UMGEBUNGSENTDECKER
REISEEINDRÜCKE FÜR KUNST- UND GESCHICHTSINTERESSIERTE
Ruhrpott - auf der Route der Industriekultur
Die Klischees über das Ruhrgebiet halten sich hartnäckig, obwohl die Schwerindustrie mittlerweile Geschichte ist und die letzte Zeche längst stillgelegt wurde.
Viele der ehemaligen Industriestätten sind zu einer Art Freilichtmuseum mit hohem Freizeitwert geworden. Rausgeputzt, durchrenoviert, mit einem anspruchsvollen Konzept versehen, erinnern diese Orte nicht mehr daran, wie schwer und schmutzig die Arbeit dort einst war. Heutzutage vermitteln sie dem Besucher ein interessantes, teilweise ästhetisches Bild aller Aspekte, die das "Revier" ausmachten, technische, soziale, städtebauliche und einige andere mehr.
Diese Museen sind durch die "Route der Industriekultur" miteinander verbunden, einem Rundweg, der sich wie ein roter Faden durch den gesamten Ballungsraum zieht und von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit leitet.
Dabei kommt jeder auf seine Kosten, egal, ob man sich für Technik interessiert, für Sozialgeschichte, Kunst oder Architektur. Das Spektrum reicht von Unternehmervillen der Superlative wie der Kruppschen Villa Hügel oder dem Hohenhof in Hagen von Karl Ernst Osthaus bis zu idyllischen Bergarbeitersiedlungen, in denen die Welt noch in Ordnung zu sein scheint, von idealtypisch-ästhetischen Industrie- und Bergbauanlagen bis zu Kunstsammlungen überregionaler Bedeutung.
Am besten man beginnt dort, wo die ganze Geschichte des Kohleabbaus ihren Anfang nahm, nämlich im südlichen Ruhrgebiet, in Witten.
Muttental, Witten
Das Bethaus im Muttental in Witten
Grün ist es hier - idyllisch - Forellenteiche, Vogelgezwitscher, Wanderwege, Wälder und Wiesen.
Hier begann schon 1510 ein Teil des frühen Bergbaus im Ruhrgebiet. Da die Kohle hier unmittelbar unter der Erdoberfläche lag, wurde sie hier entdeckt und zuerst abgebaut.
Das ehemalige Bethaus der Bergleute liegt am Eingang des Muttentals. Dort wurde früher im Obergeschoss vor der Arbeit gebetet, unten befand sich eine Schmiede. Aber nicht nur das Gebet und die wohltuende Wärme der Schmiede brachte die Männer hierher, sondern zugleich wurde dort vor Schichtbeginn deren Anwesenheit kontrolliert.
Heute befindet sich in der ehemaligen Schmiede eine kleine Ausstellung. Draußen vor der Tür wird im Sommer nach wie vor geschmiedet, damit Kinder alte Handwerkstechniken kennen lernen. Oben, im ehemaligen Gebetsraum gibt es heute ein Café, ausgestattet mit nostalgischen Utensilien aus der Welt der Bergmänner: Alte Fotos, Bergmannsuniformen, Grubenlampen usw.
Geöffnet hat das Bethaus täglich außer montags von 11-18 Uhr.
Die Schmiede ist nur an Wochenenden und Feiertagen in Betrieb (Stand 2022).
Bethaus im Muttental, Witten
Nach einer kurzen Einkehr, die auf die Bergmannskultur einstimmt, geht es weiter ins Muttental, wo man nach wenigen hundert Metern das Steigerhaus erreicht, den ehemaligen Wohnsitz des Steigers, eine Art Vorarbeiter im Bergbau.
Nebenan befindet sich gleich das nächste Café, welches nur an Samstagen, Sonn- und Feiertagen von 10-18 Uhr geöffnet hat, das Zechenhaus Herberholz. Es ist ein kleines Gebäude, das an ein Vereinshaus einer Schrebergartenkolonie erinnert. Im Sommer sitzt man draußen, an kühleren Herbstagen wärmt im Inneren ein Kachelofen. An rustikalen Holzmöbeln bekommt man Kaffee und Kuchen und ist auch hier umgeben von vielen Dingen, die im Zusammenhang mit der Bergmannskultur stehen: Modelle von Bergwerken, alte Landkarten der Region, auf denen alle Zechen eingezeichnet sind (von denen es hunderte gab), Werkzeuge und Schwibbögen. Auch eine kleine Holzskulptur ist zu sehen, die den Schweinehirten darstellt, der hier vor Jahrhunderten die Kohle entdeckt haben soll. Die Legende erzählt, dass er Feuer in einer Kuhle machte, die die Schweine aufgewühlt hatten. Als er sich abends auf den Weg nach Hause machen wollte, bemerkte er an dieser Stelle ein Glühen, von dem eine starke Hitze ausging - die Kohle.
Die Pächter des liebevoll eingerichteten Cafés, ein pensionierter Bergmann und seine Frau, beginnen zu erzählen, sobald sie das Interesse eines Besuchers an den Ausstellungsgegenständen und der Welt des Bergbaus bemerken. Man erfährt viel über das Leben der Kumpel, die Geschichte des Ruhrpotts und vor allem spürt man eine starke Identifikation der beiden mit dem, was ihr Leben geprägt hat - es klingt stellvertretend für alle Kumpel und ihre Familien.
