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  • Harbin, einer der kältesten Orte Chinas und ein Stück sino-russische Geschichte

    In Harbin, ganz oben im Norden Chinas ist im Winter viel los: Alljährlich lockt das größte internationale Winterfestival der Welt mit gigantischen Schnee- und Eisskulpturen. Russische Kultur ist allgegenwärtig und lässt einen manchmal vergessen, dass man in China ist. Außerdem leben in der nördlichsten chinesischen Provinz Heilongjiang sibirische Tiger - sogar in freier Wildbahn. Es ist kalt in Harbin, sehr kalt, und man muss sich auf diese Reise vorbereiten, denn minus 25 Grad sind Normalität, minus 15 Grad könnte man fast als mild bezeichnen. Man muss nicht unbedingt dicke Winterkleidung kaufen, wie sie die Bewohner Sibiriens im Winter stets tragen. Als Tourist braucht man sie nach dem Besuch Harbins nie wieder, aber einige warme Schichten Kleidung sind geboten. Außerdem sind die überall erhältlichen Wärmepads  besonders hilfreich. Man klebt sie auf die Unterwäsche, wo sie über zwölf Stunden angenehm warm halten. Damit kann man von morgens bis abends im Freien bleiben, ohne zu frieren, den ganzen Tag die klare, frische Luft genießen und die Schönheit des Winters bewundern, die hier gefeiert wird, wie nirgends sonst. Harbin zelebriert den Kult um eisige Kälte und Schnee, strahlendes Weiß und blauen Himmel bei Sonnenschein. Selbstklebende Wärmepads, die man auf der Unterwäsche anbringen kann. Sie sind mit einem Pulver gefüllt, das Wärme erzeugt. Angst vor Verbrennungen muss man nicht haben, es wird nicht heiß. Damit kann man es sehr gut bei minus 20 Grad aushalten. Das morgendliche Anziehen dauert seine Zeit, man legt Schicht über Schicht, klebt die Wärmepads auf empfindliche Punkte, (Tipp: Auch unter die Fußsohlen, aber von außen auf die Socken jeweils ein Pad. Es hilft Wunder.) Ich trug acht Schichten: Unterhemd, Thermo-Unterwäsche, zwei langärmelige Oberteile, darüber Flanellhemd, Sweatshirt, Pullover, eine dünne Jacke und darüber eine Winterjacke, an den Beinen zwei lange Unterhosen, eine davon mit Thermoqualität, dazu die Pads, darüber eine Jeans, das reicht. Wenn man damit abends in ein gut geheiztes Restaurant geht, um ein Barbecue, die typische Spezialität der Provinz Heilongjiang, zu genießen, ist es angenehm warm und wird nicht zur Hitzequal. Überhaupt empfhielt es sich, den Tag nach langem Aufenthalt in der eisigen Wintermärchenwelt abends wohlig im Restaurant bei einem Harbin-Bier und leckeren, gegrillten Köstlichkeiten ausklingen zu lassen. ©CC-BY-SA https://de.wikipedia.org/wiki/Transsibirische_Eisenbahn#/media/Datei:Karte_Transsibirische_Eisenbahn_2.svg Der Bau der transsibirischen Eisenbahn Zu den Eigentümlichkeiten Harbins gehört, dass die Stadt vollkommen russisch wirkt. Der Amur, Grenzfluss zwischen Russland und China, heißt auf chinesisch Heilongjiang und nach ihm ist auch die nördlichste chinesische Provinz benannt. Harbin ist deren Hauptstadt. Die Stadt ist jung für chinesische Verhältnisse, wo man das Zählen in Jahrtausenden gewohnt ist. Sie wurde 1889 als Haltepunkt an der Transsibirischen Eisenbahn errichtet, die ab den 1870er Jahren vom zaristischen Russland gebaut wurde, um Sibirien zu erschließen, die dortigen Bodenschätze besser abtransportieren zu können und den Handel mit China zu beleben. Die erste Lok, die in Harbin ankam, steht im Zentrum der Altstadt. Die Bedeutung von Bahnstrecken ist im heutigen Bewusstsein verschwunden. Sowohl die Erschließung des Wilden Westens in Amerika als auch Sibiriens wären ohne den Bau großer, transkontinentaler Eisenbahnstrecken nicht möglich gewesen. Die Mandschurei unter russischer Kontrolle Mitte des 19. Jahrhhunderts hatte Großbritannien China durch die Opiumkriege unter Kontrolle gebracht und gezwungen, die benachteiligenden "Ungleichen Verträge" bedingungslos zu akzeptieren. Die nachfolgenden Zeiten, die in China als "Jahrhundert der Demütigung" bezeichnet werden, und erst durch den Sieg der Kommunisten 1949 beendet wurden, sollte bei der Betrachtung der Beziehungen Chinas zu den westlichen Staaten nicht außer Acht gelassen werden. Diese Zeit ist im heutigen chinesischen Bewusstsein sehr lebendig und prägt das von Vorsicht und weniger von Vertrauen geprägte Verhältnis Chinas zu Europa. Auf europäischer Seite sind diese Ereignisse im allgemeinen Bewusstsein so gut wie vergessen, was vielleicht zu mancher Fehleinschätzungen der Beziehungen zu China führen kann. An der Ausbeutung Chinas beteiligte sich auch Russland und erlangte die Kontrolle über die Mandschurei. Die Strecke der Transsibirischen Eisenbahn verlief zwischen den russischen Städten Tschita und Wladiwostok über die beiden chinesischen Provinzen Innere Mongolei und Mandschurei. Harbin wurde gegründet und von dort führte eine weitere Eisenbahnstrecke zum eisfreien Hafen Dalian ans Gelbe Meer im Süden. Diese beiden Bahnstrecken, die auf der Landkarte die Form eines T's bilden, bezeichnet man auch als Ostchinesische oder Transmandschurische Eisenbahn. Die Altstadt Harbins ist von russischer Architektur geprägt: Souvenirläden, Restaurants, Teesalons. Kyrillische Aufschriften lassen einen vielerorts teilweise fast vergessen, dass man in China ist. Typisch russisches Interieur: Säulen, viel Gold, wuchtige Kronleuchter etc. Russlands Vorstellung von europäischer Hochkultur, an der man sich seit Zar Peter dem Großen orientierte. Ein bisschen plüschig, Samt und geraffte Gardinen gehörten auch zur vorrevolutionären russischen Kultur. Früchte mit Zuckerguss, eine Leckerei aus Peking, die sich aber erfolgreich in ganz China durchgesetzt hat. Besonders gut schmecken Weißdorbeeren - wie ein säuerlicher, grüner Apfel. Dazu die knusprige Zuckerglasur - perfekt. Trubotschki, ein Gebäck, das auf Holz aufgewickelt und dann über dem Grill gebacken wird. Anschließend wird es mit Eis oder Sahne gefüllt. Russische Schokolade - härter als gewohnt, schmeckt aber gut. Jede Menge russische Souvenirs, hier die Matrjoschka. Auch Nussknacker werden massenweise angeboten. Man hält sie für russisches Kulturerbe, obwohl ihre heutige figürliche Form als Förster, Gendarm, Husar oder König 1870 im Erzgebirge von dem Kunsthandwerker Friedrich Wilhelm Füchtner erfunden wurde. Die orthodoxe Sophienkathedrale wurde 1907 gebaut. Mit der Übernahme der Macht durch die Kommunisten 1949 wurden sämtliche christliche Missionierungsversuche in China beendet und die Kathedrale geschlossen. Um ein Haar wäre sie in der Kulturrevolution zerstört worden, wenn sie nicht als Warenlager für eine nahegelegenes Kaufhaus gedient hätte. Erst in den 1990er Jahren wurde die Kirche restauriert, die Bäume, die bereits aus ihrem Dach wuchsen, entfernt und die zugemauerten Fenster wieder geöffnet. Heute ist die Kirche ein Denkmal. Blick in die Kuppel der Sophienkathedrale Der Bezirk Lao Dao Wei Russische Beschilderungen verweisen heute noch auf die Geschichte der Stadt, wie hier im Bezirk Lao Dao Wei, der im Stil des sogenannten chinesischen Barock errichtet wurde und in den letzten Jahren touristisch herausgeputzt wurde. Alte Kontore, Geschäfts- und Wohnhäuser aus Ziegelsteinen vermitteln das Gefühl einer Zeitreise. Angenehm, dass sich hier wenige westliche Ketten niedergelassen haben. Hauptsächlich gibt es chinesische Geschäfte, Restaurants und Cafés, Bäckereien, Souvenir- und Antiquitätenläden. Man flaniert durch Straßen, entdeckt dahinterliegende Höfe mit umlaufenden Emporen, einem kleinen Museum und etlichem mehr. Typische russische Alltagsgegenstände wie ein Samowar. Russen lieben Tee, der übrigens aus China kam - der sogenannte russische Tee, auch Karawanentee genannt, mit dunkelroter Farbe und einem leicht rauchigen Geschmack. Der Tee wurde früher in rechteckige Quader gepresst, sogenannte Ziegel, die auch zur Bezeichnung "Ziegeltee" führten, so das man ihn auf dem Rücken von Pferden besser transportieren konnte. Der rauchige Geschmack soll angeblich von den Lagerfeuern stammen, die in Vorzeiten nachts beim Transport auf der Tee-Pferde-Route gemacht wurden und deren Rauch dann in den neben den Lagerfeuern abgestellten Ziegeltee eingezogen sein soll. Außerdem soll die Wärme auf dem Rücken der Pferde zur Reifung des Tees beigetragen haben. Ziegeltee wird überall in Harbin verkauft. Er sieht nicht aus wie Tee, weil er so dicht gepresst wird, dass man Stücke von dem Block abbröckeln muss, die man im Mörser zerkleinert, um anschließend mit dem Pulver Tee aufzugießen. Ein typisches Bett in Nordchina. Auffällig ist der gemauerte Sockel, darunter befindet sich eine Feuerstelle. Nordchinesische Schlafstätten wurden beheizt. Im Winter können die Temperaturen nachts auf minus 40 Grad fallen. Ein Stadtplan der alten russischen Stadt Mit den Russen kam auch die jüdische Kultur in den fernen Nordosten Asiens, nach Sibirien und in die Mandschurei. Litauen im weit entfernten Europa hatte einst die Juden ins Land geholt und war im Mittelalter eines der größten Reiche Europas. Später, nachdem Litauen extrem viel Territorium verloren hatte, lebten ehemals litauische Juden in der Ukraine, Russland, Weißrussland, Polen usw. - das osteuropäische Judentum, die Ashkenasim. Das Restaurant Lao Zhang Baizi war früher staatlich, jetzt ist es privat. Durch seine große Beliebtheit ist es immer voll, aber Wartezeiten sind in China immer erträglich, meistens bekommt man schon nach zehn Minuten einen Platz. Eigenartig für Europäer, dass Chinesen beim Essen oft ihre Jacke nicht ausziehen. Auch die Essmanieren sind teilweise sehr anders als bei uns. Der Brottrunk - nicht nur bei uns im Reformhaus erhältlich, sondern auch in der Mandschurei. Russland lässt grüßen. Nach Deutschland kam er übrigens erst nach dem 2. Weltkrieg. Deutsche Kriegsgefangene brachten die Idee der Brotfermentierung aus sowjetischer Kriegsgefangenenschaft mit. Die Umgebung dieses Distrikts ist noch sehr ursprünglich, ebenfalls mit russischer Bebauung, die teilweise etwas heruntergekommen ist, was den Häusern einen gewissen morbiden Charme verleiht. Das internationale Schnee- und Eisfestival Jedes Jahr erfolgt der offizielle Festival-Startschuss am 5. Januar. Es ist ein Festtag, zu dem die ganze Stadt frei bekommt. Man kann aber schon weitaus vorher die Eiswelten genießen und bestaunen. Die folgenden Aufnahmen aus dem Jahr 2023 entstanden alle schon um Weihnachten. Der Aufbau der gesamten Skulpturen und Bauwerke beginnt Wochen vor dem offiziellen Start, so dass Ende Dezember schon vieles bereit ist und man kaum bemerkt, dass noch nicht alles in Gänze fertig gestellt wurde. Insgesamt gibt es bei diesem Festival mehrere große Bereiche, die über die Stadt verteilt sind. Die Schneeskulpturen werden auf der Sun Island im Fluss errichtet, die Ice and Snow World befindet sich auf dem zugefrorerenen Songhua Fluss, das Eislaternenfest im Zhaolin-Park. Darüber hinaus gibt es auch in der Altstadt massenweise Eisskulpturen und Schneefiguren. Es wird so viel geboten, dass man mindestens ein Wochenende in der winterlichen Stadt verbringen kann. Da Harbin nicht gerade um die Ecke liegt und die Anreise einige Zeit in Anspruch nimmt, sind drei Tage für den Wintertrip angemessen. Tigerwelt in Harbin Der sibirische Tiger lebt im Norden Chinas, Russlands und Nordkoreas. Der wilde Bestand ist stark bedroht, weshalb es diese Tigerfarm gibt, in der 800 Tiger leben, deren Tiere ausgewildert werden, darunter auch der weiße Tiger, der als besonders gefährlich gilt und deshalb in einem gesonderten Gehege lebt, während seine Artgenossen relativ frei in sehr weitläufigen Arealen herumlaufen. Die Fahrt in das Gebiet war wie im Film Jurassic Park. Torschleusen schließen und öffnen sich automatisch. Niemals sind beide Tore geöffnet. Und dann geht es hinein in die Welt der Raubkatzen, in deren Beuteraster auch Menschen fallen. Die Fenster der Busse sind doppelt vergittert, die Reifen ebenfalls, so dass die Tiger sich nicht nicht daran abarbeiten können. Sibirische Tiger lieben Kälte und Schnee. Völlig entspannt verbringen sie den gesamten Tag draußen bei sehr weit unter dem Gefrierpunkt liegenden Temperaturen. Die extreme Kälte scheint ihnen überhaupt nichts auszumachen. Im Gegenteil, sie freuen sich anscheinend über den Schnee und tollen darin herum. Die Katzen kommen direkt an den Bus heran, weil sie wissen, dass sie von den Touristen gefüttert werden, die Fleischstücke mit Zangen durch die doppelte Vergitterung halten. Die Tiere strecken sich nach oben und halten sich mit ihren Vorderpranken direkt am Gitter fest. Dabei kann man aus nur ca. 30 Zentimetern in den Schlund der riesigen Katzen blicken, deren Atem in der eisigen Luft kondensiert. Es ist beeindruckend.

