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Als Tourist in Schanghai



Als Individualtourist nach Schanghai zu reisen, kann anstrengend werden. Blauäugig unterschätzt man die Andersartigkeit Chinas und stellt nach der Ankunft fest, dass China nicht nur ein anderes Land ist, sondern ein anderes Universum. Elementare Dinge werden zum Problem: Internetzugang, Orientierung in der Stadt, Bezahlung von Dingen, zur Toiletten gehen, sich im Restaurant zurecht finden, ...



Gleich zu Anfang: Ein paar hilfreiche Apps, die man herunterladen sollte, bevor man nach China reist:


VPN

China hat ein eigenes Internet und westliche Apps wie z.B. Google-Chrome, Facebook, Instagram, WhatsApp usw. funktionieren gar nicht. Aber man kann das chinesische Internet umgehen mithilfe eines VPN-Browsers, mit dem man kurzerhand einen fingierten anderen Standort des Handys angibt und sich in einer beliebigen Stadt der westlichen Welt einloggt. Das Handy ist dann zwar in China, aber durch den virtuellen Standort kann man alle westlichen Apps benutzen. Es gibt verschiedene Anbieter, die App kostet ein paar Euro pro Monat, aber die Investition lohnt sich. VPN-Browser sind für Chinesen verboten, aber daran halten sich jüngere Chinesen seltener. Als Westler bekommt man keine Probleme mit irgendwelchen Behörden, wenn man diesen Browser auf dem Handy hat. Auch für Chinesen ist es unproblematisch, wenn man nicht gerade im Staatsdienst o.Ä. ist und noch Karriere machen will.

Alipay oder Wechat

Alipayist und Wechat sind Apps, mit denen man so ziemlich alles machen kann, am wichtigsten ist aber das Bezahlen.

Normalerweise braucht man für Alipay ein chinesisches Bankkonto, mittlerweile gibt es aber auch einen Alipay Tour Pass für Touristen. Dieser Tour Pass funktioniert wie eine Prepaid Karte der Bank of Shanghai. Er läuft 90 Tage, danach wird die nicht verbrauchte Summe direkt auf das Konto zurück überwiesen, von dem sie kam.

Um den Tour Pass zu nutzen, lädt man zunächst die Alipay-App vom Appstore auf sein Smartphone. Man registriert sich, indem man seine E-Mail-Adresse oder seine deutsche Handynummer mit Alipay verbindet. Nach der Anmeldung sucht man mithilfe des Such-Eingabefelds den Alipay Tour Pass. Man ergänzt noch die geforderten Daten und lädt danach die gewünschte Summe von seinem deutschen Konto hoch und kann dann mit Alipay bezahlen.

Das Bezahlen damit geht extrem einfach mit eigenem QR-Code, der von Alipay generiert wird und vom Verkäufer gescannt wird. Alternativ scannt man den QR-Code des Verkäufers und tippt die zu überweisende Summe ein.

MetroMan

Diese App ist für die Nutzung der Metro sehr hilfreich und sehr bedienerfreundlich. Sie funktioniert wie alle diese Apps, zeigt Verbindungen an, Fahrzeiten, Umsteigepunkte, Übersichtskarte übers gesamte Metronetz usw.

Wenn man eine Sehenswürdigkeit sucht, kann man deren Namen im Unterpunkt "Maps" eingeben und der Ort erscheint auf einem Stadtplan, auf dem die nächsten Metrostationen auch gut erkennbar sind.

Die Metro in China ist schwierig zu nutzen, weil die Namen der Stationen für westliche Besucher zu exotisch sind, was man spätestens beim Eintippen der Namen merkt. Die Unübersichtlichkeit der Stationen mit ihren zig Ausgängen und Verbindungen tut ihr übriges. Einfach das Orientieren und Suchen als eine Art Strategiespiel auffassen. Das erleichtert die Frustration. Manchmal einfach an einem Platz stehen bleiben, wo man nicht umgerannt wird, und suchen und nochmals suchen usw.

Wenn man dieselbe Strecke öfters fährt, wird es leichter.