Im Steigerhaus, Muttental, Witten
Nach dieser Begegnung mit authentischer Bodenständigkeit gibt es Kirschstreuselkuchen mit Filterkaffee oder Bockwurst mit Senf und einer Scheibe ungeröstetem Toastbrot. Prompt sitzt am Nachbartisch ein weiterer pensionierter Bergmann, der mit seinem Handy Bergmannslieder hört, so als wolle er unser Bild von Land und Leuten noch bestätigen und steigern.
Der Ruhrgebietsmensch an sich identifiziert sich mit der Welt des Bergbaus und der gesamten dazugehörigen Kultur. Da er ein sehr offener, argloser Menschenschlag ist, kommt man mit den Leuten schnell ins Gespräch. Junge Menschen haben allerdings jenseits vom Hörensagen kaum noch Bezug zur ehemaligen Industriekultur und echte Ruhrgebietler mit ihrem liebenswerten Akzent sind in die Jahre gekommen.
Hier ein Link zur Hymne der Bergleute, dem Steigerlied, das im Revier viele Menschen zu Tränen rühren kann. Tipp: Mal die Kommentare zum YouTube-Video lesen. Daraus spricht eben dieses Gefühl für die gesamte Bergmannskultur. Das Steigerlied wurde inzwischen in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes angenommen. (Wenn es gefällt, hier noch weitere Links zu Variationen über das Steigerlied, gespielt von Oboisten der Essener Philharmoniker in ehemaligen Industriestätten.)
Wie gesagt, lag im Muttental die Kohle direkt unter der Oberfläche, so dass man für ihren Abbau keine senkrechten Schächte in die Tiefe bauen musste, sondern man waagerecht und ebenerdig die Stollen in den Berg trieb. Solche Stolleneingänge prägen das Tal und sind heute Teil eines Museumspfades.
Direkt neben dem Muttental, nur wenige hundert Meter entfernt, liegt die Zeche Nachtigall ebenfalls in idyllischer Landschaft. Man sollte sie auf jeden Fall anschauen, wenn man schon hier ist. In einem Besucherstollen wird den Gästen der Kohlebergbau nahegebracht. Freundliche, einheimische Mitarbeiter, die auch hier das Bild des unkomplizierten Ruhrpottlers verkörpern, führen durch den Stollen.
Bevor es hinein geht, bekommt man einen Schutzhelm aufgesetzt, nach dem Einkleiden wird man mit einem stolzen, klar und deutlichen "Glück Auf" begrüßt. Es wird noch kurz geklärt, ob jemand unter Platzangst leidet und dann geht es direkt hinein in den Berg. Innen ist es immer gleichbleibend kühl, egal ob draußen Hochsommer herrscht oder nicht. Man kraxelt über Eisenbahnschwellen, Schienen und unebenen Boden, man stößt sich etliche Male den Kopf an den Kappen der Türstöcke und ist froh über den Schutzhelm.
Es wird mal enger, mal weiter und wenn man bequem aufrecht stehen kann und anhält, erfährt man viel Interessantes, z.B. über polnische Begriffe wie den "Mottek" (polnisch: Vorschlaghammer) und warum die polnische Sprache hier ihre Spuren hinterlassen hat, genauso wie die Schimanskis, Dombrowskis oder Heselowskis. Es wird erzählt von der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, von der es in jeder Zeche eine Kapelle oder zumindest eine Nische gibt (so wie auch hier), von Kanarienvögeln, die als lebendige Alarmanlage dienten, da sie unter Tage auf Gase früher reagieren als Menschen, von schlagenden Wettern, hygienischen Notwendigkeiten, Pferden und Kinderarbeit unter Tage und von der Garantie, dass im Falle eines Unglücks jeder Bergmann ans Tageslicht gebracht wird, egal ob tot oder lebendig, dass aber keinesfalls jemand unten bleibt.
Es ist eindringlich und man sieht unmittelbar vor Ort, wie die Arbeit vor Jahrzehnten abging, inklusive Beklemmungen wegen der Enge, der Dunkelheit und vor allem dem bedrückenden Bewusstsein, dass stets viel Erde über einem ist. Wie konnte man solche Arbeitsbedingungen aushalten? Viele Bergmänner wollten keine andere Arbeit machen. Vielleicht führte die soziale Eingebundenheit zur Identifikation mit dem Bergmannsleben. Nicht nur unter Tage, sondern auch oben war man in Vereinen organisiert, wohnte in derselben Siedlung, kannte und unterstützte sich. Vielleicht hat die Notwendigkeit dieser Solidarität den umgänglichen Menschenschlag im Revier hervorgebracht.
Draußen auf dem Gelände der Zeche Nachtigall gibt es einen Ringofen, in dem Ziegelsteine für das schnell wachsende Ruhrgebiet hergestellt wurden. Der Ofen ist perfekt restauriert, die Ziegelherstellung gut didaktisiert und immer wieder wird neben den technischen Aspekten das Leben der Menschen durch Fotos und Alltagsgegenstände beleuchtet.
Der Museumsladen ist untergebracht in der ehemaligen Maschinenhalle der Zeche Nachtigall. Im Obergeschoss des Gebäudes befindet sich der Maschinenraum, in dem sich die stillgelegte Maschine für den ehemaligen Fahrstuhl befindet. Auch Nicht-Technikfans kommen ins Schwärmen beim Anblick der Ästhetik dieses riesigen Geräts.
