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Essen in China

Das Essen in China ist auf jeden Fall einen Beitrag wert, denn die chinesische Küche zählt zu den besten der Welt.

Wer mit Chinesen Harmonie erleben will, geht mit ihnen am besten essen. Essen verbindet, Essen versöhnt, Essen beeinflusst die Lebensenergie, Essen ist Philosophie. Wenn man einen Streit hatte, ist die Einladung zum Essen die direkte Aufforderung zur Versöhnung, zum Vergeben, alle weiteren Worte wären in diesem Fall überflüssig - sogar eher kontraproduktiv.

Beim Essen trifft man Freunde, die Familie, die Kollegen, man macht Geschäfte, man macht dabei alles.

Man muss nicht unbedingt zu Hause kochen, um Freunden die Wertschätzung entgegenzubringen, man kann auch essen gehen - und es ist preiswert, daher tun es die Chinesen oft und jederzeit.


Garküchen, Hot-Pot-Restaurants, aber auch gehobene Restaurants, die man für Festessen aufsucht, bieten etwas für alle Gelegenheiten und jeden Geldbeutel.


Street Food, Garküche, China, Shanghai

Sauber ist anders, aber so geht es in den Garküchen zu.

Hot Pot in einem uigurischen Restaurant

Hot Pot-Restaurant


Was ist das, Hot Pot? Ursprünglich stammt das Essen aus Sichuan, einer nassen und kalten Provinz, weshalb man man dort SEHR scharf isst. Es ist übrigens die einzige Provinz, in der es wildlebende Pandas gibt. Man sagt, die Hitze im Körper, die durch die Schärfe verursacht wird, helfe gegen Kälte und Feuchtigkeit. Der Hot Pot ist aber mittlerweile ein landesweit verbreitetes, sehr populäres Gericht und daher bekommt man ihn überall, begehrt vor allem in den Wintermonaten. Er ist vergleichbar mit einem Fondue. Man kocht allerlei leckere Dinge in einem Sud, fischt sie heraus und isst sie mit Sesamsoße oder Soja mit Essig, eingelegtem, zerstampften Knoblauch und Koriander usw. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Den Schärfegrad des Suds kann man wählen oder man bestellt gleich einen Hot Pot mit zwei Schärfegraden in einem Gefäß mit Trennwand für beide Suds.

Hot Pots, China

Hot Pots, die auf ihren Einsatz warten


An meinem ersten Tag in der Schule ging es in der Mittagspause erst einmal in eines dieser guten Restaurants mit der Schulleitung und einigen Kollegen, die etwas zu sagen haben oder täglich mit mir arbeiten.


Wir bekamen einen separaten Raum zugeteilt und dann wurde aufgefahren. In China wird am großen, runden Tisch gegessen, mit drehbarer Platte in der Mitte, auf der die Speisen stehen. Dadurch kann man alle Gerichte erreichen.

Beim ersten Bissen, den man von einer Speise probiert, wird wohlwollend und anerkennend genickt, wenn sie gut schmeckt.

Man nimmt kleine Portionen mit den Stäbchen und benutzt dabei dieselben Stäbchen zum Essen wie zum Nachlegen, Empfindlich darf man nicht sein, wenn alle dieselben Stäbchen zum Essen und Nachlegen benutzen. So ist das hier nun mal.


Während des Essens sind die Speisen ein Gesprächsthema, man wird gefragt, welche man besonders mag, man redet über die regionalen Küchen Chinas und ihre Eigenarten, von der wohltuenden heilsamen Wirkung einer heißen Entensuppe im Herbst usw. Diese Entensuppe gab es übrigens auch bei meinem Willkommensessen. In einer großen Terrine, die auf offenem Feuer am Tisch kochte und dampfte, schwamm eine komplette Ente mit Kopf, Schnabel und allem, nur gerupft und ausgenommen war sie.


Wenn man sich darauf einlässt und die Chinesen spüren, dass man echte Freude an ihrer Esskultur hat, ist viel gewonnen. Mein spanischer Kollege mag chinesische Küche nicht und weicht auf Burger King und Kentucky Fried Chicken aus. Das kommt in China nicht gut an.


