe links dargestellt, wie er gerade das Evangeliar erschafft. Roger, der rechte Mönch, fertigte nachweisbar zwei Tragaltäre an, einen davon trägt er hier in dieser Darstellung. Den hier dargestellten Altar kann man im Diözesanmuseum in Paderborn sehen, der andere befindet sich in der Franziskanerkirche in Paderborn. 

Kloster Helmarshausen

Bad Karlshafen - kleine, schmucke Barockstadt

 

Bad Karlshafen wurde von Landgraf Carl von Hessen-Kassel 1699 gegründet und war gedacht als Ansiedlungsort für Hugenotten. Die kleine Stadt liegt an der Diemelmündung in die Weser und ist ganz im Sinne des Barock planmäßig gestaltet mit einem viereckigen Hafenbecken im Zentrum, das von weißen Häusern umgeben ist, die sich noch in ein paar Nebenstraßen weiterziehen. Die Stadt wurde, so wie sie geplant war, nicht fertiggestellt, aber das heutzutage vorhandene Ensemble gibt einen abgerundeten Eindruck.

Die zweigeschossigen Häuser bilden geschlossene Reihen, die regelmäßig durch Türen und Zwerchhäuser in der Dachregion gegliedert werden. Am Hafenbecken ragt aus der Häuserreihe auf der Südseite das ehemalige Packhaus heraus, in dem heute die Stadtverwaltung untergebracht ist. An der Nordseite befindet sich in einem der Barockhäuser das Hugenottenmuseum.

Der Hafen ist mit der Weser durch eine Schleuse verbunden. An der Hafeneinfahrt befindet sich das Pegelhaus und nebenan das Restaurant "Zum Weserdampfschiff" mit idyllischem Biergarten, von dem man einen direkten Blick auf die Weser hat. Dort in der Spätnachmittagssonne unter alten Bäumen im Schatten sitzen, sein Weizenbier genießen und auf den Fluss schauen - perfekt.

Bad Karlshafen
BadKarlshafen, Restaurant Zum Weserdampfschiff
BadKarlshafen, Restaurant Zum Weserdampfschiff
an der Weser, Pegelturm, Bad Karlshafen
Gasthof zum Landgraf Carl, Bad Karlshafen
Bad Karlshafen, Invalidenstraße
Hafen, Altes Packhaus, Bad Karlshafen
Carlstraße, Bad Karlshafen

Karlshafen wurde Ende des 17. Jahrhunderts  gebaut, um ein ziemlich ambitioniertes Projekt zu verwirklichen: Von dort sollte eine Wasserverbindung nach Kassel führen und sogar weiter bis zur Lahn, was eine Verbindung bis zum Rhein bedeutet hätte - der Landgraf-Carl-Kanal.

 

Was war der Grund für dieses Projekt?

Wenn man auf dem Wasser von der Nordsee nach Kassel gelangen will, muss man auf der Weser bis Hannoversch Münden fahren, von dort führt die Fulda direkt nach Kassel. Das wäre eigentlich ziemlich einfach, aber leider fließen die Weser und die Fulda ein kurzes Stück durch das damalige Fürstentum Hannover (heute Niedersachsen), wo viel Zoll für die Durchfahrt verlangt wurde. Außerdem hatte Hannoversch Münden das Stapelrecht - kurz: Hessen war abhängig von Hannover und es war teuer. Also brauchte man einen anderen Wasserweg nach Kassel, der am Fürstentum Hannover vorbeiführte - eine Art Umleitung. Das schien machbar, wenn man von der Weser abbiegt, bevor sie ein hannoverscher Fluss wird, und zwar in die Diemel, die ca. zehn Kilometer vor der hannoverschen Grenze in die Weser mündet. Man würde dann ein paar Kilometer diemelaufwärts fahren, dann ein gutes Stück auf dem Flüsschen Esse und schließlich könnte man von der Esse einen Kanal nach Kassel bauen, der dort mit der Fulda verbunden würde. 

Wie gesagt - ein ambitioniertes Projekt - es war zu groß und wurde nie fertig gestellt. Aber die Anfänge und ersten Kilometer des Kanals kann man noch heute sehen, z.B. in Form von alten Schleusen, Stausperren und einem breiteren Wasserstraßenbett usw. 

Auf der Karte (Quelle hier) sieht man die geographische Situation. Der Kanal wäre, wie man hier sehen kann, noch weiter gegangen, zunächst von der Fulda in die Eder, dann in die Schwalm und dann über einen weiteren Kanal in die Lahn führt, welche in den Rhein fließt.

Landgraf-Carl-Kanal

Göttingen

 

Die Georg-August-Universität in Göttingen wurde 1732 vom Kurfürsten von Braunschweig-Lüneburg und Herzog von Lüneburg und Braunschweig Georg August von Hannover gegründet, der gleichzeitig auch König Georg II. von Großbritannien und Irland war.