Weiter geht es zur Zeche Zollern, vielleicht die schönste Zeche im Ruhrgebiet. Immerhin hatte es das Eingangsportal der Maschinenhalle einst auf eine Briefmarke geschafft.
Sie wurde in einer Mischung aus Jugendstil und Neogotik errichtet, hat eine symmetrische, repräsentative Anlage, beeindruckende Gebäude wie z.B. die Lohnhalle, deren Inneres an ein Kirchenschiff erinnert, was den Begriff "Kathedralen der Industriekultur" begreifbar macht.
Noch beeindruckender ist die Maschinenhalle, die anmutet, als wäre man in der Schaltzentrale einer gigantischen Maschinerie wie im Film "Metropolis".
Danach sollte man die Aussicht genießen vom südlichen der beiden Fördertürme. In der Ferne erhebt sich die Dortmunder Innenstadt mit ihren Hochhäusern und dem Fernsehturm mit drehbarem Restaurant im Westfalenpark, im Volksmund "Florian" genannt.
Eine Ausstellung in der ehemaligen Schwarzkaue zeigt die Sozialgeschichte des Nachkriegsruhrgebiets: Ausbildungen für Jugendliche, die bei Gasteltern wohnten, Sportvereine, Taubenzucht, Kino, Transistorradio, Pettycoat und BMW-Motorrad.
Aber auch der Arbeitsalltag im Bergwerk wird dargestellt: Gemeinschaftliches Umziehen, Kleidung nicht in den Spind, sondern mit Korb und Haken unter die Decke ziehen, gemeinsames Duschen, Gefahren durch schwere Erkrankungen wie Steinlunge, Wurmkrankheit oder durch Explosionen usw.
Jeder Besucher findet irgendetwas, das ihn interessiert.
Allein ein Besuch in der Zeche Zollern kann schon gut 1,5 Stunden dauern.
Die Kaue, eine Umkleide in einem Bergwerk, wo die Kleidung an Haken und Ketten unter die Decke gezogen wurde.
In den 90er Jahren absolvierte ein Freund von mir ein Praktikum beim Westfälischen Industriemuseum (WIM), zu dem die Orte auf der Route der Industriekultur liegen. Damals war alles noch mehr Vision als umgesetzte Realität. Viel herumliegender Schrott, unsanierte Gebäude, heute restaurierte Orte, jeder davon mit eigener Atmosphäre und Stimmung, alle verbunden durch das Gesamtkonzept. Die Macher, die damals die Vision von der musealisierten Industriekultur hatten, waren mutig und haben etwas ganz Neues geschaffen. Damit bekam das Ruhrgebiet neben den historischen Aspekten, die in den Museen thematisiert werden, noch einen neuen Aspekt hinzu, der ein Teil der jüngeren Geschichte des Reviers ist: Strukturwandel - aus Industriestätten werden Touristenziele.
Siedlung Teutoburgia, Herne
Siedlung Teutoburgia in Herne, eine der schönsten Bergarbeitersiedlungen im Ruhrgebiet.
Bergleute lebten oft in Siedlungen mit Namen wie Rheinpreußen, Flöz Dickebank usw.
Die Route führt weiter nach Herne in die Siedlung Teutoburgia. Wie alle Berarbeitersiedlungen hat sie ein einheitliches Konzept und trotzdem sieht jedes Haus individuell aus - hier ein Erker, dort ein Walmdach, ein Fachwerkgiebel, eine Gaube, ein Zwerchhaus, Schlagläden. Heimelig und malerisch wirkt das, ein bisschen romantisch wie in einem Dorf mit viel Grün und einem großen Garten für jedes Haus. Früher dienten die Gärten zur Selbstversorgung mit Gemüse, Obst und zur Haltung von Nutztieren. Oft war darin ein Kaninchenstall zu finden. Der Kaninchenbraten wurde zu einem Klassiker der Ruhrgebietsküche.
In den Zechenkolonien wurden teilweise Gedanken der Gartenstadtbewegung umgesetzt. Oft wirken die Siedlungen wie ein Dorf mit Einkaufsladen, Schule, Kirche, Vereinshaus usw. Es waren Versuche, dörfliche Wohnstrukturen in industrialisierter Umgebung zu schaffen als Reaktion auf unzumutbare Wohnverhältnisse mit Platz-, Licht- und Luftmangel, wie sie die Industrialisierung hervorbracht hatte. Viele Menschen aus ländlichen Umgebungen, die auf der Suche nach Arbeit ins Ruhrgebiet kamen, kannten Selbstversorgung vom Landleben, also mussten sie einen Garten haben.
Schiffshebewerk Henrichenburg, Waltrop
Das Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop ist die nächste Etappe.
Es geht ein Stück Richtung Norden und bald ist man im Naherholungs- und Ausflugsgebiet "Schleusenpark Waltrop". Viele Ausflügler machen hier Fahrradtouren an den Kanälen oder besichtigen die Hebewerke, von denen es vier gibt. Nur die neue Schleuse aus den 80er Jahren ist noch in Betrieb. Viel Schiffsverkehr gibt es heutzutage nicht mehr. Der Kohle- und Stahltransport ist so gut wie weggefallen. Wenn auf dem Kanal heute noch Kohle transportiert wird, kommt sie über Rotterdam aus Übersee.