  • Qingdao - deutsche Spuren in China

    Qingdao liegt an der Küste der Provinz Shandong am Gelben Meer, also relativ nördlich in China. Im Winter kann es schneien, die Sommer aber sind sehr warm mit mediterranem Klima. Winterstimmung in Qingdao Malerische Küstenlandschaften, Bier und Architektur aus der Kolonialzeit sind die bekanntesten Merkmale der Stadt, deren Geschichte eng mit dem Einfluss des Deutschen Kaiserreichs im späten 19. Jahrhundert verbunden ist. 1898 wurden die Stadt und ihre Umgebung vom Deutschen Reich gepachtet und dienten als Marinestützpunkt und Handelshafen. Während dieser Zeit wurde aus dem Fischerdorf eine Stadt, die von den damals in Deutschland beliebten Architekturstilen, der Gründerzeit, geprägt wurde. Auch das Bier kam während dieser Zeit in die Stadt. Die Tsi ngtao-Brauerei wurde 1903 von deutschen Braumeistern gegründet, ist heute die zweitgrößte Brauerei Chinas und eine der größten weltweit. Gebraut wird nach deutschem Reinheitsgebot. Außerdem findet in Qingdao das Internationale Bierfestival statt, das jedes Jahr Besucher aus der ganzen Welt anzieht. St.-Michael-Kirche Qingdao - eine Stadt aus dem Kaiserreich In den wenigen Jahren von 1898 bis 2014 wurde unter der Leitung der Deutschen eine Menge gebaut. Das historisch e Qingdao besteht nicht nur aus wenigen Straßen, sondern hat die Ausmaße einer Kleinstadt. Die Bebauung erinnert an Elberfeld, das bis 1929 eine eigenständige Stadt war und danach als Stadtteil in der damals neu gegründeten Stadt Wuppertal aufging, wobei ich zugeben muss, dass mir die Ähnlichkeit zwischen beiden Städten besonders ins Auge fiel, weil ich Elberfelder bin. Ähnliche Villenviertel und Gründerzeitbebauung gibt es auch in Bonn, Aachen, Wiesbaden usw. , aber der Ver gleich mit Elberfeld kommt auch durch die hügelige Topographie zustande, Straßen sind nicht selten durch Treppen miteinander verbunden, Villen wirken wie in die Hänge eingestreut und sind von altem Baumbestand umgeben. Auch die Ausmaße Qingdaos erinnern an das kaiserliche Elberfeld. Man kann durch beide Städte stundenlang und kilometerweit laufen und dabei hügelauf, hügelab die damalige Wohnkultur anschauen. Wilhelminische Villen in Qingdao. Könnten auch in Wuppertal Elberfeld stehen. Treppen führen mancherorts nach oben in schöne Wohnviertel. Von mancher Villa hat man traumhafte Aussichten auf das Meer, Buchten, Inseln und Strände. Villen ziehen sich die Hügel hinauf und ermöglichen schöne Aussichten auf das Meer. Anfang April sind die Bäume noch unbelaubt. Das gibt den Blick auf die Architektur frei, andererseits sieht es mit grünen Bäumen noch hübscher aus. Die Qingdaoer sagen, der Farbklang ihrer Stadt bestehe aus roten Dächern, grünen Bäumen und blauem Meer. Die Stadt pflegt ihr historisches Erbe, etliche ehemals öffentliche Gebäude sind mit originaler Inneneinrichtung komplett erhalten und heute als Museen zugänglich. Neue Gebäude werden dem alten Stil angepasst, um den Charakter der Stadt zu erhalten. Das moderne Qingdao Man kann bei den historischen Rückblicken glatt vergessen, dass man sich in einer ziemlich prosperierenden, modernen Stadt aufhält. Qingdaos Hafen ist wichtig und rangiert unter den Top Ten der verkehrsreichsten Häfen der Welt. Häufig fahren ziemlich gigantische Containerschiffe durch die Bucht, was beeindruckend aussieht. Eine der längste Brücken der Welt, die Jiaozhou-Brücke mit einer Länge von 42,5 Kilometern, überquert die Bucht, und verbindet die Städte Qingdao und Huangdao auf beiden Seiten der Bucht. In der Küstenstadt sind Unternehmen beheimatet wie Haier, Hisense, CRRC Qingdao Sifang und Tsingtao Brewery. Auch Informationstechnologien der nächsten Generation, Hochgeschwindigkeitszüge, Elektromobilität, Biomedizin, Industrierobotertechnik und Meeresforschung haben sich in der Stadt angesiedelt. Qingdao gilt als sauber und lebenswert. Eine enge wirtschaftliche und kulturelle Beziehung zu Deutschland wird gepflegt, auch wenn koloniale Zeiten nicht immer ruhmreich waren. Die Zeit, als Qingdao Pachtgebiet war Qingdao und das umgebende Kiautschou-Gebiet waren seit 1898 deutsches Pachtgebiet. Es flossen jährlich 5 Millionen Reichsmark Pacht an China, damit die Deutschen dort siedeln, handeln und einen militärischen Stützpunkt einrichten konnten. Den Status einer Kolonie, bei der ein erobertes Gebiet Teil des Staatsgebiets der Kolonialmacht wird, hatte Qingdao demnach nicht. Zu dem Pachtvertrag kam es nicht freiwillig, sondern durch militärische Intervention, nachdem zwei deutsche Missionare von einer chinesischen antichristlichen Bewegung ermordet worden waren. China wurde gezwungen, den 99 Jahre dauernden Pachtvertrag zu unterzeichnen, mit dem das Pachtgebiet Kiautschou, zu dem auch Tsingtau gehörte, an Deutschland abgetreten werden musste. Der Erste Weltkrieg kam, China erklärte Deutschland den Krieg in der Hoffnung, dass es dieses Gebiet zurück bekommen würde. Japan besetzte die Region 1914 und bei den Verhandlungen zum Versailler Vertrag ging China trotz seines Engagements leer aus. Das Gebiet blieb in japanischer Hand. Rundgang durch das alte Qingdao Die St.-Michaels-Kirche wurde 1932 von deutschen Missionaren gebaut, auch wenn zu dieser Zeit bereits Japaner das Gebiet besetzt hielten. Heute ist die Kirche sowohl Sehenswürdigkeit als auch Ort der christlichen Gemeinde. In Qingdao läuten tatsächlich die Glocken, auch jeden Mittag um 12 Uhr - nicht nur von dieser Kirche. Direkt neben der Kirche, das Gebäude des ehemaligen Heilig-Geist-Konvents Von der Kirche geht es die kopfsteingepflasterte Straße hinunter zur Zhongshan Lu, der Hauptstraße der ehemaligen - sagen wir der Einfachheit halber - Kolonie. Die Zhongshan Lu führt direkt ans Meer und wird von einigen historischen Gebäuden gesäumt. Zum Beispiel vom Deutschen Seemannsclub an der Ecke Zhongshan Lu/Hubei Lu. Er wurde 1901-1902 errichtet und war ein Vergnügungsort für deutsche Hauptfeldwebel und Matrosen. Heute ist darin ein Filmmuseum untergebracht. Der ehemalige Deutsche Seemannsclub, heute ein Kinomuseum Ein paar Meter weiter Richtung Meer befindet sich das Gebäude, in dem die Redaktion der ehemaligen Tsingtauer Neueste Nachrichten saß, der Tageszeitung für Tsingtau, wie die Stadt damals offiziell hieß. Das Gebäude der ehemaligen Tsingtauer Neueste Nachrichten Rechts das Backsteingebäude, in dem die Redaktion der Tsingtauer Neueste Nachrichten untergebracht war. Ein paar Meter weiter erreicht man das Meer. Das letzte Haus vor der Promenade und den Landungsbrücken, Zhongshan Lu No. 1, ist der ehemalige Tsingtao Club, der 1903 eröffnet wurde. Damals hatte das Gebäude die Adresse Friedrichstraße No. 1, die Straße am Meer hieß Kaiser-Wilhelm-Ufer. Damals der Tsingtau-Club, heute der Tsingtao-Club Historische Aufnahme der Landungsbrücke, im Hintergrund ist wieder der Tsingtau-Club zu sehen. Heute beherbergt der Club ein Museum und Innen- wie auch Außengastronomie mit Biergarten. Im Eintrittspreis für den Club ist ein Tsingtao-Bier inbegriffen. Das gibt's in Capri-Sonne-Verpackung, die man sich mit einem Band um den Hals hängen kann, damit man es jederzeit griffbereit hat. Bier spielt in dieser Stadt eine herausragende Rolle. Man trinkt es schon mittags, vielleicht auch schon vormittags und hat dadurch ständig einen leicht erhöhten Alkoholpegel. Es gibt Bier in vielen verschiedenen Geschmacksvarianten: Grapefruit, Passionsfrucht, Erdbeere. Lecker und erfrischend ist das, mit einer süß-säuerlichen Note. "Was darf's sein?" Zwanzig leckere Bier-Varianten zur Auswahl. Vom Tsingtao-Club geht es direkt an die Promenade mit schönen, parkähnlichen Grünlagen. Die Uferstraße wird gesäumt von Hotels aus der Kaiserzeit und direkt daran schließt der Strand an, auf dem sich zu Ferienzeiten die Familien tummeln. Wer richtig Strandleben will mit Sonnenbaden und Strandsport muss ein paar Kilometer weitergehen. Dieser Stadtstrand ist eher dazu geeignet, mal die Füße ein bisschen ins Wasser zu halten. Der Pier, der sich an dieser Stelle ins Meer erstreckt, ist brechend voll in Ferienzeiten. Parallel zur Uferstraße verläuft die Guangxi Lu. Hier ist man immer noch mitten im Zentrum der ehemaligen Kolonie mit Gebäuden längst vergessener Handelsunternehmen und Niederlassungen. Neben diesem Viertel geht es auch schon allmählich bergan und die Handelsgebäude werden von Wohnhäusern abgelöst. Man kann durch die Hunan Lu, Mingshui Lu schlendern und sich einfach durch die Wohnviertel unterhalb des Guanhaishan Parks treiben lassen. Es ist alles fußläufig erreichbar und man hat den Eindruck, dass es sich in Tsingtau sehr geruhsam leben ließ, dörflich, stressfrei und doch international und mondän, zumindest in den Kreisen der Deutschen, deren Wohngebiete übrigens streng von den Chinesen getrennt waren . An der Yishui Lu findet man die unten abgebildete Gouverneurshalle, das Bürogebäude des Gouverneurs der Jiaozhou-Bucht. Das ehemalige Regierungsgebäude mit  einer Gesamtfläche von 7.500 Quadratmetern wurde zwischen 1904 und 1906 von dem deutschen Architekten Mahlke erbaut. Im Laufe der Jahre wurde das Gebäude von verschiedenen Parteien, den Japanern und heute der Volksrepublik China genutzt. Im weiteren Verlauf der Yishui Lu stehen einige repräsentative Villen. Am Ende der Straße gelangt man zur evangelischen Kirche Tsingtaos. Sie liegt malerisch auf einer Anhöhe zwischen den beiden Hügeln mit dem Guanhaishan Park und dem Xinhaoshan Park. Das Uhrwerk der Kirche wurde angefertigt von der Firma J.F. Weule aus Bockenem am Harz, die Turmuhren herstellte und Glocken goss. 1836 wurde die Firma gegründet und ihre Uhrwerke laufen weltweit in Argentinien, Brasilien, Qingdao, aber auch auf Borkum, in Quedlinburg, Goslar, Wernigerode und vielen anderen Orten. 1966 meldete die Firma Konkurs an. Ihre Uhrwerke laufen und ihre Glocken klingen immer noch. Von der evangelischen Kirche hat man diesen Blick auf die Häuser an der Yishui Lu ... ... und auch auf die Häuser an der Jiangsu Lu, die hinunter führt zum Meer. Es geht die Jiangsu Lu hinunter bis zur Taiping Lu, die am Meer entlang verläuft. Von dort geht es zum nächsten Hügel, auf dem der der Xiaoyushan Park mit seiner weithin sichtbaren Pagode liegt. Um dorthin zu gelangen, geht es durch das nächste Gründezeitviertel. Hübsche Straßen, einladende Gartencafés und wieder viel historische Architektur. Man kann sich teilweise nicht entscheiden, welche Route man beim Weg nach oben nehmen soll. Oben auf dem Hügel ist einiges los, es ist verlängertes Wochenende am Qingming-Fest, es ist voll, aber nicht unangnehm, die Stadt ist lebendig und jung. Von der Pagode geht es zum nebenan gelegenen Hügel mit dem Haus des Gouverneur. Der Weg dahin führt durch das nächste belebte, junge Viertel Das Haus des deutschen Gouverneurs Das große Anwesen liegt ebenfalls auf einem Hügel, umgeben von einem schönen Park mit Libanon-Zedern und Kiefern. Die Aussichten von der Villa sind grandios, vor allem die Loggia mit den Rundbogenarkaden bietet direkten Blick aufs Meer. Der Architekt Werner Lazarowicz gestaltete das Anwesen m it Mittelalterzitaten. Die Bossensteine mit den grob behauenen, bruchrauen Oberflächen erinnern an mittelalterliche Burgen. Das Gebäude entspricht darüberhinaus dem Grundgedanken des Funktionalismus, der zu malerischen Verschachtelungen im Baukörper führte. Dieser Funktionalismus war ein Grundgedanke in der Architektur des späten Kaiserreichs, der sich in der Gründung des Deutschen Werkbundes seine n Durchbruch bahnte. In der Mitte des Hauses liegt die große Halle, von der alle Räume erreichbar sind. Diese Bauauffassung hatte Hermann Muthesius, Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und Kulturattaché im Auftrag des Kaisers, in England erforscht und in seinem mehrbändigen Buch "Das Englische Haus" publiziert. Dahinter stand der Grundgedanke, dass das englische und das deutsche Volk als germanische Brüdervölker mehr Gemeinsamkeiten haben als die Deutschen mit dem verfeindeten romanischen Nachbarn Frankreich, dessen Architektur weniger von Funktionalität als von aufgezwungener Ästhetik bestimmt wird, was z.B. zu unzweckmäßigen Lösungen wie Raumfluchten führte, die unter anderem keine Privatsphäre ermöglichen. Solche polarisierenden Auffassungen waren und sind immer wieder üblich und erstaunen bei gebührender Distanz, aber sie entsprachen dem damaligen Zeitgeist, der einerseits durch Hochachtung für englische Erfolge in der industriellen Gestaltung entstanden war, aber auch durch verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Hohenzollern und dem englischen Königshaus Sachsen-Coburg und Gotha. Auch eine tiefe Ablehnung alles Französischen trug dazu bei, Frankreich war im 19. Jahrhundert zum Erbfeind stilisiert worden. Die Halle mit dem Treppenaufgang Jugendstilornamentik überall Die Standuhr in der Halle, gefertigt von der Firma Junghans, läuft noch heute pünktlich. Vom Gouverneurshaus geht es weiter bergan auf den Xinhaoshan Park. Eine ziemlich lange Schlange am Eingang vor dem Aufstieg, einer Treppe, lässt Schlimmes erahnen, aber in China geht es immer schnell, auch wenn die Schlangen endlos erscheinen. Nach nur 15 Minuten bin ich drin. Die kleinen Parks auf den Hügelspitzen wurden vermutlich schon zu Kolonialzeiten angelegt von Bürgervereinen, die sich um das Gemeinwohl verdient machen wollten. Solche Parks gibt es häufig in Städten, die in der Gründerzeit boomten: Viktoriapark in Berlin, Königshöhe in Elberfeld oder Barmer Anlagen, Nicht selten sind sie mit kleinen romantischen Häuschen ausgestattet, grottenähnlichen Gebilden, einem felsigen Wasserfall usw. Wasserfall im Xinhaoshan Park Vom Xinhaoshan Park geht es wieder hinunter in die Stadt, wo man noch gemütlich bummeln kann und sich entweder ordentlich Seafood reinzieht oder ein weiteres leckeres fruchtiges Bier. Die Tsingtao-Brauerei Wenn sich irgendwo auf der Welt Deutsche niedergelassen hatten, brachten sie gleich das Bier mit. Und so wurde in Tsingtau die Germania-Brauerei gegründet, aus der später die Tsingtao-Brauerei wurde, die sechstgrößte Brauerei der Welt (Stand 2024). Wie jedes große Brauereiunternehmen bietet auch dieses ein Brauereimuseum mit verschiedenen Verkostungsmöglichkeiten. Massenabfertigung, aber erträglich. Man lebt in China und muss sich einfach damit abfinden, dass man nicht allein ist. Die ganze Ausstellung ist ziemlich professionell aufgezogen und vermittelt viel Historisches, aber auch allgemeine Informationen über die Bierherstellung, anschaulich und liebevoll didaktisiert, dazu Verkostung, kleine Mahlzeiten zum Bier und massenweise Souvenirs. Die Seafood-Stadt Was in Qingdao absolut nicht fehlen darf: Seafood in allen erdenklichen Varianten. Die Restaurants sind gepflegt, massenweise saubere Aquarien mit frischem Wasser und dem ungewöhnlichsten Getier zeigen, was wenige Minuten später auf dem Teller landet. Scenic Area Badaguan Und weil Qingdao so viel schöne alte Architektur hat, noch ein paar Eindrücke aus dem Stadtteil Badaguan, einem Villenviertel circa vier Kilometer vom Zentrum entfernt mit Kiefernwald, gelbem Strand und Felsenklippen, auf denen teilweise Villen stehen.