Auch als wir im Unterricht über interkulturelle Kompetenzen im Berufsleben diskutierten, waren sich alle chinesischen Schüler einig, dass bei Begegnungen mit Geschäftspartnern ein gemeinsames Essen dazugehört, um wichtige Dinge abzuschließen. Wenn man sich auf diesen Teil der chinesischen Kultur nicht einlässt, könnte man ein Geschäft vermasseln.

Interessant auch, wenn man in den ersten Stunden als neuer Lehrer die Schüler in einer Kennenlernrunde fragt, welche Hobbys sie haben. Nicht selten wird erwähnt: Kochen. Interessanterweise vor allem von den Jungen. In jeder Klasse einige. Und ich wurde oft von 13-jährigen, chinesischen Hobbyköchen gefragt, was man in der Region isst, aus der ich komme. "Hmm, Pumpernickel, Westfälischer Schinken, Steinhäger, Apfelkraut, Reibekuchen, Panhas ..." Wie erklärt man das Chinesen?



Auch ein Klassiker der chinesischen Küche: Hühnerfleisch, Erdnüsse und extra scharf Chilli-Schoten. Ich konnte die Chilli-Schoten nicht essen. Es war unerträglich scharf.


Während ich hier so vor mich hin tippe, sitze ich im stillen Lehrerzimmer. Es gab vor einer halben Stunde Mittagessen und ich bin umgeben von Kollegen, die alle - man glaubt es nicht - ihre Sitze in Liegeposition zurückgelegt haben und kollektiv Mittagsschlaf halten. Dieser Mittagsschlaf ist ein chinesisches Ritual nach jedem Essen.


Außer mir ist noch eine Schülerin wach, die im Rahmen individueller Förderung eine Extraaufgabe bekommen hat und diese in der Mittagspause hier im Lehrerzimmer in Anwesenheit der schlafenden Lehrer löst.

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Aber zurück zum Essen:



Wann immer man die Straße betritt, auf der es in China grundsätzlich geschäftig wuselt, sieht man hauptsächlich Menschen, die entweder Essen transportieren oder verkaufen oder zubereiten oder zu sich nehmen. Man hat den Eindruck, dass sich in zwei Drittel der Geschäfte alles ums Essen dreht.

Man betritt einen Family Mart, eine Art Trinkhalle, Späti oder Kiosk nach chinesischer Art, und riecht den Duft von Tee-Eiern, jene gekochten Eier, deren Schale rundherum angeknackst wird, damit das Aroma eines Suds aus Teeblättern und Sojasoße, Ingwer, Sake, Zucker, Salz, Szechuan-Pfeffer, Lorbeer in sie eindringen kann. In diesem heißen Sud liegen sie den ganzen Tag, sehen abenteuerlich aus und man fragt sich, wie lange sie da schon vor sich hin simmern, aber wenn man sie probiert, entfaltet sich ein wunderbarer Wohlgeschmack im Mund.

Alles wird in den Garküchen grundsätzlich frisch zubereitet.

Morgens sieht man, wie der Hefeteig geknetet und portioniert wird, das Fleisch auf die Spieße gesteckt wird. Nichts davon kommt aus der Fabrik, nichts wird fertig angeliefert. Hier würde man die Einrichtung einer Bäckerei am Stadtrand und das Anlieferverfahren vermutlich für zu aufwendig halten. Da macht man lieber alles gleich selber. Es ist ja auch geselliger, weil nebenan die anderen Geschäfte geöffnet sind. Man sich kennt und stellt jeden Morgen aufs Neue fest, dass der Nachbar da ist und es ihm gut geht.

Die Garküchen schließen erst dann, wenn alles verkauft ist. Altes Essen wird man in China nicht bekommen.


Oft weiß man nicht, was in den Garküchen verkauft wird, aber man wird neugierig, probiert es, mag es, kauft es am nächsten Tag wieder, so dass der Besitzer der Garküche einen schon von weitem sieht, wenn man sich nähert, und das Richtige heraussucht. Man stellt fest, dass man genau das kauft, was auch Chinesen gern frühstücken. Irgendwann nimmt man sich morgens beim Frühstück in der Schule eine Ölstange - eine längliches Stück Hefeteig, das in Öl ausgebacken wurde, tunkt es in seine Sojamilch und merkt, dass man damit die chinesischen Kollegen verblüfft, weil es so typisch chinesisch ist, eine Ölstange in Sojamilch zu tunken..