Das schönste der vier Hebewerke ist das älteste, eingeweiht 1899 von Kaiser Wilhelm II. Wie ein Oldtimer strahlt es die Ästhetik vergangener Zeiten aus.
Die Nähe des Wassers ist wohltuend, in den Hafenbecken vor den Schleusen und Hebewerken liegen Yachten und historische Museumsschiffe.
Man befindet sich mitten im Westdeutschen Kanalnetz, einem zusammenhängenden Wasserstraßennetz, das die Schifffahrt von Ost nach West ermöglicht, indem es die Flüsse Rhein, Ems und Weser verbindet. Außerdem bildet es die Verbindung des Ruhrgebiets zu den deutschen Nordseehäfen und ihrem Hinterland sowie zum Rheinstromgebiet und den Niederlanden.
Vier Kanäle sind es und man kann von hier in die Nordsee gelangen oder in den Mittellandkanal, der einen gleich bis nach Berlin bringt und im weiteren Verlauf bis in die Oder, die einen dann zur Ostsee führt.
Alle Kanäle verlaufen in Ost-West-Richtung bis auf den Dortmund-Ems-Kanal. Der verläuft in Nord-Süd-Richtung und verbindet alle miteinander. Er knickt an der Verbindung zum Rhein-Herne-Kanal am Schiffshebewerk ab und endet 15 Kilometer weiter im Dortmunder Hafen.
Detail vom Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop
Schiffshebewerk Henrichenburg, Waltrop
Zeche Waltrop, Manufactum
Wenn man sich schon in Waltrop aufhält, lohnt ein Abstecher zur Zeche Waltrop, in der sich heute die Zentrale des Luxusartikelversands "Manufactum" befindet. Hier gibt es Lagerverkauf und wer Lust hat, sich mit altbewährten, schönen Dingen zu befassen, wird hier ganz sicher fündig, allerdings braucht man dafür einen dicken Geldbeutel. Mancher Besucher, der Manufactum kennt, wundert sich, dass die Zentrale im Ruhrgebiet liegt. Die beiden Dinge passen offenbar für manche nicht zusammen.
Manufactum-Zentrale in Waltrop
Zeche Waltrop, Sitz von Manufactum
Zurück geht es von der Peripherie des Ruhrgebiets Richtung Zentrum des Ballungsraums. Die nächste Etappe: Halde Hoheward in Herten.
Die Halden im Ruhrgebiet entstanden durch den Bergbau und veränderten die Landschaft nachhaltig. Im Zuge des Strukturwandels wurden sie renaturiert und zu Naherholungsgebieten ausgebaut.
Sie wirken karg und spröde. Zumeist ist die oberste Ebene vegetationsfrei und nicht selten befinden sich dort monumentale Riesenplastiken, die als Landmarken weithin sichtbar sind. Viele Leute nutzen die Halden zum Spazierengehen, Hunde ausführen, Fahrradfahren oder Joggen.
Um vom Fuß zum Gipfel zu kommen läuft man ein paar Kilometer. Der Weg schlängelt sich serpentinenartig nach oben durch Pioniergehölze und strauchartige Vegetation, die irgendwann ganz aufhört.
Oben angekommen, weht eine steife Brise. Bei kühlerem Wetter ist man gut beraten, Mütze und Schal mitzunehmen und sich warm genug anzuziehen, auch wenn der Aufstieg schweißtreibend ist. Wie auch immer, man bleibt in der Regel länger dort oben, weil die sonderbare Aura dieser Umgebung fasziniert. Plötzlich schwebt man über allem und hat grandiose Fernsichten. Von den Bergen des Hochsauerlandes bis zum ca. 50 Kilometer entfernten Rheinturm in Düsseldorf reicht die Sicht mit einem Durchmesser von hundert Kilometern. Unten, am Fuße der Halde liegen die Relikte der ehemaligen Industrielandschaft und in der Ferne erkennt man Städte wie Essen, Bochum, Gelsenkirchen, Velbert oder Dortmund an ihren Fernsehtürmen oder Stadien.
Auf der Halde Hoheward wölbt sich ein Observatorium als Landmarke in die Höhe und erinnert an einen Science-Fiction-Film. Unwirklich ist das alles, wie eine Mischung aus einem Abgesang an ein vergangenes Industriezeitalter und einem futuristischen Szenario. Menschen bewegen sich silhouettenartig anonym am Rande der Halde und erinnern entfernt an Figuren des Künstlers Kenneth Armitage. Ein seltsames Gefühl des Verloren-Seins macht sich bei mir breit. Es ist interessant, aber ob es ein Sehnsuchtsort ist? Und während mir der kalte Wind Ohrenschmerzen bereitet, frage ich mich, wie das Leben früher da unten im Ruhrgebiet war, als noch ein Horst Schimanski und Christian Thanner Verbrechen im Duisburger Tatort aufklärten, als es noch überall Eckkneipen gab, in denen DAB-Pils und Union getrunken wurde, als noch in Dortmund das meiste Bier der Welt gebraut wurde. War da unten an der A2 nicht die Tankstelle Recklinghausen-Stuckenbusch aus dem Kultfilm "Theo gegen des Rest der Welt"? Die wurde mittlerweile abgerissen, damit die Autobahn verbreitert werden konnte.
Und während die Gedanken schweifen, klingt fortwährend das monotone Rauschen der Autobahn hinauf.