  • Xi'an - die älteste Stadt Chinas

    Eine Redewendung sagt: Willst du 150 Jahre China erleben, fahr nach Schanghai. Willst du 1000 Jahre China  erleben, fahr nach Peking. Willst du 4000 Jahre China erleben, fahr nach Xi'an. Der Glockenturm, eines der Wahrzeichen der Stadt Xi'an ist die älteste Stadt Chinas, obwohl sie eigentlich erst im 3. Jahrhundert vor Chr. richtig zur Blüte kam. Sie wurde die erste Hauptstadt des 247 v. Chr. frisch gegründeten Kaiserreichs, das entstanden war, nachdem Chinas erster Kaiser, Qin Shihuangdi, die zuvor bestehenden sieben Reiche geeint hatte. Die erste kaiserliche Dynastie waren die Qin (sprich "tchin"), von deren Namen sich die heutige Bezeichnung "China" ableitet. In Xi'an begann die Seidenstraße, die von hier über Zentralasien, Persien und den Orient nach Europa führte. Durch diese Handelsstraße erreichte Xi'an während der Tang-Dynastie im 7. und 8. Jahrhundert eine weitere Blütezeit als die Stadt zum Handelszentrum wurde, in dem sich die damalige Welt ein Stelldichein gab: Araber, Perser, Inder, Japaner schickten Gesandte hierher und Kaufleute und Händler ließen sich nieder. Xi'an war im 7. Jahrhundert eine Millionenstadt. Die Handelsverbindungen nach Westasien brachten viele Muslime in die Stadt, die ihr bis heute ein ganz besonderes Gepräge geben mit einer 80.000 Mitglieder umfassenden Gemeinde, dem Muslimviertel mit Basar, der großen Moschee und unzähligen kulinarischen west- und zentralasiatischen Genüssen. In späteren Jahrhhunderten versank die Stadt in der Bedeutungslosigkeit. Die Kaiser zogen in andere Hauptstädte und niemand sprach mehr von Xi'an, bis 1974 DER archäologische Sensationsfund des 20. Jahrhunderts von Bauern gemacht wurde, die eigentlich nur einen Brunnen ausheben wollten und dabei zufällig auf die Terrakotta-Armee stießen. Neben diesen spektakulären Sehenswürdigkeiten hat Xi'an die größte komplett erhaltene Stadtmauer Chinas, die die Stadt vollständig umgibt und so breit ist wie eine zweispurige Straße. Auf ihr kann man Fahrräder leihen und damit die gesamte Altstadt umrunden. Der Trommel-Turm, das ehemalige Stadttor Die Sehenswürdigkeiten in Xi'an sind fußläufig erreichbar und liegen für chinesische Verhältnisse recht nah beieinander. Der Trommel-Turm wurde zusammen mit dem Glockenturm 1380 während der frühen Ming-Dynastie errichtet. Benannt wurde er nach einer riesigen Trommel in seinem Inneren, mit der die Stunde durch Tromelschläge angezeigt wurde. In Sichtweite, nur 200 Meter entfernt steht der Glockenturm, dessen riesige Glocke den Morgen einläutete. Mit dem Glockenschlag wurde das Stadttor geöffnet. Direkt am Trommel-Turm beginnt das muslimische Viertel. Im muslimischen Viertel, einem touristischen Höhepunkt der Stadt, ist immer viel los, an längeren Wochenenden oder Feiertagen wird es voll und es gibt massenweise Dinge zu bestaunen, zu essen oder zu kaufen. Im Mittelpunkt steht wie immer das Essen. Frisch gepresster Granatapfelsaft Gewürze wie auf einem orientalischen Basar Ziegeltee Ziegeltee, Tee der in Ziegelform gepresst wird, konnte früher besser auf dem Rücken von Maultieren transportieren werden. Dieser Tee wurde vor allem nach Tibet geliefert, teilweise auch bis nach Indien, bevor die Briten anfingen, Tee in Indien anzubauen, um damit die Abhängigkeit von China zu umgehen. Indischen Tee gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. Ein weiterer Abnehmer des Ziegeltees sind die Russen, bei denen er als Russischer Karawanentee gehandelt wird. Er hat eine dunkelrote Farbe und einen erdigen, rauchigen Geschmack, der, so sagt es die Legende, durch den Karawanentransport entstand, bei dem die Teeladungen abends neben den Lagerfeuern standen, von denen der Rauch in den Tee zog. Dieser heiße Tee Ming Tang Xue Li ist ein typisches Wintergetränk. Birne, getrocknete chinesische Datteln und Goji-Beeren bilden die Grundlage dieses leckeren und für chinesische Verhältnisse ziemlich süßen Getränks. Mitten im muslimischen Viertel liegt das Haus der Familie Gao, heute ein Museum, das man gegen einen kleinen Eintrittspreis besichtigen kann. Der ehemalige Besitzer Gao Yuesong war ein Regierungsbeamter auf zweiter Ebene der kaiserlichen Beamtenprüfung zur Zeit der Ming-Dynastie vor 400 Jahren . Als fähiger Beamter wurde er von Kaiser Chongzhen mit diesem Herrenhaus belohnt. Seitdem war die Familie offiziell adelig geworden und stellte sieben Generationen lang Beamte des kaiserlichen Hofes. Von einem Haus zu sprechen, ist untertrieben, denn diese Residenz hat zwei Höfe, die jeweils von vier kleineren Innenhöfen umgeben sind. Insgesamt gibt es 86 Zimmern, von denen 54 besichtigt werden können. Wenn man durch das Tor in diese Welt eintritt, bleibt mit einem Mal das geschäftige Leben auf der Straße außen vor, Ruhe und Stille sowie chinesische Wohnkultur umfangen den Besucher.  In dem Gao-Haus gibt es auf der rechten Seite direkt hinter dem Eingang einen kleinen Raum mit einer Opernbühne. Links geht es über einen Hof mit einer weiteren Bühne in das Schattentheater. Schattentheater ist seit 2011 immaterielles Weltkulturerbe und ein wesentlicher Bestandteil der chinesischen Volkskunst, dessen Anfänge schon in der Han-Dynastie (ca. 206-220 n.Chr.) liegen. Historisch gesicherte Belege gibt es seit ca. 1000 n.Chr. Man unterschiedet zwei Stile beim Schattentheater, den westlichen in den Provinzen Shaanxi, Szechuan und Hunan und den östlichen, der sich in Peking entwickelte. Geschnitten werden die Figuren aus Pergament, ungegerbter Tierhaut, und anschließend mit Naturfarben bemalt. Die Schattentheater-Stücke werden mit viel Musik untermalt, die den regionalen chinesischen Opern entlehnt ist, z.B. der Peking-Oper im Osten des Landes und der Szechuan-Oper in Zentralchina. Teilweise werden auch Volkslieder in die Stücke eingebaut. Gesang und Musik wechseln sich mit Sprecheinlagen ab, bei denen die Stimmen karikierend verzogen werden. Die Instrumente sind traditionell chinesisch, z.B. die Sihu, ein chinesisches Streichinstrument, Bambusquerflöten und das chinesische Hackbrett Yangqin. Der Puppenspieler zeigt die Figuren und erläutert, wie sie bewegt werden. Enge Gassen führen durch den Basar des muslimischen Viertels. Endlich wurde ich fündig: Ein Mahjong-Spiel und zwar ein besonders schönes in einer mit Leder bezogenen Schatulle, das ich bei einem alten Hui, Mitglied der muslimischen Gruppe der Hui auf dem Basar bekam. Mitten in der muslimischen Stadt verweisen plötzlich Schilder auf die Große Moschee. Sie sieht weniger aus wie eine Moschee, sondern eher wie eine Tempelanlage. Die Moschee wurde in der Tang-Zeit 742 n. Chr. gebaut und ist ca. 1300 Jahre alt. In späteren Dynastien wurde sie vergrößert, so das ihr Areal heute13.000 qm umfasst. Insgesamt hat die Moschee vier Höfe. Eine Tafel zeigt die Gebetszeiten an. Der Gebetsraum ist für Besucher nicht zugänglich. Der Baustil ist nicht nahöstlich, sondern chinesisch, dementsprechend gibt es weder Kuppeln, noch Minarette. Die Anlage lässt die Frömmigkeit der Gläubigen spürbar werden, die seit Jahrhunderten zum Beten hierherkommen. Die Stadtmauer von Xi'an Die Stadtmauer von Xi'an ist 12 Kilometer lang, komplett erhalten und umgibt in rechteckigem Verlauf die gesamte alte Stadt. Auf der 14 Meter breiten Mauerkrone, die auf dem Foto einer Straße ähnelt, kann man Fahrräder mieten und die Stadt umrunden. Nicht überall ist es so leer wie hier. Am Südtor gibt es die meisten Besucher, Souvenirläden, Geschäfte mit Leckereien und die Fahrradverleihstände. Am Südtor - hier ballen sich die Besucher. Zu Fuß kann man die Mauer umrunden, aber es dauert mehr als drei Stunden, deshalb wird es bald ruhiger, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist. Von der Mauerkrone entdeckt man viele Dinge wie diesen tibetischen Tempel. Außerdem befinden sich besonders in der Umgebung des Südtors etliche hübsche Hotels direkt an der Mauer, von deren Dachterrassen man einen schönen Blick auf die die Tore und Türme hat. Das Beilin-Museum Von der Mauer entdeckte ich auch dieses Museum am Südtor, das Beilin-Museum, das auf den ersten Blick nach nichts Besonderem aussieht, aber einen kulturellen Wert ersten Ranges hat, so dass die Behörden es mit AAAAA eingestuft haben, wodurch es zur Kategorie der kostbarsten Kulturschätze und Sehenswürdigkeiten des Landes zählt. Das Museum wird auch der "Wald der Steinstelen" genannt. Bei mir löste der Anblick der Stelen eher Assoziationen an einen Friedhof aus. Es sind Steinstelen mit Texten bedeutender chinesischer Philosophen, Gelehrter und Dichter der Jahrtausende, die angefertigt wurden mit dem Ziel, sie als alleingültige Referenztexte zu erhalten, damit bei zukünftigen Abschriften Fehler vermieden werden. Aus jeder Dynastie gibt es Texte, antike Klassiker und Bibliographien von tiefgreifender kultureller Bedeutung in allen Variationen der Kalligrafie. Dies brachte dem Museum den Beinamen ein "Schatzkammer der Kalligrafiekunst, historischer und kultureller Palast". Als man 1961 begann, die Kulturgüter Chinas einzustufen und zu inventarisieren, war dieses Museum im ersten Schub dabei. In einem Konfuzius-Tempel von 1087 sind die Stelen in sieben Hallen untergebracht. Im Laufe der Zeit wuchs der Schatz auf 11.000 Steinplatten an, 19 Texte sind nationales Kulturerbe. Die vier Steinstelen "Klassiker der kindlichen Frömmigkeit". Sie stehen auf quadratischem Grundriss, von jeder Seite kann man eine der vier Stelen anschauen. Zu den kostbarsten Schätzen zählt der "Klassiker der kindlichen Frömmigkeit", der 745 während der Tang-Dynastie in Blaustein graviert wurde. Der Inhalt sind Dialoge zwischen Konfuzius und seinen Schülern, in denen es hauptsächlich um kindliche Frömmigkeit und brüderliche Pflicht geht. Die Inschriften wurden von Kaiser Zuzog geschnitzt. Die Tafeln befinden sich an diesem Ort seit 1087. Die Kaicheng-Klassiker Die Kaicheng-Klassiker sind eine Gruppe von Steintafeln, die zwölf intellektuelle und unverzichtbare Bücher über die feudale Gesellschaft wie "die Analekte" und "Das Buch der Veränderung" umfassen. Diese Schriften wurden in die Stein gemeißelt , damit zukünftige Generationen von Studenten sie studieren können. Ursprünglich waren diese Tafeln während der  Tang Dynastie in der Kaiserlichen Akademie untergebracht. Unter der Song-Herrschaft wurden sie in dieses Museum gebracht. Die 114 Tafeln enthalten etwa 650.000 chinesische Schriftzeichen. Außer diesen beiden philosophischen und philologischen Schätzen umfasst das Haus viele andere. Aber um die Tiefe dieses Kulturerbes zu verstehen, muss man Sinologe sein. Mir gefiel die Atmosphäre und die Ernsthaftigkeit der Besucher und ich beobachtete wie Chinesen ihr Kulturgut wahrnehmen, wertschätzen und weitergeben. Den Stellenwert, den die eigene Kultur für Chinesen hat, habe ich oft erfahren, wenn auch z.B. Schüler äußern, dass sie sich mit den alten Kulturen befassen, um ihre Vorfahren besser zu verstehen. Es gibt etliche Jugendliche, die z.B. das Spielen antiker klassischer Instrumente lernen oder Kalligrafie, was in der Regel mit viel zeitlichem Aufwand, Konzentration und Ausdauer verbunden ist. in Deutschland gibt es diese Beziehung zum Kulturerbe nicht. Shuyuanmen, eine antike Kulturstraße Zwischen dem Beilin Museum und dem Südtor liegt ein schönes Viertel voller Antiquitäten- und Kunstgeschäfte. Die zentrale, circa 600 Meter lange Straße Shuyuanmen erhielt ihren Namen von der alten kaiserlichen Schule Guanzhong Shuyuanmen, der zentralen Schule der Provinz Shaanxi, die während der Ming-Dynastie eingerichtet wurde, und hier lag. Die Terrakotta-Armee Der Fund dieser Armee war die archäologische Sensation des 20. Jahrhhunderts. Wie schon erwähnt, stieß 1974 ein Bauer namens Yan Xinmin beim Graben nach Wasser wegen anhaltender Trockenheit zufällig darauf. Niemand ahnte, dass hier solch ein Fund zu finden ist, niemand wusste es. Es gab keinerlei Hinweise, keine schriftlichen Aufzeichnungen, die auf diese Armee hinwiesen. Yan Xinmin meldete den Fund bei den staatlichen Behörden, was ebenfalls ein Glück war. Er hätte den Fund auch verkaufen können. Er lebt immer noch und signiert heutzutage Bücher über die Terrakotta-Armee, die die vielen Besucher kaufen. Er ist ein einfacher Bauer, der nur seinen Namen schreiben kann. Da der damalige Kaiser die Bauern, die in der Umgebung des Mausoleums wohnten, beauftragte, das Grabmal zu bewachen, sieht sich Yan Xinmin heute als Nachfolger der Wächter des Mausoleums. Entstanden ist die Armee auf Initiative des ersten Kaisers von China, Qin Shihuangdi , der die sieben Reiche unter seiner Führung einte und Xi'an zur Hauptstadt machte. Er ist vielleicht die bekannteste Figur der chinesischen Geschichte, bedingt durch zahlreiche Filme, aber auch durch diesen archäologischen Sensationsfund. Qin Shihuangdi bestieg schon mit 13 Jahren den Thron des Reiches Qin, dem größten und organisiertesten der sieben Reiche, und begann seine Regentschaft von 247 bis 210 v. Chr. Direkt nach seiner Thronbesteigung ließ er den Bau des Mausoleums beginnen, dessen Fertigstellung insgesamt 37 Jahre bis zu seinem Tod dauerte. Außerdem richtete er mit seinem Kanzler eine effektive Verwaltung des Reichs ein, die aber nicht nur zum Segen führte, sondern auch zu grausamer Herrschaft, der Aberhunderttausende zum Opfer fielen, weshalb Qin Shihuangdis Ansehen heutzutage in der Volksrepublik ambivalent ist. Das gigantische Mausoleum, dessen Terrakotta-Armee nur die Spitze des Eisberges ist. wurde bisher nicht ausgegraben, aber bereits durch Myonen-Dektoren erfasst, so dass man den unterirdischen Palast, der 1,5 Kilometer östlich von der Armee unter der Erde verborgen ist, virtuell mithilfe einer Animation besichtigen kann. Wie immer in China ist auch hier das Grab des Kaisers bisher ungeöffnet. Er liegt in 70 Metern Tiefe in einer Nachbildung des Reichs, in der die beiden Hauptflüsse Chinas, der Gelbe Fluss und der Jangtsekiang, durch Quecksilber nachgebildet wurden. Warum bisher kein Kaisergrab in China geöffnet wurde, ist rätselhaft. Offiziell werden konservatorische Gründe angegeben, denn Sauerstoff etc. kann zur Zerstörung der Artefakte führen, so wie es auch bei der Terrakottaarmee geschah, deren Figuren farbig gefasst waren und deren jahrtausendealte Farben unter Sauerstoffeinfluss schnell verschwanden. Heutzutage wird der Zustand eines archäologischen Fundes direkt nach der Ausgrabung fotografisch dokumentiert, so dass man die Farben später nachvollziehen kann. Derzeit arbeiten Chemiker aus Deutschland an Methoden, wie die Farbfassung zukünftig konserviert werden kann. Es sind noch längst nicht alle Soldaten der Terrakotta-Armee ausgegraben. Zukünftig sollen die Farben erhalten bleiben. Die Soldaten mit farbiger Fassung unmittelbar nach der Ausgrabung, Fotos zeigen den farbigen Zustand, der sich bald durch Licht- und Sauerstoffeinfluss veränderte. Aber auch Fallen, ähnlich wie bei Indiana-Jones-Filmen, soll es dort geben. So sollen z.B. das Quecksilber oder Selbstschussanlagen etc. zum Tod von Grabräubern führen. Es ist fraglich, ob Selbstschussanlagen nach über 2000 Jahren noch funktionstüchtig sind. Eine weiterer Grund, warum Ausgrabungen des unterirdischen Palastes und der eigentlichen Grabstätte bisher nicht begonnen wurden, ist tatsächlich so etwas wie ein Aberglaube, denn manche glauben, dass der Geist des ersten Kaisers immer noch anwesend ist und man will seine Grabstätte nicht stören. Die gesamte Armee umfasst 8000 Soldaten, eine voll funktionsfähige Armee mit Bogenschützen, Admiralen, Streitwagen, Kavallerie, Soldaten unterschiedlicher Ränge usw. Besonders beeindruckend ist der Detailreichtum der individuell gestalteten Figuren. Man kann sogar das Alter und die regionale Herkunft an den Gesichtern erkennen. Außerdem kann man den damaligen kulturellen Entwicklungstand ablesen an den Waffen, der Kleidung der Figuren aber auch an der Handwerkstechnik. Alle Figuren waren bei den Ausgrabungen zerbrochen bis auf eine, den kleinen knienden Soldaten. Was man heutzutage zu sehen bekommt, ist also zusammengesetzt, eine archäologische Sisyphosarbeit. Die Mitarbeiter kann man heute noch bei der Arbeit sehen, wenn nicht gerade Feiertag ist. Ihre Arbeitsplätze liegen mitten in den Ausgrabungsstätten. Die Soldaten stehen alle in diesen Gängen, die früher tatsächlich tunnelartig waren. Dazu wurden Gräben ausgehoben, die mit Holz abgedeckt wurden, auf die man Erde legte. Dadurch entstanden diese unterirdischen Tunnel, die heute frei gelegt sind. Es ist noch längst nicht alles ausgegraben. Auf dem Fotos sieht man noch verschlossene Gänge, die Form der Baumstämme, mit denen die Gänge abgedeckt wurden, ist ebenfalls deutlich erkennbar. Offenbar haben sich im Laufe der Jahrtausende die Baumstämme gebogen, so dass diese wellenartige Form entstand. Beim Freilegen der einzelnen Gänge ergibt sich der Anblick umgefallener, liegender, zerbrochener Soldaten. Der kniende Bogenschütze ist die einzige Figur, die unversehrt geborgen werden konnte. Durch die kniende Haltung und der Höhe von 130cm wurde er offenbar vor dem Zerbrechen geschützt. Um zu dieser Armee zu gelangen nimmt man von Xi'an am besten ein Taxi. Das Gelände liegt weit außerhalb der Stadt. Man fährt ungefähr eine Stunde. Taxifahren ist in China billig. Der gesamte Eingangsbereich ist riesig und entsprechend unübersichtlich, aber man findet den Weg. Eventuell nimmt man einen der professionellen Führer, die für 300 Yuan eine zweistündige Führung anbieten (Stand 2024). Man braucht diese Personen nicht zu suchen, sie kommen auf einen zu und bieten ihre Dienste an. Wer sich allerdings vorher schon eingelesen hat, weiß etliches, aber es gibt immer Ergänzungen, manches wiederholt sich und vertieft sich dadurch. Vieles dreht sich um Details der Archäologie, weniger um historische Zusammenhänge. Trotzdem empfand ich es als lohnend. Es ist an Feiertagen extrem überfüllt, obwohl die Anzahl der Besucher schon auf 60.000 pro Tag limitiert ist.