Wesentlich ist, dass die Hochschule als Universität der Aufklärung gegründet wurde nach dem Vorbild der Universität von Halle, aber noch säkularisierter war als ihr Vorbild, so dass die Fakultäten nicht mehr der Aufsicht der Kirche unterstanden. Forschungsergebnisse unterlagen folglich nicht mehr der Zensur der Kirche.

1829 wurden die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm als Bibliothekare und Professoren nach Göttingen berufen.

Göttingen
Universtität University L'Université de Göttingen
Universtität University L'Université de Göttingen
Mensa, Cantine, Universtität University L'Université de Göttingen
Universtität University L'Université de Göttingen
20200805_132029.jpg
Markt, Market Square, Göttingen
Gänselieselbrunnen, Göttingen
Göttingen

Von dem chinesischen Gelehrten Ji Xianlin, der berühmt wurde

 

Aber eine ganz andere Geschichte bewegte uns mehr in Göttingen.

1935-1945  - In dieser schwierigen Zeit studierte der chinesische Student Ji Xianlin die Sprachen Sanskrit und Tocharisch an der Georg-Universität.

Er wohnte während seines Studiums bei einem Ehepaar, dessen Sohn im Krieg gefallen war. Für dieses Paar war Ji wie ein zweiter Sohn. Als er seine Promotion schreiben wollte, fehlte ihm eine Schreibmaschine. Die junge Frau auf dem Foto unten, Irmgard, bot ihm an, die Arbeit auf ihrer Schreibmaschine zu tippen. So kam es, dass Ji ihr täglich eine halbe Stunde seine Doktorarbeit diktierte. Ji ging nach dem Krieg zurück nach China und baute dort das erste Institut für asiatische Sprachwissenschaften an der Universität Peking auf. Er wurde ein berühmter Gelehrter in China, über den in Hongkong noch Ende der 90er Jahre eine Dokumentation gedreht wurde. Irmgard hat nie geheiratet und sie hat Ji nie wieder gesehen. Die Schreibmaschine hat sie ihre ganzes Leben aufbewahrt. Über seine Zeit in Göttingen schrieb Ji das Buch "Zehn Jahre in Deutschland".

Von einem chineischen Gelehrten, der berühmt wurde
Irmgard Meyer
Ji Xianlin 1934, Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei
Schreibmaschine von Irmgard Meyer
Zehn Jahre in Deutschland, Ji Xinping

Barbara und "Les Roses de Göttingen"

 

Eine berührende Geschichte, die sich ins kollektive Bewusstsein der Franzosen eingebrannte, ist ein legendäres Konzert der französischen Chansonnière Barbara in Göttingen, die in den 60er Jahren trotz ihrer Vorbehalte wegen der Kriegserinnerungen nach Deutschland kam, um hier auf Einladung des Theatermachers Hans-Gunther Klein ein Konzert zu geben.

Barbara bestand damals darauf, an einem Flügel zu spielen, doch auf der Bühne in Göttingen stand nur ein Klavier. Sie wollte das Konzert absagen und was beinah unschön geendet hätte, wendete sich zu einem erstaunlichen Ereignis: Zehn Studenten schafften den Flügel einer älteren Dame herbei, indem sie das Instrument durch die ganze Stadt bis auf die Bühne trugen. Das Konzert begann mit zwei Stunden Verspätung und wurde ein voller Erfolg. Barbara blieb gleich mehrere Tage in Göttingen, gab mehrere Konzerte und lernte die Stadt und die Menschen kennen, obwohl sie eigentlich nichts von Deutschland an sich heranlassen wollte.

Schließlich schrieb sie am Ende ihres Besuchs im Garten hinter dem Theater das Lied "Göttingen", in das sie ihre Gefühle und Eindrücke von Deutschland einfließen ließ und sang dieses Lied am Abend bei ihrem letzten Konzert. 

Aber die Darstellung dieser Ereignisse schildert die Arte-Sendung Karambolage viel schöner; dazu einfach auf Barbaras Foto klicken.

Barbara und "Les Roses de Göttingen"
1080px-Barbara_(1965).jpg
Fritzlar
Marktplatz Fritzlar mit Rolandsbrunnen
Marktplatz Fritzlar mit Rolandsbrunnen
Gotische Häuser , erbaut 1310, Kasseler Straße
Dom St. Peter, Fritzlar
Dom St. Peter, Fritzlar
Spitzengasse, Fritzlar
Marktplatz, Fritzlar
Bronzeplastik von Bonifatius, Fritzlar

Auf unserer Fahrt durch Nordhessen kamen wir irgendwann an Fritzlar vorbei. 

Fritzlar hat einen beeindruckenden Dom und einen kostbaren Domschatz. Doch bevor dort diese Kirche gebaut wurde, mussten ähnlich wie in Marsberg an der Diemel die heidnischen Germanen, in diesem Fall der Stamm der Chatten, bekehrt werden, indem ihr Naturheiligtum, die Donar-Eiche, gefällt wurde. Bonifatius, der Apostel der Germanen, tat dies im Jahr 723. Die Germanen fürchteten, dass Donar ihnen einen Zornesblitz zur Erde schicken würde oder dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen würde, aber nichts geschah. Aus dem Holz der Eiche wurde die erste Kirche St. Petri gebaut.

