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Begegnung Europas und Chinas am Beginn der Neuzeit


Chinas Flotte unter Kaiser Zhu Di


Die ersten Westeuropäer, die die Welt mit ihren Schiffen befuhren, waren die Portugiesen, gefolgt von den Spaniern, dann den Briten und den Niederländer - Seefahrernationen, die direkten Zugang zum Meer hatten.

Zeitgleich mit Portugal hatte auch das hochentwickelte China eine Flotte, die an Größe jeder europäischen überlegen war. Entsprechend machten sich die Chinesen auch auf den Weg, um die Welt jenseits der Meere zu erforschen. Im Jahr 1403 nach unserer Zeit bauten sie ihre Schiffsarmada unter dem Ming-Kaiser Zhu Di. Die Flotte bestand aus 300 Schiffen, darunter 60 Schatzschiffe, die größten Holzschiffe, die jemals in See stachen, mit einer Länge von 80 Metern und neun Masten, in anderen Quellen ist von 135 Metern Länge und 50 Metern Breite die Rede.


Schatzschiff der Flotte des Kaisers Zhu Di

Eines der Schatzschiffe von Zheng He im Vergleich mit dem Schiff von Columbus


20.000 Leute sollen an Bord der Flotte gewesen sein. In der Zeit von 1404 bis 1433 war der Eunuch Admiral Zheng He im Dienste des Kaisers mehrfach aufgebrochen und gelangte bis Afrika. Das Projekt wurde nur wenige Jahrzehnte fortgesetzt, dann beendete China seine Expeditionen und kehrte zur Selbstgenügsamkeit zurück. Vielleicht war das ein Fehler, der sich ca. 300 Jahre später rächen sollte, als Europa, vor allem die Briten technologisch so aufgeholt hatten, dass sie schwer bewaffnet an Chinas Tür klopften. Chinas Reichtum hatte Begehrlichkeiten geweckt. Es folgten der Opiumkrieg, die Ungleichen Verträgen und das Jahrhhundert der Demütigung, Erfahrungen, die bis heute tief in der chinesischen Seele sitzen.


Wie auch immer. Auffällig ist an Chinas Beendigung seines Schifffahrtsprojekts vor allem eins: Keine konkurrierende Macht hatte die Flotte bezwungen, sondern sie wurde aus freien Stücken aufgegeben. Das ist insofern ungewöhnlich, da alle anderen Seemächte immer in die Knie gezwungen wurden von Nationen, die mächtiger geworden waren. Portugiesen von Spaniern, Spanier von Briten usw. Die Chinesen aber wurden von niemandem besiegt. Sie hatten einfach befunden, dass ihre Expeditionen zu keinem Erkenntnisgewinn geführt hatten, also wurden die Schiffe aufgegeben.

In Nanjing kann man heutzutage den Nachbau eines solchen Schatzschiffes besichtigen.


Begegnungen zwischen Europa und China

Bildnis von Xu Guangxi, Minister der Ming-Dynastie, Shanghai Histroy Museum

Bildnis von Xu Guangxi, Minister der Ming-Dynastie, Shanghai Histroy Museum


Bevor die Briten in kriegerischer Absicht kamen, waren schon italienische Missionare nach China gekommen, die aber mit ihren Missionabsichten wenig erreicht hatten - das Christentum spielt in China eine marginale Rolle - statt dessen kam es aber zu intensivem kulturellen Austausch.

Der Ming-Dynastie-Minister Xu Guangxi, geboren 1562, war ein hoher Beamter im Mandarinat, der ursprünglich aus ärmlichen Verhältnissen stammte, aber durch eine gute Schulbildung die schwierigen Beamtenprüfungen ablegen konnte, die ihn in höchste Ämter aufsteigen ließen. Er steht für die Anfänge der sino-europäischen Begegnungen, da er durch den italienischen Jesuitenpater Mattheo Ricci zum katholischen Glauben konvertierte, was aber keinen Effekt auf die Etablierung des Christentums in China hatte.


Mattheo Ricci, Jesuitenpriester in China, Shanghai History Museum

Mattheo Ricci, Jesuitenpriester in China, Shanghai History Museum


Der italienische Jesuitenpater und Missionar Mattheo Ricci war ein kultureller Vermittler zwischen beiden gegensätzlichen Kulturen. Er missionierte nicht mit Gewalt, sondern mit dem, was die Chinesen am meisten überzeugte, mit seiner Gelehrtheit. Er hatte eine profunde naturwissenschaftliche Ausbildung, die die Chinesen beeindruckte, und bewirkte durch seine Bildung mehr als durch seine Predigten. Außerdem erlernte er die chinesische Sprache und kleidete sich wie ein buddhistischer Mönch, so dass die Chinesen ihn nach seinem Sinisierungsprozess für einen der ihren hielten. Ihm sind die Grundlagen der Transkription der chinesischen Sprache in lateinische Schrift zu verdanken, das sogenannte Pinyin, das in veränderter Form bis heute verwendet wird. Alle chinesischen Wörter, die wir Nicht-Chinesen lesen können, sind Transkriptionen der chinesischen Zeichen in lateinische Buchstaben. Mattheo Ricci baute enge und langanhaltende Freundschaften zu hochrangigen chinesischen Beamten auf, unter anderem zu Xu Guangxi, durch die er tiefgehende Kenntnisse des Konfuzianismus erwarb.

Dies alles ereignete sich zur Zeit der späten Ming-Dynastie, zeitlich etwa parallel zum europäischen Barock. Im Spätbarock und der Aufklärung schauten europäische Gelehrte mit Bewunderung nach China. Die chinesische Form des Regierens beeindruckte die europäischen Philosophen der Aufklärung: Ein Kaiser, dessen Funktion darin bestand, die Harmonie zwischen Himmel und Erde zu wahren, der das Mandat hatte, die Dinge im Gleichgewicht zu halten, der nicht einer Dynastie entstammen musste, sondern gegebenenfalls aus dem Volk kommen konnte, der auch gestürzt werden konnte. Das alles kannte man in Europa nicht.

Der europäische Adel, der die Politik bestimmte und das höchste Ansehen genoss, war letztendlich eine Kaste von Kriegsherren und deren Nachfahren.

Im Gegensatz dazu hatte ein Soldat in China eine der niedrigsten Stellungen in der Gesellschaft, während das Mandarinat, also die Verwaltung, aus Eliten bestand, die als Philosophen und Schriftgelehrte durch Examina über den Konfuzianismus in ihre hohen Positionen gelangt waren.

Bis heute haben Gelehrsamkeit und Bildung in China den höchsten gesellschaftlichen Status.

Die Missionierung Chinas hatte nicht funktioniert. Uralte Traditionen, Überlieferungen und kulturelle Festigkeit, die tief wurzeln und die chinesische Identität ausmachen, waren resistent.


Die europäische Kultur ist von ihrem Wertekanon tief überzeugt, aber China setzte dem Westen mit seinen Wertvorstellungen etwas entgegen, von dem die Chinesen zu recht sagen, dass es den europäischen Werten zumindest ebenbürtig ist.





1 comentário


elias.ocd
25 de nov. de 2021

Sehr guter und informativer Beitrag,

der einem neue Erkenntnisse vermittelt und Lust macht,

sich mit dem Thema, das ja sehr aktuell ist, der Begegnung

Chinas mit Europa zu vertiefen.

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