  • Nanjing

    Nanjing ist ein wichtiger Ort der jüngeren chinesischen Geschichte, vor allem des 20. Jahrhunderts. Aber auch davor war die Stadt immer wieder bedeutend und erlebte vor allem unter der Ming-Dynastie (1368 bis 1644) ihre erste Blüte. In nur zwei Stunden erreicht man die Stadt von Schanghai mit dem Hochgeschwindigkeitszug. Ein ideales Kurzreiseziel für ein Wochenende. Allerdings reichen zwei Tage nicht aus, um sich die vielen Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Entweder man setzt Prioritäten oder besser noch: Man bleibt gleich ein paar Tage. Folgendes sollte man auf keinen Fall verpassen: - das Mausoleum des ersten chinesischen Präsidenten Dr. Sun Yat-Sen - das Ming-Mausoleum Xiaoling, - das Memorial zum Massaker von Nanjing. Darüberhinaus hat Nanjing die mit 21 Kilometern längste erhaltene Stadtmauer der Welt, etliche interessante Tempelanlagen wie den Konfuziustempel Fuzi Mia oder den buddhistischen Jiming-Tempel. Außerdem ist das Nanjing Museum sehenswert und im Park der Schatzschiffe gibt es den Nachbau eines Schatzschiffes in Originalgröße, mit denen der legendäre Admiral Zheng He in See stach, um die Weltmeere zu erkunden. Nicht auslassen sollte man den Präsidentenpalast, das heutige China Modern History Museum, ein Brennpunkt der Geschehnisse der politischen Wirren von der späten Qing-Dynastie bis zum Sieg der Kommunisten. Interessant ist außerdem das Haus von Song Meiling, der Gattin von Chiang Kai-shek, und das Haus von John Rabe, einem Deutschen, der während des Massakers von Nanjing ca. 250.000 Chinesen rettete. Das Nanjing der Ming Bevor die Ming an die Macht kamen, stand China unter der Regentschaft der Mongolen (Yuan-Dynastie 1279 bis 1368), deren Anführer Kublai Khan, ein Enkel des legendären Dschingis Khans, China 1271 erobert hatte und im Norden, nahe der Mongolei die Stadt Khanbaliq, die "Stadt des Khan", gegründet hatte, das heutige Peking. Der erste Ming-Kaiser Hong Wu China litt unter der mongolischen Herrschaft, bis ein Bauernjunge aus ärmlichen Verhältnissen namens Zhu Yuanzhang das Schicksal Chinas maßgeblich verändern sollte. Dieser Junge hatte sich einer rebellischen Gruppe von Bauern angeschlossen, den sogenannten "Roten Turbanen", mit denen er gegen die Herrschaft der Mongolen kämpfte. Die Rebellen, die "Roten Turbane", hatten rote Tücher um den Kopf gewickelt. Im Jahr 1356 wurde er zum Anführer der Rebellion, er baute eine starke Armee auf und konnte mit ihr schließlich 1368 die Hauptstadt der Yuan-Dynastie, die "Stadt des Kahn", das heutige Peking, erobern und damit die Herrschaft der Mongolen beenden. Dieser ehemalige arme Bauernjunge Zhu Yuanzhang wurde zum Kaiser Chinas, dem ersten Kaiser der Ming-Dynastie. Später wurde er Hong Wu genannt und wird heute oft als eine der prägendsten und einflussreichsten Figuren der chinesischen Geschichte betrachtet. Während des Krieges gegen die Mongolen eroberte Zhu Yuanzhang einige Gebiete in Anhui südlich des Jangtsekiangs. Schließlich gelang es ihm im Jahr 1356 die Stadt Jiqing Lu (das heutige Nanjing) nach einer dreimonatigen Schlacht einzunehmen. Die Stadt war von strategischer Wichtigkeit auf der Südseite des Jangtsekiangs und wurde zur Ausgangsbasis seiner Herrschaft. Kaiser Hong Wu baute Nanjing zur Residenz und zum Zentrum politischer Macht aus. Bekannt war er für seine harte Hand gegenüber politischen Gegnern und für sein strenges Regierungssystem. Er ließ mehrere Säuberungswellen über Beamte, Gelehrte, Offiziere, Landbesitzer ergehen und ging dabei alles andere als zimperlich vor. Ca. 100.000 Menschen fielen diesen Säuberungswellen zum Opfer. Er war bestrebt, eine zentralisierte Kontrolle über das Land auszuüben und den Einfluss der Adelsfamilien einzuschränken, er setzte den Konfuzianismus durch, allerdings durch ein scharfes Kontrollsystem, in dem benachbarte Familien in Gruppen zu 10 und 100 aufgeteilt wurden, in denen das Prinzip der gegenseitigen Verantwortlichkeit galt. Der verordnete Konfuzianismus diente zur Herausbildung eines bürokratischen Absolutismus. Soziale Hierarchien, eingeteilt in die "Vier Stände" Gelehrte, Bauern, Handwerker und Händler wurden gefestigt, im Geistesleben fand ebenfalls eine Vereinheitlichung statt, damit sich keine Intellektuellen entwickeln konnten, sondern Denkbürokraten. Viele Aspekte von Hong Wus Politik wurden auf seine niedere Herkunft zurückgeführt. Gleichzeitig legte er in den dreißig Jahren seiner Regentschaft die Grundlage für den Erfolg und die Blütezeit der Ming-Dynastie. Die Landwirtschaft wurde gefördert, wodurch sich die Ernährungslage verbesserte und sich die Bevölkerung in zweihundert Jahren verdoppelte. Die Ming-Dynastie markierte eine neue Ära in China und hatte weitreichende Auswirkungen auf die politische, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Der Zhongshan Mountain Park Hong Wus Grabmal, das Xiaoling-Mausoleum, befindet sich in Nanjing am Zhongshan Mountain. Eine Erklärtafel zeigt das gesamte Gelände. Das Grabmal von Kaiser Hong Wu ist links zu sehen. Zentral in der Mitte liegt das Mausoleum von Sun-Yat-Sen Der Zhongshan Mountain vereint mehrere Sehenswürdigkeiten Nanjings. Die wichtigsten sind das Mausoleum des ersten Ming-Kaisers und das Mausoleum Dr. Sun-Yat-Sens, des ersten Präsidenten der Republik China. Sie liegen in fußläufiger Entfernung am Hang dieses Berges nebeneinander. Angenehm ist zudem, dass alles in eine schöne Landschaft eingebettet ist, so dass man ausgiebig unter Schatten spendenden Bäumen spazieren gehen kann. Vor allem im Frühjahr zur Pflaumenbäume sollte man diese Gegend besuchen. Die Farbe der Pflaumenblüten brachte dem Berg den Beinamen "Purpurner Berg" ein. Ming Xiaoling - das größte Mausoleum für den ersten Ming-Kaiser Das Mausoleum des ersten Ming-Kaisers Hong Wu, das Ming Xiaoling ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbes "Kaiserliche Grabstätten der Ming- und Qing-Dynastien", von denen die meisten allerdings in Peking liegen. Dafür ist aber das Ming Xiaoling die größte kaiserliche Grabstätte Chinas und zugleich auch die erste Ming-Grablege, ihr Bau dauerte von 1381-1431. Bevor man sich den Hauptgebäuden nähert, gibt es den Shen Dao, den Seelenweg. Dieser 1800 Meter lange Weg ist gepflastert, verläuft nicht gradlinig, sondern in eine ost-westliche Richtung, die Shi Xiang Road und in eine nord-südliche Richtung, die Weng Zhong Road. Das Ungewöhnliche an diesem Weg ist sein 90 Grad-Knick. Einen solchen Seelenweg gib es auch in Peking, wo er aber schnurgerade verläuft, was der ästhetischen Auffassung der Ming eher entspricht, denn sie hatten ein gewisses Faible für Achsen und Symmetrie wie z.B. bei der Verbotenen Stadt in Peking. Die dahinter stehende Auffassung vom Zentrum der Welt, ja sogar des Kosmos hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem europäischen Barock: Zentralismus, Symmetrie und autokratische Herrschaft. Zurück zur Anlage in Nanjing: Die ost-westliche Straße führt unter Bäumen entlang und wird von tierischen Steinskulpturen flankiert. Die nord-südliche Straße führt zum Komplex des Mausoleums. An dieser Straße stehen steinernen Generäle und Minister. Am Ende der Nord-Süd-Achse angelangt, führt eine Brücke zum Komplex des Mausoleums, die Hauptachse läuft geradewegs auf das Hauptgebäude an ihrem Ende zu. Dabei spaziert man durch verschiedene Bereiche der Anlage, passiert Tore, Pavillons und Hallen und nähert sich langsam, bergan steigend dem größten Pavillon, Bao Shang, in dem der Kaiser beigesetzt ist. Bao Shang, das Grab des Kaisers, ist mit gelben Dächern gedeckt, der edelsten und hochrangigsten Farbe, die dem Kaiser, dem Sohn des Himmels, vorbehalten war. Gelb wurde mit den fünf Elementen der chinesischen Philosophie, insbesondere mit der Erde in Verbindung gebracht. Die Erde wurde als stabilisierendes und nährendes Element angesehen, das ähnlich wie der Kaiser für Stabilität und Harmonie im Reich sorgte. Gelb symbolisierte auch Fruchtbarkeit, Glück und Wohlstand. Das eigentliche Grab des Kaisers wurde nie geöffnet. Es ist davon auszugehen, dass er dort liegt. Es gehört zu den Eigenarten der chinesischen Archäologie, dass man die Gräber der chinesischen Kaiser bisher nicht geöffnet hat. Ist es die Befürchtung, dass durch Sauerstoff wertvolle Artefakte zerfallen könnten? Ist es eine Form des Respekts vor den toten Kaisern? Dr. Sun-Yat-Sen-Mausoleum Nach einem 20-minütigen Fußweg durch einen schönen Wald erreicht man diesen deutlich größeren Komplex, der sich durch Touristenmassen ankündigt. Das Grab des ersten Präsidenten der Republik China ist deutlich populärer als die Beisetzungsstätte des ersten Ming-Kaisers. Das Mausoleum von Dr. Sun Yat-Sen orientiert sich am Ming-Vorbild. Wieder führt eine gerade Achse bergan, man passiert diverse Pavillons und Tore bis man oben an der Heiligen Halle angelangt ist, in der der Präsident beigesetzt ist. Wer war Dr. Sun Yat-Sen? Dr. Sun Yat-Sen (auch bekannt als Sun Zhongshan) wurde 1866 in der Provinz Guangdong geboren, starb 1925 in Peking und war ein bedeutender chinesischer Politiker, Arzt und Revolutionär. Er spielte eine herausragende Rolle in der chinesischen Geschichte und wird oft als "Vater der chinesischen Nation" bezeichnet. Er führte die Xinhai-Revolution von 1911 an, die zum Sturz des letzten Kaisers und zur Gründung der Republik China führte. Es handelt sich dabei nicht um die Volksrepublik, die kam erst 1949. Zwischen dem Kaiserreich und der Volksrepublik war China eine Republik. Sun Yat-Sen war der erste provisorische Präsident dieser Republik und gründete die Kuomintang, eine politische Partei, die später als "Nationalisten" gegen die "Kommunisten" im Chinesischen Bürgerkrieg kämpfen sollte. Sun Yat-Sen hatte eine starke Vision für ein modernes China, das von der imperialen Vergangenheit befreit war und sich zu einer wohlhabenden und demokratischen Nation entwickeln sollte. Die Spaltung Chinas in die Volksrepublik und die Republik Es kam anders, als es sich Sun Yat-Sen gewünscht hatte. Der Konflikt begann mit der Spaltung der Politiker in die Kuomintang, angeführt von Chiang Kai-shek, und die Kommunistische Partei Chinas, angeführt von Mao Tse-tung. Zunächst waren die beiden Parteien während der Nordexpedition (1926-1928) vereint und kämpften gemeinsam gegen die Kriegsherren (War Lords) und gegen die ausländische Kontrolle in China. Nach der Einigung Chinas unter der Kuomintang-Führung brachen jedoch zunehmend Spannungen zwischen den beiden Parteien aus. Die Kommunisten strebten eine sozialistische Revolution an und genossen Unterstützung unter den Landarbeitern und den ärmeren Schichten der Gesellschaft, während die Kuomintang eine nationalistische und gemäßigt kapitalistische Vision für China verfolgten. Im Zweiten Weltkriegs vereinten Kuomintang und Kommunisten nochmals ihre Kräfte gegen die japanische Besatzungsmacht, allerdings setzte sich der Bürgerkrieg nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fort, als die Kuomintang und die Kommunisten ihre jeweiligen Einflussgebiete ausweiteten und um die Kontrolle über China kämpften. Schließlich erlangten die Kommunisten unter der Führung von Mao Tse-tung im Jahr 1949 die Oberhand und gründeten die Volksrepublik China auf dem chinesischen Festland, während die Kuomintang sich auf die Insel Taiwan zurückzogen. Taiwan war zu diesem Zeitpunkt ein Teil Chinas und ist es völkerrechtlich bis heute. Die Kuomintang sahen sich als die rechtmäßigen Nachfolger der Republik China und Chiang Kai-shek hoffte bis zu seinem Tod, Festland-China von Taiwan aus zurückerobern zu können, damit ganz China wieder eine vereinte Republik werde. Dazu ist es nicht gekommen. In den ersten Jahren erkannten die meisten Staaten der Welt die Kuomintang in Taiwan als Vertreter des rechtmäßigen Chinas an, ignorierten die kommunistische Volksrepublik und pflegten diplomatische Beziehungen mit Taipeh. Im Laufe der Jahre wandten sich aber mehr und mehr Staaten der Volksrepublik zu, respektierten deren One-China-Politik, brachen diplomatische Beziehungen mit Taiwan ab und orientierten sich an Peking. Kaum ein Land dieser Erde unterhält heutzutage noch diplomatische Beziehungen mit Taiwan, in Europa nur der Vatikan, was nicht verwundert, da die Kirche den Kommunismus bekanntlich scheut wie der Teufel das Weihwasser. Das Mausoleum von Yun Sat-Sen ist für Chinesen der Volksrepublik und Chinesen aus Taiwan ein gemeinsamer Identifikationsort. Beide Gruppen sehen in der Gründung der Republik und der damit einhergehenden Abschaffung des Kaiserreichs einen Fortschritt. Für die Taiwaner ist der Ort noch wichtiger, denn sie sehen sich als Fortsetzung des republikanischen Chinas. Die offizielle Bezeichnung Taiwans lautet übrigens bis heute - und daran rüttelt im Moment auch niemand - Republik China. Meinling Gong - Das Haus von Song Meiling Ebenfalls auf dem Zhong Shan Berg befindet sich Meiling Gong, das Haus von Song Meiling, der Frau von Chiang Kai-shek. Song Meiling, Madame Chiang Kai-shek, war eine der prominentesten Figuren auf der politischen Bühne Chinas. Sie war eine der einflussreichsten Frauen des 20. Jahrhunderts und verkörperte Schönheit, Intelligenz, Vermögen, Macht, Einfluss und Ehre. Durch ihr Studium in den USA, das ihr reicher Vater ihr ermöglicht hatte, lernte sie die westliche Kultur kennen. Sie sprach perfekt Englisch und handelte und redete wie eine Frau aus dem Westen. Sie sagte einst über sich: "Das einzig Asiatische an mir ist mein Gesicht." Nach der Heirat mit Chiang Kai-shek im Jahr 1927 war sie aktiv in die Politik und die auswärtigen Angelegenheiten eingebunden. Ihre Ausstrahlung und Sozialkompetenz hatten großen Einfluss auf die sino-amerikanischen Beziehungen. Sie erschien auf Titelseiten von Time, Life und Newsweek und ging im Weißen Haus bei Eleanor und Franklin Roosevelt ein und aus. Am 18. Februar 1943 trat sie als erste Chinesin und als zweite Frau vor den US-Senat und das Repräsentantenhaus mit einer flammenden Rede, die sie weltberühmt machte. Diese Rede brachte die USA an die Seite Chinas im Kampf gegen Japan. Interessanterweise hatte Meiling zwei Schwestern, die alle ebenso mit mächtigen Männern verheiratet waren. Die älteste Schwester Song Ailing hatte den Finanzmagnaten und späteren Finanzminister unter Chiang Kai-shek H.H. Kung geheiratet. Die andere Schwester Song Qingling war die Frau von niemand geringerem als Sun Yat-sen. Trotzdem stand sie nach dem Tod von Sun Yat-sen den Kommunisten nahe, was die Schwestern zu Feinden werden ließ. Sie sahen sich nie wieder. Eine Familiensaga, die ihresgleichen allenfalls noch beim Kennedy-Clan zu finden ist. Nach dem Sieg der Kommunisten floh Meiling mit Chiang Kai-shek nach Taiwan und regierte mit ihm dort autokratisch, wie sie es früher in Nanjing getan hatten. Chiang Kai-shek glaubte bis zu seinem Tod daran, dass er die Volksrepublik von Taiwan aus zurückerobern und die Kommunisten besiegen könne. Als er 1975 starb, ging Song Meiling nach New York, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 2003 im Alter von 106 Jahren lebte. Sie lebte zurückgezogen, gab nie ein Interview und schrieb keine Memoiren. In den letzten Jahren ihres Lebens wurde sie gleichermaßen zur Ikone von Chinesen aus Taiwan wie aus der Volksrepublik. Seit ihrem 100. Geburtstag 1997 darf sie auch in der Volksrepublik bewundert werden. Song Meiling mit Chiang Kai-shek - ein Jahr vor der Niederlage der Nationalisten gegen die Kommunisten Hochzeitsfotos von Song Meiling mit Chiang Kai-shek Song Meiling und Chiang Kai-shek im Exil in Taipeh Song Meiling an ihrem 100. Geburtstag in New York. Meiling Gong, gebaut von 1931-1934, diente ursprünglich als Residenz für höhere Beamte der Nationalregierung, wenn sie das Mausoleum von Yun Sat-Sen besuchen wollten. Das riesige Haus ist in einem Mix aus chinesischem und westlichem Stil eingerichtet. Der Ming-Palast Vom Purpurnen Berg mit seinen Sehenswürdigkeiten geht es hinunter in die Stadt, in den Bezirk Xuanwu. Dort lag auch der Palast der Ming als Nanjing deren Hauptstadt war. Der ehemalige Ming Palast, die Verbotene Stadt Nanjings, war ebenfalls konsequent mit gelben Dächern, der Farbe des Kaisers, eingedeckt. 