Ganz generell hilft diese App wie ein Stadtplan. Wer auf Google Maps setzt, ist in China verloren, es sei denn VPN ist installiert, aber es ist halt enorm lästig, ständig zwischen dem chinesichen und dem westlichen Internet hin und her zu schalten. Wenn VPN eingeschaltet ist, funktionieren nämlich die chinesichen Apps nicht und die braucht man, z.B. zum Bezahlen. Außerdem hat man nicht immer und überall Datenempfang oder die Firewall hat mal wieder zugeschlagen und VPN lahmgelegt, so dass man den fingierten Standort des Handys im Ausland wechseln muss. Maps.Me funktioniert auch ohne Datenempfang, ist also von all den Problemen losgelöst.


Ebenfalls hilfreich: Auf Maps-Me sind in einem bestimmten Vergößerungsgrad die Ausgänge der Metrostation als kleine Nummern sichtbar.


Auf dem Screenshot von Maps.Me sind deutlich die Ziffern der Ausgänge der Metrostation Changshou Road erkennbar.


Das ist sehr hilfreich, denn die meisten Metrostationen haben viele Ausgänge. Will man zu einem bestimmten Ziel, kann es mitunter sehr anstrengend sein, wenn man nicht weiß, welchen der 7, 9 oder 12 Ausgänge man wählen soll, zumal sie endlos weit auseinanderliegen und man sich allein schon unter der Erde die Füße wund läuft. Oben auf der Straßen angekommen, ist man dann eine halbe Ewigkeit vom gewünschten Zielort entfernt und erschwerend kommt hinzu, dass alles gleich aussieht und man keinen Plan hat, in welche Richtung man nun gehen soll. Die Vorstellung, einfach aus der U-Bahn raus und erst mal nach oben auf die Straße zu kommen, weil sich dort alles irgendwie von selbst findet, sollte man tunlichst verwerfen. Schanghai ist nicht Berlin.

Wenn man aber auf Maps.Me seinen Zielort und die nächstgelgenen Metrostation gefunden hat, kann man auch die Nummer des nächst gelegenen Ausgangs zum Zielort ermitteln (einfach ein bisschen zoomen, irgendwann erscheinen die kleinen Zahlen auf der Map). Das ist sehr hilfreich, denn in der Metrostation sind genau diese Nummern der Ausgänge angezeigt und führen einen zum gewünschten Ausgang, so dass man getrost alle anderen vielzähligen Ausgänge ignorieren kann, die einen garantiert ins Nichts führen.



SmSh

SmartShanghai ist eine App, die dir hilft, wenn du z.B. ein Restaurant oder eine Touristenattraktionen oder einen Supermarkt suchst. Wenn du nichts Konkretes willst, sondern nur weißt, dass du z.B. essen gehen möchtest, werden Vorschläge geliefert. Man kann auch gezielt ein Restaurant suchen, Die Entfernung wird angezeigt, die nächste Metrostation und eine Map gibt es auch dazu.


Was einem so alles passieren kann, wenn man sich nach Schanghai traut:


In China zu sein ist so exotisch, dass selbst die Befriedigung essentieller Bedürfnisse wie Essen und Mobilität problematisch ist. Dazu kommt in den Sommermonaten die brüllende Hitze.


Mobilität: Stundenlange Märsche bei übermäßiger Hitze sind im Urlaub nicht jedermanns Sache. Wenn man nicht laufen möchte, kann man ein Taxi bestellen, aber ein Taxi bekommt man nur per App (hier hilft Alipay). Als westlicher Besucher glaubt man, dass man Taxis per Winken heranrufen kann. Falsch, denn wenn man mit den Armen in der Luft herumfuchtelt, hält kaum ein Taxi. Es gibt zwar Taxistände, aber nur sehr wenige und die muss man erst mal finden. Beim Taxifahren mithilfe der App kommen oft ganz zivile Fahrzeuge, denn jeder der will, kann per App zum Taxifahrer werden und ein bisschen Geld nebenbei verdienen.