Das Observatorium auf der Zeche Hoheward. Etwas tiefer gelegen befindet sich eine übergroße Sonnenuhr - ein Edelstahlobelisk auf einem großen Platz.
Halde Hoheward - fast surreale Fernsichten über das gesamte Ruhrgebiet
Verlässt man die Halde Hoheward zu Fuß Richtung Herten, gelangt man über eine Treppe hinunter zur Zeche Ewald. Sie wirkt weniger restauriert und strahlt den morbiden Charme einer verlassen wirkenden Industrieruine aus. Im Biergarten dort kann man unter dem nachhaltigen Eindruck der surreal anmutenden Halde Hoheward seine Currywurst zwischen Backsteinindustriebauten mit zerborstenen Glasscheiben genießen.
Herne
Was hat Herne zu bieten? Die Siedlung Teutoburgia war schon auf dem Programm, Jetzt sollte es wieder etwas kultig werden mit der definitiv schärfsten Currywurst überhaupt. Wenn einen der Hunger quält und man nicht schon bei der Zeche Ewald einen Imbiss hatte, geht es weiter zur "Currywurst". Man kann zwischen vielen Schärfegraden wählen und es wird auf der Verkaufstafel angezeigt, ab welcher Schärfestufe die Gesundheit gefährdet sein kann. Man darf vorher die Soßen mit einem kleinen Holzstäbchen testen, damit man nicht die Katze im Sack kauft und ab einem bestimmten Schärfegrad muss man vor dem "Genuss" unterschreiben, dass man über etwaige körperliche Risiken aufgeklärt wurde und die Wurst auf eigene Gefahr isst.
Bochum
Bochum hebt sich meiner Meinung nach von den anderen Städten im Revier ab. Vielleicht liegt es an der Universität oder an der nachhallenden Bedeutung des Bochumer Schauspielhaues. Die Hochschule fällt schon ein bisschen aus dem Rahmen der Ruhrgebietsuniversitäten, da sie nicht nur technische oder anwendungsbezogene Fächer anbietet, sondern auch Exotisches wie Archäologie, Sinologie, Kunstgeschichte und etliches mehr, Fächer, die man sonst eher in alten Universitäten wie Köln, Münster, Marburg oder Tübingen findet.
Die Stadt hat eine Reihe guter Programmkinos und eine recht lebendige Kneipenszene. Es gibt zwar keine jahrhundertalten Traditionskneipen mit studentischen Schnitzereien in Holztischen und Wandmalereien mit Trinksprüchen wie in Heidelberg, aber im Bermuda3Eck ist in warmen Sommernächten richtig viel los.
Die Straßenzüge, Brüderstraße, Kortumstraße und Viktoriastraße können es mit der Düsseldorfer Altstadt aufnehmen oder dem Belgischen Viertel in Köln. Eigentlich ist die Strecke nicht lang, auf der sich alles abspielt, aber es reicht. Die Kortumstraße wird dabei zu einer Art Catwalk, an der sich beidseitig die Bars und Cafés mit viel Außengastronomie reihen. Wenn man einen Platz ergattern kann, gibt es viele Gelegenheiten, die vorbeiziehenden Menschenmengen zu beobachten und sich über ihr Erscheinungsbild auszulassen.
Die ältesten Läden im Bermuda3eck sind das Mandragora am Konrad-Adenauer-Platz mit bretonisch-normannisch orientierter Karte von Cidre bis Crêpes, in dem in den 80er Jahren die Bedienung auf Rollerskates zu den Tischen kam. Nebenan befindet sich das Café Tucholsky, in dem Otto Sander schon immer Gast war, wenn er am Bochumer Schauspielhaus spielte. Gegenüber liegt die bei Jüngeren beliebte Freibeuter-Bar und zwischen Tucholsky und Mandragora vermittelt eine Frituur belgisches Lebensgefühl.
Am ehemaligen Engelbertbrunnen kann man sich im Bratwursthaus die x-te Currywurst bei seiner Tour de Ruhr am Stehtisch reinziehen. Gegenüber liegt das Café Konkret, eine Institution unter den Bochumer Cafés. Nicht vergessen sollte man das Programmkino Casablanca mit schönem 50er-Jahre-Charme und ziemlich interessanten Filmen.
Es gibt unzählige Möglichkeiten, so dass man hier nur eine geringe Auswahl aufzählen kann.
Kemnader See und Ruhrauen
Die Ruhr ist südlich von Bochum, unterhalb der Universität gestaut. Radfahrer, Inlineskater und Spaziergänger tummeln sich dort an sonnigen Wochenenden - alle mit eigenen Wegen und Bahnen, um Kollisionen zu verhindern. Auf dem See kann man Wassersport treiben oder sich ganz einfach mit dem Ausflugsschiff MS Kemnade herumfahren lassen. Empfehlenswert ist auch eine Schifffahrt Richtung Witten mit MS Schwalbe. (Willst du mehr wissen über Schifffahrten auf den Gewässern im Ruhrgebiet, klick hier.)
Das Ruhrtal ist idyllisch grün und man fragt sich, warum die Industrieregion nach diesem Fluss benannt wird, der mit der Schwerindustrie so rein gar nichts zu tun hat.