1367, als Nanjing noch Jiankang hieß, wurde der Bau des Palastes von Zhu Yuanzhang, dem ehemaligen Bauernjungen und ersten Kaiser der Ming-Dynastie begonnen. Nanjing war nicht lange Hauptstadt. 1402 machte der dritte Kaiser der Ming-Dynastie, Zhu Di, Peking wieder zur Residenz und begann unmittelbar danach mit dem Bau der dortigen Verbotenen Stadt. Nanjing war seitdem 300 Jahre Nebenhauptstadt. Verschiedene Brände verheerten Teile des Palastes, die nicht wieder aufgebaut wurden. Heute ist außer ein paar Grundmauern und einem Park nicht mehr viel übrig geblieben. Der Präsidentenpalast Ein paar Meter weiter westlich liegt der Präsidentenpalast, der seit der Qing-Dynastie als Verwaltungssitz des obersten Regierungsbeamten genutzt wurde. Der Palast spielte allerdings auch wieder eine gewichtige Rolle in der Geschichte des 19. und 20 Jahrhunderts. Bevor es aber wieder um Chiang Kai-shek geht, geht es noch in die kurze Phase der Taiping. Plan des Präsidentenpalastes 1853 wurde das Gebäude von Anhängern des Taiping-Aufstands besetzt und als Residenz für den Anführer der Rebellen deutlich erweitert und umbenannt in 'Himmlischer Palast'. Die Taiping waren eine religiöse, zunehmend politisch werdendere Sekte, die in der langsam niedergehenden Qing-Dynastie versuchte, die Macht an sich zu reißen und China zum Taiping-Königreich zu machen. Die Taiping: Der König des Himmels Hong Xiuquan hatte die Macht, sich der Qing-Dynastie entgegenzustellen. 1864 eroberten kaiserliche Truppen Nanjing von den Taiping zurück. Dabei wurde der Palast weitgehend zerstört, aber 1870 wieder errichtet in einer Stilmischung aus europäischen und chinesischen Elementen. Er wurde wieder als Sitz des Generalgouverneurs genutzt. 1911 wurde der Palast nach der Xinhai-Revolution und dem damit einhergehenden Ende des Kaisertums, zum Sitz des ersten Präsidenten Dr. Yun-Sat-Sen, bis die Hauptstadt nach . der Gründung der Volksrepublik wieder nach Peking verlegt wurde. Das Büro des Präsidenten von 1911 bis 1949 Am 23. April 1949 wurde Nanjing von den Kommunisten erobert. Auf diesem Gemälde betreten sie den Präsidentenpalast. Deng Xiaoping, der Nachfolger von Mao Tse-tung, der China von 1979-1997 regierte, ist hier der zweite von rechts. Er ist der Architekt des heutigen modernen Chinas, der Reformer, der das berühmte Zitat prägte: "Es spielt keine Rolle, ob eine Katze schwarz oder weiß ist, wenn sie eine Maus fängt, ist sie eine gute Katze". Mit dieser Formel plädierte er dafür, effiziente wirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen, ohne die marxistische Ideologie zu berücksichtigen. Manche Gelehrte bezeichnen Deng Xiaoping als wichtigsten Mann Chinas im 20. Jahrhhundert. Ihm ist der kometenhafte Aufstieg Chinas zu verdanken, der vor circa 35 Jahren begann. Der Präsidentenpalast steht für die gesamte Phase des Niedergangs der Qing-Dynastie, das Endes des Kaisertums, den Taiping-Aufstands, die Republik China und die Eroberung durch die Kommunisten und ist damit einer der wichtigsten Orte der jüngeren chinesischen Geschichte. Die Stadtmauer von Nanjing Nach dem historischen Exkurs ins 20. Jahrhundert geht es wieder zurück in die Ming-Zeit, ins 14. Jahrhhundert. Eine der bemerkenswertesten Errungenschaften der Ming-Kaiser in Nanjing war der Bau der mächtigen Stadtmauer. Dieses beeindruckende Bauwerk erstreckte sich über eine Länge von etwa 35 Kilometern und umgab die Stadt, um sie vor Eindringlingen zu schützen. Heute sind davon noch 21 Kilometer erhalten, in einem guten Zustand und damit eine wichtige historische Sehenswürdigkeit in Nanjing. Gebaut wurde sie von 1360-1386 ebenfalls von dem ersten Ming-Kaiser Zhu Yuanzhang. Sie ist 14-20 Meter hoch und mit ihrer Länge steckt sie alle mittelalterlichen Stadtmauern Europas locker in die Tasche. Die Höhe von Nanjings Stadtmauer misst zwischen 14-20 Meter. Auf vielen Ziegeln aus der Ming-Zeit findet man Schriftzeichen mit Namen der Handwerker. Von der nördlichen Stadtmauer in der Nähe des Jiming Tempels hat man eine gute Aussicht auf den Xuanwu See. Im Hintergrund sind die Purpurnen Berge zu sehen. Am beeindruckendsten ist das Zhonghua Men, das China-Tor, das auf der südlichen, entgegengesetzten Seite der Altstadt liegt, also 6,5 Kilometer entfernt. Es ist das größte der 13 Stadttore, eine Verteidigungsanlage mit mehreren Höfen, die man in Europa als Zwinger bezeichnen würde. Ich bleibe im Norden und sehe mir den Jiming Tempel an, der direkt an der Stadtmauer liegt und eine pittoreske Landmarke bildet. Jiming Tempel Direkt an der Mauer liegt der Jiming-Tempel mit eigenem Zugang. Er wurde 527 errichtet, mehrfach zerstört und immer wieder aufgebaut. Der heutige Tempel wurde im 14. Jahrhhundert während der Ming-Herrschaft auch von Kaiser Zhu Yuanzhang errichtet, während des Taiping-Aufstandes zerstört und danach wieder aufgebaut. Besonderer Blickfang ist die siebenstöckige Pagode. Vor allem junge Leute kommen auf der Suche nach Spiritualität. Es ist auffällig, wie viele es sind. Im Gegensatz zu Europa, wo nur noch wenige junge Menschen den Weg in die Kirchen finden, nimmt die Gläubigkeit in China zu. Viele junge Menschen beten für eine gute Zukunft, dass die Ausbildung gut abgeschlossen werden kann und dass sie einen guten Job finden. Derzeit ist es für junge Leute schwierig zu finden, was sie sich wünschen, die Jugendarbeitslosigkeit ist im Moment hoch. Die Luft ist vom Duft der Räucherstäbchen erfüllt. Die Schatzschiffe des Ming-Kaisers Die Ming-Zeit lässt einen in Nanjing nicht los. In der Zeit zwischen 1405 und 1433 schickte sich China an, eine Seefahrernation zu werden. Im Auftrag des dritten Kaisers der Ming-Dynastie, Yong Le, befuhren chinesische Schiffe den Indischen Ozean und den Pazifik. Dazu wurden die größten jemals aus Holz gebauten Schiffe in einer für damalige Verhältnisse unglaublichen Größenordnung fertig gestellt. Ca. 80 Meter lang sollen sie gewesen sein, mit neun Masten. Aber nicht allein die Größe der Schiffe beeindruckt, auch die Größe der Flotte. Bei den Expeditionen fuhr eine Armada von hunderten von Schiffen gemeinsam los, in der Mitte die Schatzschiffe, beladen mit kostbaren Produkten wie Porzellan und Seide, begleitet von Kriegsschiffen, Versorgungsschiffen, Getreide- und Vorratsdschunken, Wassertankschiffen usw. Der Leiter dieser Flotte war Admiral Zhang He, ein Mann aus der Stadt Kunming in Yunnan, der weit im Südwesten gelegenen Provinz, vermutlich ein Nachfahre mongolischer Eltern, sicher ein Moslem. Wenig ist über ihn bekannt. Es ist ein seltsamer Umstand, dass alle Aufzeichnungen, Logbücher und Informationen über diese Schatzschiffflotte vernichtet wurden. Nur eine schriftliche Quelle informiert über die damals stattgefundenen Expeditionen. Der junge muslimische Dolmetscher Ma Huhn, der Zheng He bei den Expeditionen begleitete, veröffentlichte 1433 eine Chronik seiner Jahre auf See. Darin erwähnt er alle Länder, die bereist wurden, die Fauna, die Religionen und die kunsthandwerklichen Fertigkeiten der Völker, die er kennen lernte. Über die Größe der Schiffe verliert er aber kein Wort, wodurch die Spekulationen ins Kraut schossen. Eine andere, spätere Quelle könnte Auskunft geben. Im Roman "Der dreifach geschmückte Eunuch Zheng He bereist den westlichen Ozean" wird die Größe der Schatzschiffe mit stolzen 140 Metern Länge angegeben, aber diese Quelle ist unbrauchbar, sie ist ein fiktiver Abenteuerroman über die Expeditionen, der erst 160 Jahre nach Zheng Hes Tod veröffentlicht wurde. Hinweise zu der möglichen Größe der Schiffe lieferten archäologische Funde, als 1957 die Trockendocks der Werft in Nanjing freigelegt wurden. Zwar fand man keine Überreste eines Schiffsrumpfs, aber dafür ein Ruder, von dessen Größe man die Ausmaße der Schatzschiffe ableitete. Andere Wissenschaftler gehen von der Manövrierbarkeit der Schiffe aus, beziehen die Belastungsgrenzen des Materials Holz mit ein und versuchen, daran eine mögliche Größe festzumachen. Bis heute gibt es Vermutungen, die von 60 bis 138 Meter variieren. Warum wurden die Aufzeichnungen über diese beeindruckende Hochseefahrer-Ära vernichtet? Eine mögliche Antwort ist die Kostspieligkeit dieses Unternehmens, die nach und nach Kritik in den Kreisen der Beamtenschaft am Kaiserhof laut werden ließ. Nach dem Tod von Kaiser Yong Le und der Thronbesteigung durch seinen Sohn wurde das Projekt Hochseeschifffahrt eingestampft. Das Kapitel wurde kurzerhand zugeklappt und nie mehr geöffnet. 65 Jahre nach der letzten Rückkehr Zheng Hes von einer Expedition kamen Schiffe aus einer ganz anderen Region der Erde in den Indischen Ozean - aus Portugal. Vasko da Gama erreichte 1497 als erster Europäer den Indischen Ozean und läutete damit das Zeitalter der europäischen Seeherrschaft ein, das die Welt für die nächsten 500 Jahre nachhaltig verändern sollte. Insgesamt wurden unter der Leitung von Admiral Zhang He sieben Expeditionen unternommen: 1405–1407 Erste Reise: Vietnam – Java – Sri Lanka – Süden von Indien 1407–1409 Zweite Reise: Indien. Allerdings ohne Zheng He. 1409–1411 Dritte Reise: Indien und Sri Lanka 1413–1415 Vierte Reise: Hormuz am Persischen Golf und die afrikanische Ostküste 1417–1419 Fünfte Reise: Ostafrika bis Mogadishu 1421–1422 Sechste Reise: Südostasien – Indien – Persischer Golf 1431–1433 Siebte Reise: Malakka und Thailand Aus der Zeit der Schiffsexpeditionen existieren historische Docks in Nanjing, die heute zu einem Museumspark umgestaltet wurden, in dem man die Zeit der Hochseeschifffahrt Chinas in einem kleinen Museum nachvollziehen kann. Höhepunkt des Parks ist ein nachgebautes Schatzschiff, das allerdings einer Grundsanierung bedürfte. Das Massaker von Nanking Bei Nanjing denkt mancher als erstes an das Massaker. Das Gedenken daran legt einen deprimierenden Schatten über die Stadt. Manch einer möchte deswegen Nanjing lieber nicht besuchen. Ich hatte gemischte Gefühle, einen Ort zu sehen, an dem das Grauen wahrhaftig wurde. Der Eintritt in das Memorial ist frei, aber gegen eine Spende erhält man am Eingang eine weiße Chrysantheme, die man unterwegs an irgendeinem Ort des Rundgangs ablegen kann. Um es vorwegzunehmen, der Besuch des "Memorial Hall of the Victims in Nanjing Massacre by Japanese Invaders" war weniger erschütternd, als ich erwartet hatte. Das Massaker wird nicht in hochauflösenden Bildern gezeigt, denn nicht selten kommen Familien mit Kindern. Um ihnen traumtisierende Eindrücke zu ersparen, ist der Erinnerungsort so gestaltet, dass den Besuchern das Schlimmste erspart bleibt. Während des Zweiten Weltkriegs war China in den Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg von 1937-1945 verwickelt. Die Ursache waren japanische kolonialistische Bestrebungen, die sich auf China ausdehnten. China, das durch den Bürgerkrieg geschwächt war, konnte sich nicht verteidigen. Auf chinesischem Territorium richteten die Japaner den Marionettenstaat Mandschuko ein, um von dort aus die besetzten Gebiete zu verwalten. Nachdem die Japaner Schanghai angegriffen und erobert hatten, zogen sie weiter nach Nanjing. Kaiser Hirohito erteilte den Befehl, sich nicht an das Haager Abkommen zu halten, keine Kriegsgefangenen zu nehmen, sondern alle sofort zu exekutieren. Auf dem Weg nach Nanjing hinterließen die Japaner eine Spur des Terrors. Als sie am 8. Dezember 1937 Nanjing erreichten schlossen sie die Stadt ein, am 13. Dezember besetzten sie die Stadt. Was dann begann, war sieben Wochen die reinste Hölle. Menschen wurden auf offener Straße geköpft, lebendig begraben, bestialisch gefoltert, Kranke in ihren Betten zerhackt, Babys auf Bajonette gespießt, an Wände genagelt, über offenem Feuer geröstet, Frauen vergewaltigt und danach getötet. Chinesische Zivilisten werden von japanischen Soldaten lebendig begraben. Die Opferzahlen sind unklar, sehr unterschiedliche Zahlen werden angegeben. In den japanischen Kriegsverbrecherprozessen ging man 200.000 Menschen aus. Wer war John Rabe? Der Hamburger John Rabe arbeitete während des Massakers bei der Siemens-Halske-Niederlassung in Nanjing. Während der Geschehnisse richtete er eine Sonderschutzzone ein, in der 250.000 Chinesen Schutz vor den Japanern fanden und vor dem Tod gerettet wurden. Das Wohnhaus von John Rabe ist heute eine Gedenkstätte. In China ist er berühmt und gilt als zweiter Oskar Schindler. Er wurde 2009 von 56 Mio. Chinesen bei einer Umfrage von Radio China International unter die Top Ten Friends of China der letzten hundert Jahre, die Ausländer sind, auf Platz 2 gewählt. Als Mitglied der NSDAP wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg vorerst nicht entnazifiziert, später doch wegen seines humanitären Einsatzes. Eine verantwortungsvolle Position bekam er trotzdem nicht mehr und starb 1950 verarmt in Berlin. Er ist in Deutschland so gut wie vergessen, in China lebt sein Andenken weiter. Vermutlich kennt fast jeder Chinese ihn.