Wenn das Taxifahren nicht klappt, gibt's ja noch die Metro. Nur deren Stationen liegen sehr weit auseinander und man muss sie erst einmal finden. In manchen Städten liegen die Metrosstationen in Sichtweise (z.B. Paris), Schanghai gehört definitiv nicht dazu. Dazu kommt die Gluthitze, in der man nicht eine halbe Stunde auf gut Glück Straßen abklappern will, um vielleicht irgendwann zufälligerweise eine Metrostation zu finden.

Wenn man sich bei der Suche nach der Metro in einem Viertel verlaufen hat, könnte man jemanden nach dem Weg fragen. Aber die meisten Chinesen können kein Englisch, auch bei Jüngeren beißt man auf oft auf Granit. Außerdem haben viele jüngere Leute In-Ear-Kopfhörer und merken gar nicht, dass man sie anspricht. Wenn aber die Kommunikation funktioniert, helfen sie gern. Aber auch sie zücken ihr Handy und orientieren sich. Niemand scheint sich in dieser Stadt auszukennen.


Es kann in Ost-Asien schnell passieren, dass man das Gefühl hat, zwei Sachen dauernd zu erleben: 1. In U-Bahn-Stationen und Shopping-Malls herumzulaufen, was teilweise wie ein und dasselbe wirkt, 2. dauernd in klimatisierten Restaurants zu sitzen, was bei der Hitze gut tut, aber man will ja eigentlich etwas von der Stadt sehen. Kann man also nur zwei Sachen richtig gut machen in Shanghai? Essen und Einkaufen? Das kann schnell passieren und es wäre schade, aber ohne ortskundige Führung kann es bei einem kurzen Städtetrip darauf hinauslaufen.


Essen in China - schwierig für Touristen


Nicht jeder kommt mit dem exotischen Essen und den Stäbchen zurecht. Aber Messer und Gabel bekommt man nur in einem westlichen Restaurant.

Auch die Suche nach einem passenden chinesischen Restaurant, gestaltet sich problematisch. Man weiß ja nicht, was es dort zu essen gibt und die Speisekarten sind oft nur in Chinesisch. Oft haben Restaurants gar keine Speisekarte mehr, sondern einen QR-Code am Tisch, den man scannt. Die dann erscheinenden Speisekarten-Apps sind auch auf Chinesisch, obwohl es ein Leichtes wäre, eine Übersetzung hinzuzufügen. Also tippt man irgendwas an und läss sich mit einem mulmigen Gefühl überraschen, was kommt. Ist die Bestellung dann schon abgeschickt? Manchmal muss man vorher zahlen, sonst wird in der Küche gar nicht erst mit dem Kochen angefangen.

Hat man ein Restaurant mit einer Speisekarte mit Bildern gefunden, weiß man trotzdem nicht, was man wählen soll. Vielleicht hat man am Ende Kutteln auf dem Teller oder Innereien oder in feine Streifen geschnittene Schweineohren usw. Oder man bekommt einen ganzen Fisch mit Kopf, Schwanz und Gräten, den man natürlich mit Stäbchen isst. Alles Fleisch, dass man bekommt, hat Knochen, Haut, Fett. Da man mit Stäbchen isst, muss man nagen können. Fett am Fleisch? Messer und Gabel, um es abzuschneiden? Fehlanzeige - also rein damit. So what? Chinesen schneiden ja auch nichts ab. Sie mögen das sogar.


Man sollte beim Essen dunkle Kleidung tragen. Mit hellem Oberhemd glitscht einem garantiert etwas von den Stäbchen und klatscht in die Tomaten-Curry-Chilli-Suppe, aus der man es gerade kunstvoll herausgefischt hat. Das Hemd kann man anschließend wegschmeißen.