Noch etwas zu den Manieren :)

Eines Abends saß ich in einem ziemlich einfachen, aber richtig guten Fischrestaurant, hatte mich wie immer durch die Speisekarte gequält und mit viel Aufwand dem Kellner klar gemacht, dass ich etwas ähnliches haben will wie die Leute am Nebentisch.

Da saßen zwei Männer und eine Frau und schlemmten Dinge, die bei uns eher in die Gourmetkategorie gehören würden. Schalentiere, Tintenfisch - alles, was das Meer an Exotik zu bieten hat. Es waren vermutlich einfache Leute, die Bier aus Flaschen tranken, rauchten und die Kippen und die Asche auf dem Boden warfen, während die Frau, deren Schuhe kreuz und quer unter dem Tisch lagen, ununterbrochen und lautstark auf die beiden Männer einredete. Süditalien ist nichts dagegen.

Der Platz, an dem die drei saßen, sah nach ihrem Weggehen abenteuerlich aus. Danach wurde der Tisch abgeräumt, abgerückt, ein Putzkommando rückte an und machte alles sauber für die nächsten Gäste. Übrigens ist das keine Ausnahme, Chinesen kennen keine Aschenbecher, es ist hier Usus, die Asche und die Zigaretten im Restaurant auf den Boden zu werfen.

Als sie gingen, war ziemlich viel auf den Tellern übrig, denn Chinesen essen den Teller nicht immer leer. Wenn man eingeladen ist, sollte man immer einen Rest übrig lassen, damit der Gastgeber weiß, dass er genug aufgetischt hat. Wird der Teller leer gegessen, signalisiert man, dass man noch Hunger hat, so dass mehr aufgefahren wird. Außerdem zeigt es dem Gastgeber, dass er nicht großzügig genug war. Zu Hause wird alles aufgegessen, denn der Wert des Essens wird geschätzt, eben weil noch relativ junge Generationen den Hunger kennengelernt haben.


Man kann in Schanghai zweifelsohne die gesamte Palette westlicher Küchen bekommen, vor allem im Jing'an-Bezirk. Das macht auch manchmal Spaß, aber das authentische China erlebt man außerhalb des Zentrums. Ich gehe gern in diese Restaurants in typisch chinesischen Vierteln. Es ist laut, die Gäste trinken viel und werden noch lauter, aber man ist mittendrin.

Nicht selten falle ich auf, weil sich wohl kaum ein Westler dort blicken lässt. Und dann kommt es vor, dass man auf Schnaps und Bier eingeladen wird. Wenn man gut Chinesisch könnte, würde man sicher Abende erleben, die man nicht mehr vergisst. Chinesen lachen viel, interessieren sich wenig für die Probleme dieser Welt, sondern leben und genießen lieber.

Stolz präsentiert mir der Tischnachbar diesen 58prozentigen Schnaps, bevor ich davon auch ein Glas bekomme.

Ich glaube, man geht nicht zu weit, wenn man behauptet, dass man einen Chinesen mit einem reich gedeckten Tisch und einem Essen im Kreise seiner Familie am glücklichsten machen kann.


Zu guter Letzt kommt bei mir wieder der Cineast durch mit seiner Liebe fürs chinesische Kino.

Im Film "Eat Drink Man Women" spielt das Essen eine zentrale Rolle.

Zwar geht es in dieser feinsinnigen Komödie um etwas ganz anderes, nämlich einen Vater, dessen drei Töchter völlig unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen haben, am Ende des Film jedoch in völlig gegensätzlichen und unerwarteten Lebenskonzepten landen, aber das Essen ist immer dabei, nicht zuletzt, weil der Vater von den Dreien ein berühmter Chefkoch in China ist.


Hier ein Link zu den beeindruckenden Kochszenen aus "Eat Drink Man Woman":











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