Hier an der Ruhr lag die Kohle unmittelbar unter der Erdoberfläche und wurde auf dem Fluss abtransportiert. Wir erinnern uns an das Muttental, das nur wenige Kilometer flussaufwärts vom Kemnader See entfernt ist. Da die Kohleschichten im nördlichen Ruhrgebiet deutlich tiefer liegen, hat sich die Industrie allmählich Richtung Norden verschoben. Die Ruhr im Süden ist heute ein idyllischer Fluss, übrigens einer der saubersten Deutschlands.
Insgesamt ist der Fluss fünfmal gestaut zwischen Hagen und Essen. Es gibt den Hengsteysee zwischen Hagen, Herdecke und Dortmund, den Harkortsee zwischen Hagen, Wetter und Herdecke, den Kemnader See zwischen Bochum und Witten, den Baldeneysee und den Kettwiger See im Essener Süden.
Currywurst und Co.
Schon wieder geht es um die Wurst. Für Fans dieses Gerichts ist das Ruhrgebiet die perfekte Anlaufstelle. Es gibt sogar einen Führer zu den besten Pommesbuden im Pott. Etliche Wurstbratereien haben Tradition seit Generationen. Die Soßen für die Wurst werden in den Familienbetrieben selbst hergestellt nach geheimen Rezepturen.
Manche Kultbuden sind sehenswerte Orte, liebevoll eingerichet und es schmeckt einfach gut. Besonders empfehlenswert ist die Dönninghaus Currywurst, die man im "Bratwursthaus" im Bochumer Bermuda3eck bekommt, aber auch der "Profi-Grill" in Wattenscheid, der von dem ehemaligen Sterne-Koch Raimund Ostendorp geführt wird, verwöhnt mit seinen kulinarischen Spezialitäten aus der Pommes-Welt. Die Bude "Zum Xaver" in Essen ist die zweitälteste Deutschlands, wie eine Recherche des Bayrischen Rundfunks ergab. Sie existiert schon seit 1957 und wird von Generation zu Generation weitervererbt. Beim Currywurst-Check von RTL holte Xaver die Krone für die beste Currywurst NRWs.
Kult-Imbissbude Zum Xaver, Essen Holsterhausen
Schrebergärten
Im Ruhrgebiet müsste man eigentlich in einem Haus in einer ehemaligen Zechensiedlung wohnen, wenn man's denn authentisch und klischeehaft liebt.
Wenn man aber in einer Wohnung lebt, ist der Schrebergarten eine optimale Möglichkeit, um Naherholung und Grün zu haben. Schrebergärten gehören zum Ruhrgebiet einfach dazu.
Sie sind mittlerweile wieder kultig und wenn es nicht spießig, sondern entspannt zugeht, widerlegen sie die Klischeevorstellungen, die man im Allgemeinen davon hat. Sie sind eine gute Alternative zum Garten vor dem Haus und wie ein Kurzurlaub mit Distanz vom Zuhause.
Schrebergärten sind Ökonischen mit Igeln, Fledermäusen, Hornissen, Glühwürmchen, Rosenkäfern und nachts hört man den Waldkauz - mitten in der Stadt!
Schrebergärten haben Tradition, auch bei der Bepflanzung; man findet Levkoyen, Pfingstrosen, Rittersporn, Geißblatt, Kamelien, Rhabarber, Stachelbeeren, Waldmeister, Liebstöckel und vieles mehr - Pflanzen und Blumen, deren Namen wie aus längst vergangenen Zeiten klingen. Im Schrebergarten haben sie irgendwie überlebt und sie erstaunen den modernen Menschen mit ihrer Üppigkeit, erinnern an Bauerngärten oder englische Staudenrabatten.
Über die Gartengrenze hinaus schweift der Blick in benachbarte Gärten, so dass man weit ins Grüne und in ein Blütenmeer blickt, Kiesgärten mit Granitstelen sind hier tabu, aber sie würde auch keiner wollen.
Die Anlage, in der mein Schrebergarten liegt, ist nur wenige Gehminuten von der Innenstadt entfernt, man hört Kirchenglocken aus mehreren Richtungen, das Aufraunen der Fans vom Stadion, wenn der VfL spielt, der zum Glück wieder in der 1. Liga angekommen ist, und in den Abend- und Morgenstunden klingt der melodische Gesang von Amseln und Singdrosseln aus dem Park neben der Gartenanlage herüber.
Was sonst noch geht in Bochum
Café Ferdinand, Kult-Café seit den 80ern in der Ferdinandstraße
Tante Yurgan's Café, Castroper Straße
Halde Rheinelbe, Gelsenkirchen
Bochum lassen wir hinter uns und fahren gleich weiter ins benachbarte, nördlich liegende Gelsenkirchen.
Die Lieblichkeit grüner, waldreicher Täler und Ruhrauen im Süden ist im Norden weit weg. Dafür gibt es hier wieder Halden, diesmal die Rheinelbe. Die Skulptur auf ihr wirkt wie eine Art Thron, eine heilige Stätte
lateinamerikanischer Kulturen.
Halde Rheinelbe, Gelsenkirchen
Essen
Von der Rheinelbe führt der Weg nach Essen, eine der Metropolen an der Ruhr. Essen hat alles, was eine Großstadt braucht: Eine ziemlich große Universität, Bischofssitz, Opernhaus, Schauspielhaus, Sinfonieorchester, gute medizinische Einrichtungen usw.