  • Tibet - auf dem Dach der Welt

    Tibet - Traumreiseziel für viele. Auch auf meiner Liste der China-Destinationen stand Tibet ganz weit oben, vielleicht sogar an der Spitze. Nach Tibet kommt man nicht so leicht, nicht einmal, wenn man schon in China wohnt. Entsprechend erleichtert war ich, als ich nach einiger Wartezeit die Genehmigung vom Innenministerium erhielt. Auf Papier gedruckt wurde sie mir per Post zugeschickt. Erstaunlich für ein voll digitalisiertes Land. Am Flughafen dann der angeschlagene Abflug nach Lhasa - Direktverbindung in ein ziemlich mythenumwobenes Land. Der Flug dauerte lange, irgendwann ging es über den Himalaya. Berge soweit das Auge reicht, ein Gebirge wie ein Ozean. Heftige Turbulenzen schüttelten das Flugzeug. So stark hatte ich es selten erlebt. Angstvolles Wimmern von Passagieren, erschrockene Aufschreie. Trotzdem wunderschöner Ausblick. Angekommen - der Blick aus dem Hotelzimmer ist grandios - der Potala-Palast. Am ersten Nachmittag und Abend war Akklimatisierung an die Höhe angesagt. Man weiß nie, wie der Körper reagiert. Tibet liegt durchschnittlich auf 4500 Meter Höhe, Lhasa auf 3600 Meter. Packt man es oder muss man die Reise abbrechen? In unserer Gruppe hatte ein Ehepaar am zweiten Tag aufgegeben. Ich reiste mit einer Gruppe, da man derzeit allein gar nicht nach Tibet kommt. In Tibet dreht sich alles um die Religion und die Berge. Am Buddhismus führt kein Weg vorbei. Es ist die kulturelle Leistung, die die Reise inhaltlich ausmacht. Daher lohnt ein kurzer Blick darauf. Buddhismus aus Indien mischt sich mit tibetisch-indigener Kultur Tibets Kultur wird maßgeblich von buddhistischer Religion und Spiritualität bestimmt, die relativ spät, erst im 7. Jahrhhundert von Indien nach Tibet kamen. China hatte den Buddhismus schon seit dem 1. Jh. n. Chr. übernommen und Japan und Korea führten ihn zwischen dem 3. und 6. Jh. ein. Der indische Einfluss mischte sich in Tibet mit der indigenen, bereits vorhandenen Geister- und Götterwelt, der "Bön"-Kultur, woraus die Richtung des tibetischen Buddhismus entstand. Die für Tibet typischen Gebetsfahnen sind ein Relikt der vor-buddhistischen Religionen. Gebetsfahnen - typisches Merkmal des tibetischen Buddhismus, entstanden aus indigenen, tibetischen Religionen, die sich mit dem später eingeführten Buddhismus mischten. Offizielle Einführung des Buddhismus in Tibet Offiziell wurde der Buddhismus unter König Songtsen Gampo im 7. Jahrhhundert eingeführt. Songtsen Gampo war ein bedeutender Herrscher des tibetischen Reichs und wird oft als einer der großen Könige Tibets betrachtet. Seine Herrschaft erstreckte sich ungefähr von 617 bis 649 n. Chr. Songtsen Gampo heiratete Prinzessin Bhrikuti Devi aus Nepal und Prinzessin Wencheng aus China, die beide Buddhistinnen waren. Diese politischen Ehen trugen wesentlich dazu bei, den Buddhismus in Tibet zu verbreiten und zu etablieren. Songtsen Gampo wird auch mit der Gründung der Stadt Lhasa und dem Bau des Jokhang-Tempels im Zentrum Lhasas in Verbindung gebracht, einer der wichtigsten heiligen Stätten des tibetischen Buddhismus. Songtsen Gampo wird als Emanation des Bodhisattvas Avalokitesvara verehrt, einem der prominentesten Bodhisattvas in Tibet. Songtsen Gampo (Mitte), Prinzessin Wencheng aus China (rechts) and Prinzessin Bhrikuti Devi aus Nepal (links) © gemeinfrei, Ernst Stavro Blofeld - http://en.wikipedia.org/wiki/Image:SongstenGampoandwives.jpg Seine chinesische Ehefrau Wancheng brachte die Buddhastatue Jowo aus China mit nach Tibet, ein Abbild des Buddhas Siddharta Gautama als zwölfjähriger Prinz. Die Statue wird als heiligstes Abbild Buddhas in Tibet im Jokhang Tempel in Lhasa aufbewahrt und verehrt. Man glaubt, dass diese Statue von Siddharta Gautama selber gesegnet wurde und das Antlitz ein Portrait nach seinem Gesicht darstellt. LBM1948 - Own work Image of the Buddha in The Jokhang [Jowo] . Lhasa, Tibet, China CC BY-SA 4.0, Der nachfolgende König Trisong Detsen bestieg im 8. Jh. den Thron und festigte den Bhuddismus als Staatsreligion. Weil er vor allem am indischen Buddhismus interessiert war, holte er Gelehrte und spirutuelle Lehrer von Indien nach Tibet. Die Errichtung eines ersten Klosters gestaltete sich äußerst schwierig, da wie durch eine magische Kraft alle Arbeit eines ganzen Tages in jeder folgenden Nacht immer wieder zerstört wurde. Die Tibeter glaubten, dass die ursprünglichen, einheimischen Geister die Einführung der neuen Religion in Tibet verhindern wollten. Daraufhin lud der König den Tantra-Meister Padmasambhava nach Tibet ein, der durch das Land reiste, die einheimischen Geister unterwarf und sie zu Beschützern des Buddhismus machte. Danach konnte die Errichtung des Klosters vollendet werden. Padmasambhava soll übernatürliche Kräfte gehabt haben und gilt als Emanation des Amitabha Buddha, dem prominentesten Buddha im Reinen Land Sukhavati. Er ist auch der Gründer der Nyingma Schule, einem der vier großen Klosterorden des tibetischen Buddhismus'. Die anderen drei Orden sind Kagyu, Gelug und Sakya. Der wichtigste davon ist der Gelug-Orden, der im 15. Jahrhhundert entstand, er ist auch bekannt als Gelbmützen-Orden. In dieser Zeit trat erstmalig der Dalai Lama auf die Bühne der Geschichte. Der Dalai Lama, Angehöriger der Gelug-Schule, gilt wie der König Songtsen Gampo als Reinkarnation des Bodhisattvas Avalokitesvara. Im Laufe der Zeit wurde die Gelug-Schule die dominierende und politisch einflussreichste Sekte in Tibet. Das Drepung-Kloster bei Lhasa Nachdem wir uns an die Höhe akklimatisiert hatten, tauchten wir am nächsten Tag direkt in die geheimnisvolle Welt des tibetischen Buddhismus ein. Das Drepung-Kloster, eines der bedeutendsten und größten Klöster Tibets, befindet sich nur wenige Kilometer oberhalb von Lhasa auf einem Berg am westlichen Rand der Stadt. Es wurde im Jahr 1416 gegründet und ist ein bedeutendes Zentrum der Gelug-Schule, zu der auch der Dalai Lama gehört. Die Anhänger der Gelug-Schule sind erkennbar an ihren gelben Mützen. Wie gesagt, bezeichnet man diese Richtung des tibetischen Buddhismus auch als Gelbmützen-Schule. Die Fülle an Eindrücken im Kloster überwältigt. Ornamente, Figuren, Bodhisattvas, Buddhas oder Abbildungen von Reinkarnationen, Wandmalereien, Schreine, Vitrinen mit Gottheiten und Schriften, immer wieder Yak-Butterkerzen, die von Mönchen am Brennen gehalten werden, die bei ihrer Arbeit meditativ und gleichmäßig monoton vor sich hin beten. Vom Inneren des Klosters konnte ich keine Fotos machen - Fotografieren ist dort nicht erwünscht. Umso erstaunlicher, dass wir die Mönche ausgerechnet beim Gebet in der Hauptversammlungshalle anschauen, fotografieren und filmen durften. Sie nahmen es gelassen, einige lächelten mir sogar zu. Auch der vorangegangene Ruf zum Gebet durch einen Gong beeindruckte. Seine archaische Klangfülle tönte in regelmäßigen Abständen über die Klosterstadt und rief zur Zusammenkunft. Aus allen Richtungen strömten die Mönche herbei, sammelten sich vor der Haupthalle, zogen ihre Schuhe aus und gingen zum Gebet. Im Inneren des Klosters gibt es nicht nur Mönche, sondern jede Menge anderer Leute, Pilger, die sich vor Bildern oder Statuen von Buddhas, Bodhisattvas und anderen heiligen Figuren betend verbeugen, Opfergaben machen, Butterkerzen entzünden oder mitgebrachte Yak-Butter in die Gefäße füllen, in denen Kerzendochte brennen. Überall liegt haufenweise Geld herum wie herabgefallenes Laub. Es wird auch wie Laub zusammengekehrt und in Säcken gesammelt. Mittendrin stehen wir Touristen und bekommen die Grundlagen des tibetischen Buddhismus erläutert, Kinder rennen herum, Leute reden in normaler Lautstärke, andere werden gesegnet und über alles legt sich der tiefe monotone Klang der gemeinsamen Gebete. Das Kloster erreichte während seiner Blütezeit im 18. Jahrhundert eine enorme Größe und Bedeutung, mit Tausenden von Mönchen, die dort lebten und studierten. Es war nicht nur ein spirituelles, sondern auch ein politisches und kulturelles Zentrum für Tibet. Das Kloster wurde während der Kulturrevolution nicht zerstört, so dass man heute noch den ehemaligen Regierungspalast des Dalai Lama darin sehen kann. Wie etablierte sich die geistliche und weltliche Macht der Lamas in Tibet? Der ersten drei Dalai Lamas Der mongolische Herrscher Altan Khan (1507-1582) ließ alte Kontakte nach Tibet wieder aufleben. "Alte Kontakte" deswegen, weil die Mongolen schon einmal vorher in Tibet waren. Kublai Khan, ein Enkel des legendären Dschingis Khan, hatte Tibet und weite Teilen Ostasiens im 13. Jahrhundert erobert. Dabei wurden aber die Eroberer kulturell so stark von den Eroberten beeinflusst, dass der tibetische Buddhismus in die Mongolei geriet. Für Tibeter und Mongolen war die Begegnung gleichermaßen vorteilhaft. Die Tibeter brachten Religion und Spiritualität in die Mongolei und die Mongolen verteidigten im weiteren Verlauf die spirituellen Führer Tibets, sozusagen eine Win-Win-Situation. Nach der ersten Eroberung im 13. Jh. wurden die Mongolen im frühen 14. Jh. durch die chinesischen Ming-Herrscher wieder vertrieben. Im 16. Jahrhhundert wollte Altan Khan den tibetischen Buddhismus in der Mongolei festigen und lud Sonam Gyatso (1543-1588) in die Mongolei ein, jenen Mann, der auf dem Thron des Drepung Klosters saß, das gerade oben in Bildern gezeigt wurde. Man hielt ihn für die Reinkarnation von Gendün Gyatso, seinen Vorgänger auf dem Thron desselben Klosters. Sonam Gyatso reiste in die Mongolei und bekam von Altan Khan den Titel Dalai Lama verliehen. Das Wort "Dalai" ist mongolisch und bedeutet Ozean, während "Lama" das tibetische Äquivalent für das Sanskrit-Wort "Guru" ist, ein spiritueller Führer oder Lehrer für den Einzelnen. Dalai Lama bedeutet also Ozeanischer Guru, wobei der Ozean gleichgesetzt wird mit Weisheit. Sonam Gyatso ist aber im Nachhinein nicht der erste Dalai Lama, sondern posthum wurde auch seinen zwei Vorgängern der Titel Dalai Lama verliehen. Der offizielle erste Dalai Lama war Gendün Drub (1391-1275). Auf ihn geht die Gründung des Klosters Tashilhunpo in Shigatse zurück, ein Kloster, das wir später auch bei unserer Reise besuchten. Es ist ein wichtiges Kloster der Gelug-Schule und später Sitz des Panchen Lamas. Sonam Gyatso ist demnach der 3. Dalai Lama. Mit ihm begann das sogenannte Tulku-System, bei dem ein Kind als Wiedergeburt, als Reinkarnation eines Lamas angesehen wird. Wenn ein Lama stirbt, wird dessen kindliche Reinkarnation in der tibetischen Bevölkerung gesucht und wenn es gefunden wird und man sicher ist, dass es die Reinkarnation ist, erhält es eine entsprechende Ausbildung, um den Titel und die Funktion des Vorgängers zu übernehmen. Diese Ausbildung fand anfangs im oben gezeigten Drepung-Kloster statt. Es gibt unzählige Tulku-Linien, aber die prominenteste und wichtigste ist die des Dalai Lama. Darüberhinaus gibt es noch zwei weitere für Tibet wichtige, den Panchen Lama und den Karmapa Lama. Der 5. Dalai Lama wird geistlicher und weltlicher Herrscher Die Mongolen hatten im 17. Jahrhhundert noch einmal Einfluss auf Tibet, als die Herrschaft der Gelug-Schule etabliert wurde. Ein wichtiger Moment war die Allianz zwischen dem 5. Dalai Lama Ngawang Lobsang Gyatso (1617-1682) und Güshi Khan, dem Anführer der Khoshuud-Mongolen, um Tibet von rivalisierenden lokalen Herrschern zu befreien und die Gelug-Herrschaft zu festigen. Güshi Khan und seine Truppen unterstützten den 5. Dalai Lama militärisch und halfen ihm, seine Autorität in Tibet zu stärken. Diese Allianz führte dazu, dass die Gelug-Schule die dominante religiöse und politische Kraft in Tibet wurde. Diese Periode war keine "mongolische Herrschaft" über Tibet, sondern eher eine Zeit der Allianz zwischen den Gelugpas und den mongolischen Truppen unter Güshi Khan zur Festigung der Macht des Dalai Lama in Tibet. Der 5. Dalai Lama gelangte so an weltliche Macht und seitdem ist der Dalai Lama sowohl geistliches als auch weltliches Oberhaupt Tibets. Die Mongolen wurden von den Tibetern kulturell so weit beeinflusst, dass der tibetische Buddhismus heute auch in der Mongolei verbreitet ist. Die doppelte Funktion des Dalai Lama als geistliches und weltliches Oberhaupt der Tibeter rief bzw. ruft den Konflikt mit der chinesischen Regierung hervor, da der Anspruch Tibets, ein eigener Staat mit eigenem Oberhaupt zu sein, gegen die chinesischen Interessen steht. Was alles so friedlich und harmlos aussieht, war auch mit weltlicher Macht verbunden. Ein Kloster brauchte eine wirtschaftliche Grundlage und wie im europäischen Mittelalter hatten auch tibetische Klöster jede Menge Grundbesitz zur Bewirtschaftung, aber noch mehr, nämlich auch Leibeigene, Hirten usw. Es wurden auch Steuern eingetrieben, teilweise durch bewaffnete Mönche. Überall gelebte Spiritualität Man bekommt in Tibet das Gefühl, an einem der spirituellsten Orte der Welt zu sein. Zwar gibt es bei weitem nicht mehr so viele Mönche wie einst, als es üblich war, dass der älteste Sohn einer jeden Familie Mönch wurde, aber im Drepung-Kloster leben wieder circa 800 Mönche. „Wieder", weil es nach der Kulturrevolution kein Mönchtum mehr gab. Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts zählte man wieder 20 Mönche, Tendenz seitdem zunehmend. Das Kloster bietet Platz für bis zu 10.000 Mönche. An diesem Ort wurde früher der Dalai Lama ausgebildet. Auch war es sein Amtssitz als tibetisches Oberhaupt, bis der 5. Dalai Lama 1645 in den neu errichteten Potala Palast umzog. Mönche prägen das Straßenbild in Orten, die ein Kloster haben, man sieht sie in Restaurants, auf dem Markt, überall. Wenn man abends an einem Kloster entlang spazieren geht, schallen die Klänge der Dungchen, tibetische Blechblasinstrumente mit ziemlich archaischen Tönen, aus den Mauern heraus. Auch die Menge an Pilgern ist groß. In Lhasa um den Jokhang-Tempel wird gebetet, was das Zeug hält. Auf einem Rundgang um den ganzen Tempelbezirk bewegen sich die Pilger in immer fortwährender Manier. Sie legen sich flach auf den Boden, die Arme in voller Länge ausgestreckt, die Stirn auf den Boden gerichtet, um Demut und Hingabe gegenüber dem Objekt des Gebets zu symbolisieren, sei es Buddha, ein Bodhisattva oder ein anderer spiritueller Bezugspunkt. Danach stehen sie auf, führen die zusammengelegten Hände an die Stirn, den Mund und die Brust, gehen zwei Schritte und legen sich wieder flach, komplett ausgestreckt auf den Boden. Diese immer wiederkehrenden Bewegungen stellen die körperliche Manifestation der spirituellen Hingabe und des Fortschritts auf dem spirituellen Weg dar. Obwohl die Pilger sich nur langsam vorwärts bewegen, symbolisiert jede Bewegung einen Schritt auf dem Weg der spirituellen Entwicklung. Manche Pilger legen auf diese Weise hunderte von Kilometern zurück und brauchen für die Strecke Monate. Eine junge Tibetern beim Gebets-Rundgang um den Jokhang-Tempel, dem alten Tempel aus dem 7. Jh. im Zentrum von Lhasa. Was hier voyeuristisch aussieht - fotografieren einer Pilgerin - war eine sympathische Begegnung. Die junge Frau war langsam, weil sie sich ständig auf den Boden legte, aufstand, zwei Schritte machte, um sich wieder hinzulegen. Wir waren auch langsam, weil - es war unglaublich - Tibeter unentwegt fragten, ob sie ein Foto mit uns machen können. Vor allem mein belgischer Mitreisender Sander war mit seinem roten Vollbart, den 1,90 Metern und seinem belgischen Bierbauch der Star. Die junge Tibeterin lachte, sprach uns an und weil wir wegen der ständigen Fotografiererei ungefähr gleich schnell waren wie sie, liefen wir eine Zeit lang fast auf gleicher Höhe nebeneinander her. Es war amüsant. Überhaupt sind Tibeter extrem freundlich, offen und lächeln viel. Der Jokhang-Tempel im Zentrum von Lhasa, einer der wichtigsten Tempel der Tibeter. Dort wird die Buddha-Statue Jowo aufbewahrt, die die chinesische Prinzessin Wencheng mitbrachte, die heiligste Buddha-Statue Tibets. Um den Tempel wimmelt es von Pilgern, die überall herumlaufen oder sich betenderweise unentwegt auf den Boden legen. Man liest manchmal, dass Beten in Tibet verboten sei. Aber Religionsausübung ist in China in jeder Form erlaubt. Auch Moscheen und Kirchen werden besucht und genutzt. Heilige Berge sind gesetzlich geschützt wie der Berg Kailash, einer der heiligsten Berge des tibetischen Buddhismus, des Hinduismus, des Jainismus und des Bön, der vorbuddhistischen Religion Tibets. Er gilt als Wohnsitz verschiedener Gottheiten und hat eine tiefe spirituelle Bedeutung für Gläubige dieser Traditionen. Es wird geglaubt, dass die Besteigung des Kailash eine Beleidigung der Gottheiten darstellen würde und den spirituellen Segen stören könnte, der mit dem Berg verbunden ist. Im Tempelinneren haben wir nicht fotografiert. Die Würde des Ortes gebietet das. Die Frömmigkeit und tiefe Ernsthaftigkeit der Tibeter ergriff mich mehr als einmal. Die Schriften des tibetischen Buddhismus - Von Pecha und Sanskrit Pecha ist das tibetische Wort für “Buch“. Unter einem Buch verstehen Europäer etwas anderes als Tibeter. Hier sind es lose Blätter, die zu einem Stapel zusammengelegt werden. Einzelne Seiten eines Pechas. Sie werden lose übereinander gelegt. Die Ursprünge dieser ungewöhnlichen Seitenform gehen zurück auf die sogenannten Palmblätter-Handschriften, die in Indien bis ins 5. Jh. v. Chr. nachweisbar sind, bei denen man getrocknete und mit Rauch behandelte Palmblätter als Schreibuntergrund verwendete. Von Indien verbreitete sich diese Technik über Südasien und gelangte im 7. Jh. nach Tibet. Eine der ältesten Handschriften stammt aus dem 9. Jh. v. Chr. aus Nepal. Sie liegt heute in der Universitätsbibliothek in Cambridge, England - wie immer sie auch dorthin gekommen sein mag. Die Bündel mit den bedruckten Blättern werden in Stoff eingewickelt, um sie zu schützen. Danach werden sie oben und unten mit einem schützenden Holzbrett versehen. Pechas, eingewickelt in Stoffe und geschützt durch Holzbretter. Sie werden aufbewahrt in Vitrinen, in die Pilger Geldscheine durch Schlitze stecken. In einem tibetischen Klöster findet man überall Geld. Die Schriften des tibetischen Buddhismus werden traditionell auf handgefertigtem Papier aus lokalen Grundstoffen gedruckt, Palmblätter gibt es in Tibet nicht. Der Druckprozess selbst erfolgt durch Holzblockdruck. Dazu werden die Texte in Holzblöcke graviert. Beim Drucken arbeiten zwei Mönche zusammen. Einer rollt die Farbe auf die Druckplatte, der andere legt das Papier darauf und der erste Mönch presst dann das Papier auf den Druckblock. Dieser Prozess wird von erfahrenen Mönchen durchgeführt, die die Holzblöcke sorgfältig schnitzen und die Qualität des Drucks überwachen, um sicherzustellen, dass die Schriften klar und deutlich lesbar sind. Die Holzblöcke werden in Regalen gelagert. Heutzutage gibt es Software, mit der die Pechas geschrieben werden. Die Softwareprogramme behalten bis heute die längliche Form der Seiten bei und setzen damit die jahrtausendealte Form der Palmblätter fort. In Klöstern wird aber weiterhin von Hand gedruckt. Ein Screenshot der Software Pechamaker, trotzdem wird in den Klöstern auch von Hand gedruckt. Die Pechas werden in unterschiedlichen Schriften jeweils auf einer Seite verfasst. Die oberen beiden Reihen sind in Sanskrit verfasst, die untere in Tibetisch. Sanskrit kam zusammen mit dem Buddhismus von Indien nach Tibet. Es wird oft als "Sprache der Götter" bezeichnet und ist die älteste bekannte indoeuropäische Sprache. Es gilt in der indischen Kultur als heilige Sprache. Seine Grammatik und Struktur sind äußerst präzise und detailliert, was es zu einer idealen Sprache für die Überlieferung komplexer Ideen macht. Sanskrit wird heute nicht mehr als Alltagssprache gesprochen, wird aber immer noch in verschiedenen Kontexten verwendet wie z.B. bei den Schriften. Die Rolle dieser Sprache ist vergleichbar mit Latein in der europäischen Kultur, es wird nicht mehr gesprochen, aber weiterhin in verschiedenen Kontexten verwendet. In der Linguistik sieht man Sanskrit als Grundlage für die Erforschung der Entwicklung und Ursprünge indoeuropäischer Sprachen. Deutsch sowie fast allen anderen europäischen Sprachen haben als indoeuropäische Sprachen tatsächlich eine sprachliche Verwandtschaft mit Sanskrit und damit auch mit manchen südasiatischen Sprachen. Der Potala-Palast Der Potala-Palast, beeindruckendes architektonisches Meisterwerk und kulturelles Wahrzeichen Tibets thront hoch über Lhasa. Er steht symbolisch für den tibetischen Buddhismus und die tibetische Kultur. Erbaut im 17. Jahrhundert unter der Herrschaft des damaligen 5. Dalai Lama, diente er zunächst als Winterresidenz für das religiöse und weltliche Oberhaupt Tibets. Später wurde der Palast zu einem politischen und religiösen Zentrum und beherbergte nicht nur die Wohnräume der Dalai Lamas, sondern auch zahlreiche Tempel, Schreine, Meditationshallen, Schatzkammern und Bibliotheken. Der Potala-Palast besteht aus zwei Hauptteilen: dem Roten Palast, der für politische Angelegenheiten genutzt wurde, und dem Weißen Palast, der als Wohnbereich für die Dalai Lamas und ihre Mönchsgemeinschaft diente. Der Palast wurde ebenfalls während der Kulturrevoution nicht zerstört. Alle Räumlichkeiten sind seit dem Weggang des Dalai Lamas unverändert. Das Innere ist von beeindruckender kultureller Dichte, Farbenpracht und Ornamentreichtum. Residenzräume, der Audienzsaal mit dem Thron, Versammlungsräume, Tempel, Schreine und heilige Hallen, mausoleale Stätten mit gigantischen Stupas, in denen die bisherigen 13 Dalai Lamas bestattet sind, die meterhoch in das Dunkel der Halle ragen. Im Palast darf nicht fotografiert werden, man muss sich auf Außenaufnahmen beschränken. Aber Tibeter lieben es, Fotos mit Ausländern zu machen. Wenn man freundlich fragt, ob man auch sie fotografieren darf, bekommt man ein 100%iges JA. Tibeter sind offen. Ich habe selten so offene, freundliche, häufig lächelnde Menschen erlebt wie hier in Tibet. Gesichter Tibets Um den Potala Palast führt ein Pilgerweg herum, dem ich ein Stück gefolgt bin, Auf zum Mount Everest Am nächsten Morgen ging unsere Fahrt in aller Frühe weiter. Halbwüste, Trockenheit. In Tibet gibt es wenig Grün. Immer wieder teilt man sich die Straße mit Tierherden. Hinauf geht's zum Gampala Pass. Tibetische Mastiffs, die tibetischen Hirtenhunde, die von Nomaden als Wach- und Schutzhunde eingesetzt werden. Sie sind für ihre Größe, Loyalität und ihren Schutzinstinkt bekannt. Ziegen fehlen in den Bergen natürlich nicht - die Klettermeister, die auf unebenster Fläche immer noch gut und sicher stehen, obwohl man es ihnen gar nicht zutraut. Auf dem Gampala Pass, unten der Yamdrok See, im Hintergrund der heilige Berg Nyenchen Khangsar (7191 m), er wird auch als Noijinkangsang bezeichnet. Oben auf dem Gampala Pass sind wir in einer Höhe von immerhin 4790 Metern angelangt. Im Hintergrund ragt majestätisch der heilige Berg Nyenchen Khangsar (7191 m) (Noijinkangsang) heraus, der höchste Berg in der Nähe von Lhasa. Die Pässe in den Alpen kommen mit diesen Höhen nicht mit. Das Stilfser Joch ist mit seinen 2757 Metern Höhe geradezu niedrig, aber es ist im Winter für circa sechs Monate geschlossen. Der Montblanc ist mit seinen 4808 Metern Höhe als höchster Berg Europas gerade 18 Meter höher als der Gampala Pass. Bei unserer Reise ist es Winter und es gibt keinen Schnee trotz der extremen Höhe. Eine völlig neue Erfahrung. Tibet ist ein sehr trockenes Land. Es liegt im Regenschatten des Himalaya, der Monsun kommt nicht über die Berge. Außerdem ist die Luft durch die Höhe extrem trocken und kann daher weniger Feuchtigkeit halten. Selbst wenn es Niederschlag gibt, verdunstet er, bevor er den Boden erreicht. Die Hochebene ist steppenartig und ähnelt Halbwüsten. Viel Vegetation gibt es nicht, übrigens ein Umstand, der dazu beiträgt, dass tibetisch buddhistische Mönche nicht vegetarisch leben. Ohne das Yak als Nutztier wäre eine Besiedlung Tibets nicht möglich gewesen. Der Yamdrok See auf 4441 Meter Höhe Der Karola Gletscher fließt am Noijinkangsang herunter. Dieser heilige Berg ist stark vergletschert. Wir sehen von dem Parkplatz an der Straße nur einen kleinen Teil des gesamten Gletschermassivs, das an dieser Stelle immerhin bis 5200 Meter hinunterfließt. Allerdings hat sich das Gletscherende in den letzten Jahren stark zurückgezogen. Mauern aus getrocknetem Yak-Mist, der zum Heizen verwendet wird - daher die portionierten Mengen. Man nimmt einfach ein paar getrocknete Scheite und macht es sich im Haus schön warm. Tibetisches Essen. Nicht alles, was man hier sieht, ist wirklich authentisch. Kartoffeln und Brokkoli gehören weniger zu den traditionellen Speisen in Tibet. Dafür aber getrockneter Yak-Käse (die weißen Stangen oben links). Der ist so hart, dass man sich fast die Zähne daran ausbeißt. Die Hauptzutaten für Tsampa Das traditionelle tibetische Grundnahrungsmittel, das aus geröstetem Gerstenmehl und Yakbutter-Tee geknetet wird, heißt "Tsampa". Es ist ein wichtiger Bestandteil der tibetischen Küche und wird oft als Hauptnahrungsmittel konsumiert. Tsampa ist reich an Nährstoffen und Energie und eignet sich gut für das raue Klima in den hochgelegenen Regionen Tibets. Es wird oft zu kleinen Bällchen geformt und zusammen mit Buttertee oder anderen Getränken gegessen. Tsampa wird auch manchmal mit Yakbutter, Zucker oder Salz gemischt und kann vielseitig in der Küche verwendet werden. Es ist ein symbolisches und kulturell bedeutendes Nahrungsmittel in Tibet. Zu Gast bei einer tibetischen Familie Ungewöhnliche Kindheit - aufwachsen in den Bergen in extremer Höhe in einem entlegenen Dorf mit wenigen Häusern, in einem Land ohne Bäume und Büsche, aber mit enorm viel Spiritualität. Yaks auf der Straße Der Gawula Pass mit Blick auf den Mount Everest Das Besondere am Gawula Pass: Von hier sieht man das erste Mal den Mount Everest in voller Pracht. Aber nicht nur ihn, insgesamt hat man von hier fünf Achttausender im Blick und schaut auf eine Hauptkette des Himalaya. Am Gyatsola Pass Weiter geht die Fahrt. Unser Ziel: Das Everest Base Camp. Der Gyatsola Pass hat gleich mehrere Namen und weil's so üblich ist, weiß auch keiner seine genaue Höhe, die variiert nämlich auch, je nach Angabe. Seine Namen: Gyatsola, Jia Tsuo La oder auch Lhakpa La. Seine Höhe: 5248, nach anderen Angaben 5220. Jedenfalls höher als das Everest Base Camp. Ich bin hier am höchsten Punkt der Reise und damit auch am höchsten Punkt, auf dem ich jemals auf der Erde gestanden habe. Über diesen Pass führt die Verbindungsstraße von Kathmandu in Nepal nach Lhasa in Tibet. Wir befinden uns in einer Grenzregion und daher werden häufiger unsere Papiere kontrolliert. Angekommen am Everest Base Camp Das Basislager auf der chinesischen Seite ist weniger frequentiert als das auf der nepalesischen Seite. Der Mount Everest erstreckt sich auf Nepal und China, die Grenze verläuft über den Gipfel. Die meisten Bergsteiger gehen allerdings von Nepal hoch, weil es dort weniger Reglementierungen gibt. Am nächsten Morgen ging es zurück. Ein letzter Blick auf den Everest im Sonnenaufgang bei minus 20 Grad. Nicht einmal im Bus wurde es warm. Es war schon echt kalt. Wieder eine Stadt, diesmal Shigatse, die zweitgrößte Stadt Tibets. Hier liegt das Tashilhunpo-Kloster, der traditionelle Sitz des Panchen Lama. Das Kloster wurde 1447 gegründet und ist eines der wichtigsten im tibetischen Buddhismus. Um den gesamten Klosterbezirk führt ein Weg, der komplett mit Gebetstrommeln gesäumt ist. Vor dem Kloster wird Yakbutter an Pilger verkauft. Diese Butter wird dann in die Gefäße gefüllt, in denen Dochte brennen, also eine Art Opferkerze. Ein Mönch beim Saubermachen - auch ganz profane Dinge gehören zum Mönchsleben. Tibetisches Restaurant mit ziemlich bunter Gästeschar. Einheimische Tänze und Musik. Was hier aussieht wie eine Touristenfalle ist in Wirklichkeit für die Tibeter selber. Es gab außer unserer Reisegruppe keine ausländischen Touristen weit und breit. Es war Winter und die meisten Touristen kommen im Sommer, obwohl das Wetter gerade im Winter besser ist, weil es so gut wie keinen Niederschlag gibt. Bei unserer Reise war der Himmel immer strahlend blau.