Später wurde in Fritzlar eine Pfalz angelegt, wodurch die Siedlung zum bevorzugten Aufenthaltsort für Könige und Kaiser wurde; einige Synoden von überregionaler Bedeutung fanden hier statt.

919 wurde in Fritzlar der Sachsenherzog Heinrich der Vogeler zum deutschen König erhoben. Danach folgte für die Stadt eine Epoche voller glänzender Reichstage und Kirchenversammlungen. Unterkünfte gab es für solche Ereignisse in Fritzlar genug: Die Kaiserpfalz, die erzbischöfliche Burg, die Villa der hessisch-thüringischen Landgrafen, Kloster, Kurien- und Markthäuser.

Im Jahre 1020 gab es eine große Kirchenversammlung, zu der man neben zahlreichen Bischöfen auch Kaiser Heinrich II. erwartete, der zusammen mit seiner Frau Kunigunde kam. An ihn erinnert das kostbare Heinrichskreuz aus dem Domschatz. Die weiteren ältesten Stücke des Schatzes sind das Scheibenreliquiar um 1180 mit einem Aufsatz aus dem 7. Jahrhundert, ein Pontifikalkelch aus dem 12. Jahrhundert und ein Tragaltärchen, das um 1150 gefertigt wurde.

Neben ihrer Geschichte ist die Stadt vor allen Dingen auch schön. Der malerische und belebte Marktplatz mit dem Brunnen ist von geschlossener Fachwerkbebauung umgeben. Straßencafés und gemütlichen Restaurants laden zum Relaxen ein und man kann dem Treiben auf dem Markt zusehen, die Häuser bewundern und die Eindrücke nachwirken lassen.

 

Darüber hinaus gibt es zwei gotische Häuser, die um 1310 entstanden, ein beeindruckendes Rathaus, 1109 erstmals urkundlich erwähnt und damit das älteste Rathaus Deutschlands, einige andere schöne Häuser und eine turmreiche Stadtmauer, die zwar nicht mehr vollständig erhalten, aber dennoch lohnend ist. Ein Spaziergang zur Eder, vorbei am Ursulinenkloster führt zur Heiliggeistkapelle, von wo hat man einen schönen Blick auf die Stadt.

Warburg - 

von einem berühmten Kunst-

historiker namens Abi Warburg

 

Aby Warburg war ein berühmter Kunsthistoriker, entstammte einer bedeutenden bürgerlichen Familie, die viele Wissenschaftler, Bankiers etc.

hervorgebracht hatte (Die Hamburger Warburg Bank ist spätestens seit der Cum-Ex-Affäre 2016 den meisten bekannt). Sie kamen im 16. Jahrhundert aus Venedig, wo sie als Juden in das Ghetto hätten umsiedeln müssen, nach Hessen und benannten sich, nachdem sie aus dem Familiennamen "de Banco" bereits" "von Kassel" gemacht hatten, nach der Stadt Warburg. Später zog die Familie nach Hamburg. Abi Warburg konnte durch das Geld seiner Familie eine Bibliothek von beträchtlichem Umfang anlegen, die im Warburg-Haus an der Hellwigstraße 116 in Hamburg-Eppendorf untergebracht war. Das Haus kann man heute noch besichtigen, in der Fassade sind die Initialen KBW für Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg mit Backstein gemauert. Diese Bibliothek und das Forschungsinstitut waren ein Mittelpunkt kunst- und kulturwissenschaftlicher Forschung in Deutschland. 

Das Dritte Reich zwang die Familie zur Emigration, wodurch Aby Warburgs Kulturwissenschaftlich Bibliothek mit über 60.000 Büchern nach London gelangte. Das dortige Warburg Institute, ein kulturwissenschaftliches Institut, wurde der University of London angegliedert.

Warburg suchte zeitlebens nach den Spuren der Antike in der italienischen Renaissance des Quattrocento. Er hat als erster Kunstwissenschaftler damit begonnen, Informationen außerhalb der Kunstwissenschaft in seine Recherchen einzubeziehen, z.B. Rechnungen, Kirchenbücher etc., wodurch er Kunst als Symptom und Ausdruck sozialer, religiöser, politischer etc. Bedingungen betrachtete. 

Warburg
Aby Warburg, Lizenz: gemeinfrei, Aby Warburg Institut, London - Fotoarchiv Marburg
Café Eulenspiegel, Warburg
Warburg
Warburg, Rathaus
Warburg, Blick von der Diemelbrücke
Warburg
Warburg, Blick auf die Oberstadt
Warburg, Blick auf St. Marien
Bad Arolsen
Grenzstein Ferienland Waldeck
Schloss Arolsen
Schloss Arolsen
Arolsen, Hofgarten
Schlossstraße, Arolsen
Schlossstraße
Evangelische Stadtkirche, Arolsen
Evangelische Stadtkirche, Bad Arolsen, Fenster Emma, Königin der Niederlande
Wetterburg, ehemaliges Schloss der Grafen von Waldeck
bottom of page