Wenn man irgendwann aufatmet, weil man endlich ein Mc Donald's Restaurant oder einen Burger King sieht oder ein Café, das auf Frankreich macht, ist man eigentlich an der interkulturellen Erfahrung gescheitert und an dem Punkt angelangt, an dem man lieber wieder in Europa wäre. Und dann sitzt man in einem dieser globalen Kettenrestaurants in diesem unendlich blöden Allerweltsambiente, weil einen alles andere überfordert und man denkt, dass es genauso aussieht wie in Wanne-Eickel. Wenigstens ist der Laden klimatisiert, denn draußen warten quälende 30-40 Grad,


Noch ein paar Notizen zum Verkehr: Chinas Verkehr wirkt wie in Palermo. Wenn man durch ein Viertel flaniert und gedankenverloren rumträumt, sollte man mit allem rechnen. Daher der ultimative Tipp: Augen auf beim Verkehr!!! Dinge nur dann anschauen, wenn man sicheres Terrain erreicht hat. Der Verkehr gleicht dem Autoscooter auf der Kirmes, jeder sucht sich in dem Gewusel irgendwie seinen Weg. Aber immerhin wird nicht gerast, man muss eben einfach nur immer ausweichen und die Augen offen halten. Die anderen weichen auch aus und deswegen ist es eigentlich gar nicht schlimm, dass sich Fußgänger und E-Mofas oft den Bürgersteig teilen. Abends, wenn die Zweiräder ohne Licht und wegen dem Elektromotor fast geräuschlos fahren, kann es schon mal vorkommen, dass einem ein Zweirad mit Kind und Kegel fast über die Füße fährt. Gestern wurde ich Zeuge eines Unfalls, als ein Mann aus einem Taxi ausstieg, welches nicht am Straßenrand hielt, sondern mitten auf der Straße. Der Fahrgast riss die Türe auf, ein Zweirad fuhr mitten hinein. Krachen, Mann am Boden, wenig Geschrei, kurze Nachfrage, ob etwas passiert ist, auf die Beine helfen ... weiterfahren.


Toiletten gibt es in westlichen Restaurants, den schicken Shopping-Malls und im Innenstadtbereich auch in anderern Restaurants. Aber Vorsicht, nicht überall gibt es sie. Und wenn man dann dringend eine braucht, ist guter Rat teuer. Ganz wichtig: Immer Tempotaschentücher dabei haben. Denn Klopapapier gibt es nur dort, wo es westlich ist, also mitten in der Stadt, aber sicher ist sicher. Niemals einen längeren, vielleicht ganztägigen Trip beginnen ohne Tempotaschentücher. Seife und Papierhandtücher sind auch Mangelware. Es wird mehr, ist aber immer noch Glücksache.


Es hilft alles nichts. Man muss sich einfach auf dieses Land einlassen und wenn man als Tourist kommt, muss man sich vorher kundig machen, welche Apps man braucht usw. Das alles ist Arbeit. Wer prinzipielle Bedenken beim Nutzen von Apps hat, vielleicht sogar ängstlich ist, weil er vermutet, dass Informationen gesammelt werden, wird vielleicht nicht glücklich.


Andererseits funktionieren manche Dinge überraschend gut, mit denen man nicht gerechnet hat. Man kann über WhatsApp Nachrichten und Bilder nach Hause schicken, sobald man im Hotel angekommen ist und WLAN hat. Man kann auch über WhatsApp telefonieren. Eigentlich ist alles ganz einfach. Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, wird man es später in Deutschland vermissen.


Man kann übrigens in China immer noch mit Bargeld bezahlen, obwohl ja irgendwie das Gerücht herumgeistert, dass hier nur noch digital bezahlt wird. Mit Bargeld geht es überall. Es gibt noch viele alte Leute, die von der Erneuerung des Landes in den letzten dreißig Jahren überrollt wurden, und die zahlen alle noch mit Bargeld. Das einzige Problem ist für einen Nicht-Chinesen, an Bargeld zu kommen. Bei der Bank of China sollte es aber problemlos mit einer gängigen Kreditkarte funktionieren.


Wem das alles zu viel ist, der kann sich in die Gegend um den Jing'an Tempel und die Shimen Road Number One usw. zurückziehen. Dort bleibt der Kulturschock aus. Es gibt sogar ganz viele Restaurants, in denen man europäisches Besteck bekommt, eben weil es europäische Restaurants sind.














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