Hier wurde die Firma Krupp gegründet und hier befindet sich seit ein paar Jahren wieder ihr Headquarter auf dem ehemaligen Krupp Werksgelände.
Im Norden der Stadt liegt das Weltkulturerbe Zollverein, im Süden die malerische Gartenstadtsiedlung Margarethenhöhe. Das Folkwangmuseum ist Ausdruck unternehmerischer Kunstsammlertätigkeit, auch wenn die Geschichte der Essener Kunstsammlung eigentlich nach Hagen führt. Dazu später mehr.
Zeche Zollverein, Essen
Das Stammhaus der Familie Krupp
Das kleine Fachwerkhaus aus dem Jahr 1811 war der Wohnsitz der Familie Krupp, bis sie auf dem Firmengelände in ein repräsentativeres Haus umzog und dann endgültig 1873 in die Villa Hügel.
Ursprünglich war das Fachwerkhaus ein Aufseherhaus, das von der Familie bezogen werden musste, da es dem Unternehmen wirtschaftlich im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts nicht gut ging. Die kleine Firma wurde zu dem Zeitpunkt von Friedrich Krupp, dem Firmengründer, geleitet. Erst seinem Sohn Alfred gelang es, das Unternehmen zum damals größten Industrieunternehmen Europas auszubauen. Der Erfolg stellte sich ein, als Alfred Krupp die Erfindung des nahtlosen Eisenbahnrads patentieren ließ, er verkaufte diese Räder jahrzehntelang an alle nordamerikanischen Eisenbahnunternehmen, wodurch die Firma enorm wuchs. Der Vorteil von nahtlosen Eisenbahnrädern lag darin, dass es keine geschweißte Nahtstelle mehr gab. Zuvor wurde längliches Metall zu einem Ring gebogen und die beiden Enden zusammengeschweißt, was zu häufigen Brüchen an der Naht führte. Eben das konnte Krupp verhindern, indem er das Rad aus einem Stück fertigte. Das Krupp-Firmenlogo, die drei Ringe, sind auf die nahtlosen Eisenbahnräder zurückzuführen.
Das heutige Stammhaus ist eine Rekonstruktion aus den 60er Jahren, da . das ursprüngliche Haus im Krieg zerstört wurde. Der Nachbau wurde 2010 und 2011 renoviert. Dafür wurden Tapeten nach alten Fotos nachgebildet, Stromkabel über die Tapeten verlegt, originale Lampen aufgehängt, der Schreibtisch nachgebildet und der Originalstuhl hineingestellt, auf dem Friedrich Alfred Krupp, der Enkel des Gründers Friedrich tatsächlich saß.
Das kleine Haus steht heute auf dem Thyssenkrupp-Headquartergelände.
Thyssenkrupp, Unternehmenszentrale
Die Unternehmenszentrale des Konzerns liegt auf dem ehemaligen Werksgelände der Firma westlich der Essener Innenstadt. Das Areal hatte die mehrfache Größe der Essener City. Erst seit kurzem ist die Zentrale an den Ort zurückgekehrt, wo die Anfänge des Unternehmens lagen. Der Baubeginn des Komplexes war 2008, bis dahin war die Konzernzentrale in Düsseldorf im Dreischeibenhochhaus untergebracht.
Das Hauptquartier ist eine Ansiedlung mehrerer Gebäude mit dazwischenliegenden Grünflächen, Plätzen und Verbindungswegen.
Wenn man die Villa der Familie Krupp besucht und mit dem Auto kommt, führt eine gewundene Straße durch einen weitläufigen, englischen Landschaftsgarten mit altem Baumbestand zu dem schlossartigen Gebäude.
Man kann auch mit der Bahn anreisen. Eigens dafür wurde die Haltestelle Essen Bredeney angelegt, damit Staatsgästen der Anfahrtsweg über Werden oder Essen erspart blieb. 1890 wurde die Haltestelle mit dem Besuch des Kaisers eingeweiht. Die Kosten für die Haltestelle trug die Familie Krupp. Der Bahnhof sollte aber auch Ausflüglern ins Ruhrtal dienen. Heute hat die Haltestelle den Namen "Hügel" und bietet eine gute Möglichkeit in kurzer Zeit vom Essener Hauptbahnhof zur Villa oder zum Baldeneysee zu gelangen.
Die Villa war das Wohnhaus der Familie Krupp. Der Bauherr war Alfred Krupp, der zweite in der Unternehmensgeschichte, unter dessen Leitung die Firma ihren starken Aufstieg zu Europas größtem Unternehmen erreichte.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert war es noch üblich, dass Unternehmer auf dem Werksgelände wohnten, die Familie Krupp wählte den abgelegenen Platz oberhalb des Ruhrtals erst, nachdem Bevollmächtigte in der Firma eingesetzt worden waren und die Familie nur noch unternehmensstrategische Dinge entschied, für die man nicht vor Ort sein musste.
1869 wurde mit dem Bau der Residenz begonnen. Zu diesem Zeitpunkt war der Fluss noch nicht zum Baldeneysee gestaut.
Insgesamt bewohnten vier Generationen die Villa: 1. der Bauherr Albrecht, 2. sein Sohn Friedrich Albrecht und dessen Frau Margarethe, 3. seine Enkelin Bertha Krupp von Bohlen und Halbach und deren Mann Gustav von Bohlen und Halbach und 4. der Urenkel Alfried Krupp von Bohlen und Halbach bis 1945. Nach Kriegsende wurde die Villa von amerikanischen Truppen beschlagnahmt,
1952 ging das Gebäude an die Familie zurück, die es 1953 für die Öffentlichkeit öffnete. Der Ururenkel Arndt von Bohlen und Halbach war alleiniger Erbe, konnte aber von Berthod Beitz, dem Generalbevollmächtigten von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach dazu bewegt werden, auf sein Erbe zu verzichten. Das gesamte Vermögen ging in die gemeinnützige Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung ein, die seit 1968 tätig ist und philanthropische Ziele verfolgt. Diese Stiftung ist heutige Eigentümerin des Hauses, hat dort auch ihren Sitz und das
Gebäude ist Ort vielfältiger Kulturveranstaltungen.
Der Name "Krupp von Bohlen und Halbach" entstand, weil Bertha Krupp einen "von Bohlen und Halbach" heiratete. Es war durch kaiserliche Genehmigung erlaubt, diese beiden Namen zu kombinieren, aber nur so lange dieser Familienname mit der Unternehmensgeschichte verbunden war. Arndt von Bohlen und Halbach musste den Namen Krupp ablegen, da er mit dem Unternehmen nichts mehr zu tun hatte. Er war vom Arbeiten nicht sonderlich begeistert, wie sein Zitat belegt: "Arbeiten? Das hat mir gerade noch gefehlt".
Tetraeder, Bottrop
Landschaftspark Duisburg-Nord
Der Hohenhof in Hagen
Der Hohenhof zählt zu den architekturgeschichtlich bedeutenden Gebäuden Europas. Er wurde von dem Architekten Henry van de Velde in den Jahren 1906-1908 für den Unternehmer, Kunstmäzen und Kulturreformer Karl Ernst Osthaus gebaut. Das Gebäude ist einJugendstil-Gesamtkunstwerk, in dem alle Details aufeinander abgestimmt sind.
Karl Ernst Osthaus war als Sohn eines Bankiers finanziell so ausgestattet, dass er seine Visionen von einer kulturreformerischen Gestaltung der Umwelt teilweise verwirklichen konnte. Er starb schon mit 46, so dass seine Ideen nicht mehr vollendet werden konnten. Ihm schwebte eine Künstlerkolonie wie die Mathildenhöhe in Darmstadt vor. Für seine Architekturprojekte konnte er namhafte Baumeister wie Peter Behrens, Bruno Taut und Walter Gropius gewinnen. Obwohl nicht alle Pläne umgesetzt wurden, kann man in Hagen eine Menge dieses Hagener Impulses besichtigen, angefangen vom Zentrum der Visionen, dem Hohenhof, über die nebenan gelegene Straße "Stirnband" mit Häusern von Johannes L.M. Lauwericks, der Villa Cuno von Peter Behrens und den Häusern der Architekten-Gebrüder Ludwigs (Goldene Pforte 2, Lohest. 3, Haßleyer Str. 10 und 14, Eppenhauser Str. 136 und 151-155) bis zur Fassade des Schauspielhauses mit Skulpturen der Bildhauerin Milly Steger und den Glasfenstern von Thorn Prikker im Hauptbahnhof. Nicht zu vergessen ist natürlich das Osthaus-Museum, dessen Innenausstattung ebenfalls von Henry van de Verde gestaltet wurde.
Dieses Museum war das erste Museum für Zeitgenössische Kunst überhaupt. Osthaus sammelte moderne Kunst, darunter van Gogh, Renoir, Gauguin und er organisierte Ausstellungen wie die Brücke-Ausstellung von 1907. Er hielt engen Kontakt zu den Künstlern Kirchner und Nolde.
Die gesamte Sammlung wurde von den Erben nach Osthaus' frühem Tod im Jahr 1921an die Stadt Essen verkauft, wo sie heute als Museum Folkwang eine der bedeutendsten Sammlungen moderner Kunst in Deutschland darstellt.
Der Name Folkwang zieht sich durch das Schaffen von Osthaus wie ein roter Faden und ist heutzutage mit der Stadt Essen verbunden, man denke nur an die Folkwang-Hochschule.
Osthaus hatte 1919 in Hagen den Folkwang-Verlag gegründet, in dem Bildbände über Kunst, Architektur, Tanz, Fotografie und außereuropäische Kunst verlegt wurden mit dem Ziel, Kunst jedermann zugänglich zu machen und damit das Kulturverständnis und die Bildung der Arbeiter zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu erhöhen. Heutzutage, im Zeitalter des Internets, wo man zu allen Informationen und vor allem Bildmaterial leichten Zugang hat, wirkt dieses Anliegen der Bildung- und Kunstvermittlung durch hochwertige Bildbände anachronistisch, aber in damaliger Zeit war es das adäquate Medium.
Ferdinand Hodler, "Der Auserwählte", 1903. Dieses Gemälde des Schweizer Jugendstilkünstlers hängt in der Empfangshalle neben dem Vestibül des Hohenhofs.
Das Treppenhaus des Hohenhofs
Detail einer Heizkörperverkleidung
Das Arbeitszimmer von Karl Ernst Osthaus. Die Decke und die Wände wurden gestaltet mit einer Schablonenmalerei von Thorn Prikker.
Die Häuser am Stirnband
Es geht noch weiter
demnächst ...