  • Als Tourist in Schanghai

    Als Individualtourist nach Schanghai zu reisen, kann anstrengend werden. Blauäugig unterschätzt man die Andersartigkeit Chinas und stellt nach der Ankunft fest, dass China nicht nur ein anderes Land ist, sondern ein anderes Universum. Elementare Dinge werden zum Problem: Internetzugang, Orientierung in der Stadt, Bezahlung von Dingen, zur Toiletten gehen, sich im Restaurant zurecht finden, ... Gleich zu Anfang: Ein paar hilfreiche Apps, die man herunterladen sollte, bevor man nach China reist: VPN China hat ein eigenes Internet und westliche Apps wie z.B. Google-Chrome, Facebook, Instagram, WhatsApp usw. funktionieren gar nicht. Aber man kann das chinesische Internet umgehen mithilfe eines VPN-Browsers, mit dem man kurzerhand einen fingierten anderen Standort des Handys angibt und sich in einer beliebigen Stadt der westlichen Welt einloggt. Das Handy ist dann zwar in China, aber durch den virtuellen Standort kann man alle westlichen Apps benutzen. Es gibt verschiedene Anbieter, die App kostet ein paar Euro pro Monat, aber die Investition lohnt sich. VPN-Browser sind für Chinesen verboten, aber daran halten sich jüngere Chinesen seltener. Als Westler bekommt man keine Probleme mit irgendwelchen Behörden, wenn man diesen Browser auf dem Handy hat. Auch für Chinesen ist es unproblematisch, wenn man nicht gerade im Staatsdienst o.Ä. ist und noch Karriere machen will. Alipay oder Wechat Alipayist und Wechat sind Apps, mit denen man so ziemlich alles machen kann, am wichtigsten ist aber das Bezahlen. Normalerweise braucht man für Alipay ein chinesisches Bankkonto, mittlerweile gibt es aber auch einen Alipay Tour Pass für Touristen. Dieser Tour Pass funktioniert wie eine Prepaid Karte der Bank of Shanghai. Er läuft 90 Tage, danach wird die nicht verbrauchte Summe direkt auf das Konto zurück überwiesen, von dem sie kam. Um den Tour Pass zu nutzen, lädt man zunächst die Alipay-App vom Appstore auf sein Smartphone. Man registriert sich, indem man seine E-Mail-Adresse oder seine deutsche Handynummer mit Alipay verbindet. Nach der Anmeldung sucht man mithilfe des Such-Eingabefelds den Alipay Tour Pass. Man ergänzt noch die geforderten Daten und lädt danach die gewünschte Summe von seinem deutschen Konto hoch und kann dann mit Alipay bezahlen. Das Bezahlen damit geht extrem einfach mit eigenem QR-Code, der von Alipay generiert wird und vom Verkäufer gescannt wird. Alternativ scannt man den QR-Code des Verkäufers und tippt die zu überweisende Summe ein. MetroMan Diese App ist für die Nutzung der Metro sehr hilfreich und sehr bedienerfreundlich. Sie funktioniert wie alle diese Apps, zeigt Verbindungen an, Fahrzeiten, Umsteigepunkte, Übersichtskarte übers gesamte Metronetz usw. Wenn man eine Sehenswürdigkeit sucht, kann man deren Namen im Unterpunkt "Maps" eingeben und der Ort erscheint auf einem Stadtplan, auf dem die nächsten Metrostationen auch gut erkennbar sind. Die Metro in China ist schwierig zu nutzen, weil die Namen der Stationen für westliche Besucher zu exotisch sind, was man spätestens beim Eintippen der Namen merkt. Die Unübersichtlichkeit der Stationen mit ihren zig Ausgängen und Verbindungen tut ihr übriges. Einfach das Orientieren und Suchen als eine Art Strategiespiel auffassen. Das erleichtert die Frustration. Manchmal einfach an einem Platz stehen bleiben, wo man nicht umgerannt wird, und suchen und nochmals suchen usw. Wenn man dieselbe Strecke öfters fährt, wird es leichter. Maps.Me Ganz generell hilft diese App wie ein Stadtplan. Wer auf Google Maps setzt, ist in China verloren, es sei denn VPN ist installiert, aber es ist halt enorm lästig, ständig zwischen dem chinesichen und dem westlichen Internet hin und her zu schalten. Wenn VPN eingeschaltet ist, funktionieren nämlich die chinesichen Apps nicht und die braucht man, z.B. zum Bezahlen. Außerdem hat man nicht immer und überall Datenempfang oder die Firewall hat mal wieder zugeschlagen und VPN lahmgelegt, so dass man den fingierten Standort des Handys im Ausland wechseln muss. Maps.Me funktioniert auch ohne Datenempfang, ist also von all den Problemen losgelöst. Ebenfalls hilfreich: Auf Maps-Me sind in einem bestimmten Vergößerungsgrad die Ausgänge der Metrostation als kleine Nummern sichtbar. Auf dem Screenshot von Maps.Me sind deutlich die Ziffern der Ausgänge der Metrostation Changshou Road erkennbar. Das ist sehr hilfreich, denn die meisten Metrostationen haben viele Ausgänge. Will man zu einem bestimmten Ziel, kann es mitunter sehr anstrengend sein, wenn man nicht weiß, welchen der 7, 9 oder 12 Ausgänge man wählen soll, zumal sie endlos weit auseinanderliegen und man sich allein schon unter der Erde die Füße wund läuft. Oben auf der Straßen angekommen, ist man dann eine halbe Ewigkeit vom gewünschten Zielort entfernt und erschwerend kommt hinzu, dass alles gleich aussieht und man keinen Plan hat, in welche Richtung man nun gehen soll. Die Vorstellung, einfach aus der U-Bahn raus und erst mal nach oben auf die Straße zu kommen, weil sich dort alles irgendwie von selbst findet, sollte man tunlichst verwerfen. Schanghai ist nicht Berlin. Wenn man aber auf Maps.Me seinen Zielort und die nächstgelgenen Metrostation gefunden hat, kann man auch die Nummer des nächst gelegenen Ausgangs zum Zielort ermitteln (einfach ein bisschen zoomen, irgendwann erscheinen die kleinen Zahlen auf der Map). Das ist sehr hilfreich, denn in der Metrostation sind genau diese Nummern der Ausgänge angezeigt und führen einen zum gewünschten Ausgang, so dass man getrost alle anderen vielzähligen Ausgänge ignorieren kann, die einen garantiert ins Nichts führen. SmSh SmartShanghai ist eine App, die dir hilft, wenn du z.B. ein Restaurant oder eine Touristenattraktionen oder einen Supermarkt suchst. Wenn du nichts Konkretes willst, sondern nur weißt, dass du z.B. essen gehen möchtest, werden Vorschläge geliefert. Man kann auch gezielt ein Restaurant suchen, Die Entfernung wird angezeigt, die nächste Metrostation und eine Map gibt es auch dazu. Was einem so alles passieren kann, wenn man sich nach Schanghai traut: In China zu sein ist so exotisch, dass selbst die Befriedigung essentieller Bedürfnisse wie Essen und Mobilität problematisch ist. Dazu kommt in den Sommermonaten die brüllende Hitze. Mobilität: Stundenlange Märsche bei übermäßiger Hitze sind im Urlaub nicht jedermanns Sache. Wenn man nicht laufen möchte, kann man ein Taxi bestellen, aber ein Taxi bekommt man nur per App (hier hilft Alipay). Als westlicher Besucher glaubt man, dass man Taxis per Winken heranrufen kann. Falsch, denn wenn man mit den Armen in der Luft herumfuchtelt, hält kaum ein Taxi. Es gibt zwar Taxistände, aber nur sehr wenige und die muss man erst mal finden. Beim Taxifahren mithilfe der App kommen oft ganz zivile Fahrzeuge, denn jeder der will, kann per App zum Taxifahrer werden und ein bisschen Geld nebenbei verdienen. Wenn das Taxifahren nicht klappt, gibt's ja noch die Metro. Nur deren Stationen liegen sehr weit auseinander und man muss sie erst einmal finden. In manchen Städten liegen die Metrosstationen in Sichtweise (z.B. Paris), Schanghai gehört definitiv nicht dazu. Dazu kommt die Gluthitze, in der man nicht eine halbe Stunde auf gut Glück Straßen abklappern will, um vielleicht irgendwann zufälligerweise eine Metrostation zu finden. Wenn man sich bei der Suche nach der Metro in einem Viertel verlaufen hat, könnte man jemanden nach dem Weg fragen. Aber die meisten Chinesen können kein Englisch, auch bei Jüngeren beißt man auf oft auf Granit. Außerdem haben viele jüngere Leute In-Ear-Kopfhörer und merken gar nicht, dass man sie anspricht. Wenn aber die Kommunikation funktioniert, helfen sie gern. Aber auch sie zücken ihr Handy und orientieren sich. Niemand scheint sich in dieser Stadt auszukennen. Es kann in Ost-Asien schnell passieren, dass man das Gefühl hat, zwei Sachen dauernd zu erleben: 1. In U-Bahn-Stationen und Shopping-Malls herumzulaufen, was teilweise wie ein und dasselbe wirkt, 2. dauernd in klimatisierten Restaurants zu sitzen, was bei der Hitze gut tut, aber man will ja eigentlich etwas von der Stadt sehen. Kann man also nur zwei Sachen richtig gut machen in Shanghai? Essen und Einkaufen? Das kann schnell passieren und es wäre schade, aber ohne ortskundige Führung kann es bei einem kurzen Städtetrip darauf hinauslaufen. Essen in China - schwierig für Touristen Nicht jeder kommt mit dem exotischen Essen und den Stäbchen zurecht. Aber Messer und Gabel bekommt man nur in einem westlichen Restaurant. Auch die Suche nach einem passenden chinesischen Restaurant, gestaltet sich problematisch. Man weiß ja nicht, was es dort zu essen gibt und die Speisekarten sind oft nur in Chinesisch. Oft haben Restaurants gar keine Speisekarte mehr, sondern einen QR-Code am Tisch, den man scannt. Die dann erscheinenden Speisekarten-Apps sind auch auf Chinesisch, obwohl es ein Leichtes wäre, eine Übersetzung hinzuzufügen. Also tippt man irgendwas an und läss sich mit einem mulmigen Gefühl überraschen, was kommt. Ist die Bestellung dann schon abgeschickt? Manchmal muss man vorher zahlen, sonst wird in der Küche gar nicht erst mit dem Kochen angefangen. Hat man ein Restaurant mit einer Speisekarte mit Bildern gefunden, weiß man trotzdem nicht, was man wählen soll. Vielleicht hat man am Ende Kutteln auf dem Teller oder Innereien oder in feine Streifen geschnittene Schweineohren usw. Oder man bekommt einen ganzen Fisch mit Kopf, Schwanz und Gräten, den man natürlich mit Stäbchen isst. Alles Fleisch, dass man bekommt, hat Knochen, Haut, Fett. Da man mit Stäbchen isst, muss man nagen können. Fett am Fleisch? Messer und Gabel, um es abzuschneiden? Fehlanzeige - also rein damit. So what? Chinesen schneiden ja auch nichts ab. Sie mögen das sogar. Man sollte beim Essen dunkle Kleidung tragen. Mit hellem Oberhemd glitscht einem garantiert etwas von den Stäbchen und klatscht in die Tomaten-Curry-Chilli-Suppe, aus der man es gerade kunstvoll herausgefischt hat. Das Hemd kann man anschließend wegschmeißen. Wenn man irgendwann aufatmet, weil man endlich ein Mc Donald's Restaurant oder einen Burger King sieht oder ein Café, das auf Frankreich macht, ist man eigentlich an der interkulturellen Erfahrung gescheitert und an dem Punkt angelangt, an dem man lieber wieder in Europa wäre. Und dann sitzt man in einem dieser globalen Kettenrestaurants in diesem unendlich blöden Allerweltsambiente, weil einen alles andere überfordert und man denkt, dass es genauso aussieht wie in Wanne-Eickel. Wenigstens ist der Laden klimatisiert, denn draußen warten quälende 30-40 Grad, Noch ein paar Notizen zum Verkehr: Chinas Verkehr wirkt wie in Palermo. Wenn man durch ein Viertel flaniert und gedankenverloren rumträumt, sollte man mit allem rechnen. Daher der ultimative Tipp: Augen auf beim Verkehr!!! Dinge nur dann anschauen, wenn man sicheres Terrain erreicht hat. Der Verkehr gleicht dem Autoscooter auf der Kirmes, jeder sucht sich in dem Gewusel irgendwie seinen Weg. Aber immerhin wird nicht gerast, man muss eben einfach nur immer ausweichen und die Augen offen halten. Die anderen weichen auch aus und deswegen ist es eigentlich gar nicht schlimm, dass sich Fußgänger und E-Mofas oft den Bürgersteig teilen. Abends, wenn die Zweiräder ohne Licht und wegen dem Elektromotor fast geräuschlos fahren, kann es schon mal vorkommen, dass einem ein Zweirad mit Kind und Kegel fast über die Füße fährt. Gestern wurde ich Zeuge eines Unfalls, als ein Mann aus einem Taxi ausstieg, welches nicht am Straßenrand hielt, sondern mitten auf der Straße. Der Fahrgast riss die Türe auf, ein Zweirad fuhr mitten hinein. Krachen, Mann am Boden, wenig Geschrei, kurze Nachfrage, ob etwas passiert ist, auf die Beine helfen ... weiterfahren. Toiletten gibt es in westlichen Restaurants, den schicken Shopping-Malls und im Innenstadtbereich auch in anderern Restaurants. Aber Vorsicht, nicht überall gibt es sie. Und wenn man dann dringend eine braucht, ist guter Rat teuer. Ganz wichtig: Immer Tempotaschentücher dabei haben. Denn Klopapapier gibt es nur dort, wo es westlich ist, also mitten in der Stadt, aber sicher ist sicher. Niemals einen längeren, vielleicht ganztägigen Trip beginnen ohne Tempotaschentücher. Seife und Papierhandtücher sind auch Mangelware. Es wird mehr, ist aber immer noch Glücksache. Es hilft alles nichts. Man muss sich einfach auf dieses Land einlassen und wenn man als Tourist kommt, muss man sich vorher kundig machen, welche Apps man braucht usw. Das alles ist Arbeit. Wer prinzipielle Bedenken beim Nutzen von Apps hat, vielleicht sogar ängstlich ist, weil er vermutet, dass Informationen gesammelt werden, wird vielleicht nicht glücklich. Andererseits funktionieren manche Dinge überraschend gut, mit denen man nicht gerechnet hat. Man kann über WhatsApp Nachrichten und Bilder nach Hause schicken, sobald man im Hotel angekommen ist und WLAN hat. Man kann auch über WhatsApp telefonieren. Eigentlich ist alles ganz einfach. Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, wird man es später in Deutschland vermissen. Man kann übrigens in China immer noch mit Bargeld bezahlen, obwohl ja irgendwie das Gerücht herumgeistert, dass hier nur noch digital bezahlt wird. Mit Bargeld geht es überall. Es gibt noch viele alte Leute, die von der Erneuerung des Landes in den letzten dreißig Jahren überrollt wurden, und die zahlen alle noch mit Bargeld. Das einzige Problem ist für einen Nicht-Chinesen, an Bargeld zu kommen. Bei der Bank of China sollte es aber problemlos mit einer gängigen Kreditkarte funktionieren. Wem das alles zu viel ist, der kann sich in die Gegend um den Jing'an Tempel und die Shimen Road Number One usw. zurückziehen. Dort bleibt der Kulturschock aus. Es gibt sogar ganz viele Restaurants, in denen man europäisches Besteck bekommt, eben weil es europäische Restaurants sind.

  • Am Li-Fluss

    Der Li-Fluss verkörpert wie kaum eine andere Region unsere europäische Vorstellung von China. Zuckerhutähnliche Berge ragen aus einer Ebene, durch die der Fluss mäandert. Dazu kommt noch die Witterung, bei der die Berge oft in Nebelschwaden oder Wolken versinken und mit etwas Glück verzaubern Sonnenuntergänge die Landschaft, wenn Kormoranfischer auf ihren Bambusflößen in der Dämmerung ausfahren, um bei Laternenschein zu fischen. Ein Kormoranfischer auf dem Li-FLuss, nicht im Sonnenuntergang, sondern am Morgen Geschickt und behände bewegen sich die alten Männer auf dem schmalen Floß. Der Fluss hat teilweise starke Strömung. Um diese einzigartige Landschaft zu erfassen, bietet sich eine etwa vierstündige Schifffahrt von Guilin nach Yangshuo an. Bei der Flussfahrt gibt es nicht nur einen kurzen Abschnitt mit landschaftlicher Schönheit, sondern einen stundenlangen Rausch, 80 km von einem atemberaubenden Höhepunkt zum nächsten. Abends in Guilin am Shanhu Lake im Riyue Shuangta Cultural Park, Frauen in traditioneller Tracht der Miao, einer der Minderheiten der Provinz Gunagxi, in der der Li Jiang fließt. Ich flog nach Guilin, verbrachte dort einen Abend und eine Nacht, um am nächsten Morgen zur Ablegestelle "Zhujiang Passenger Transport Gangqu" zu fahren. Vom Zentrum Guilins mit dem Taxi dauert die Fahrt dorthin circa eine Stunde. Taxifahren ist in China nicht teuer, Kosten ca. 10 Euro. Als ich ankam, wartete schon eine ganze Armada von Booten. In der Nacht hatte es geregnet, alles war nass und tiefe Wolken hingen in den Bergen. Eine gemütliche Geschäftgkeit herrschte am Pier, Schiffe wurden mit Proviant beladen, es wurde geputzt und alles durchgecheckt für die Ankunft der Gäste. Großzügig und gemütlich wie eine Lounge. Eine Reisebegleiterin bereitet den Begrüßungstee für die Gäste vor. Die Panoramafenster bieten einen guten Blick auf den Fluss, aber irgendwann geht man sowieso an Deck, weil man dort den 360 Grad-Rundumblick hat. Und dann ging es los. Drei bis vier Stunden hatten wir ununterbrochen Ansichten, wie ich sie mir erträumt hatte und ich wollte gar nicht mehr unter Deck gehen. Nach dem absoluten Höhepunkt der Fahrt, den alle Chinesen sehnsüchtig erwarten - die Flusswindung bei Xing Ping Town mit der berühmten Ansicht auf dem 20 Yuan-Geldschein - gab es ein Büffet und alle verkrümelten sich nach unten, so dass ich das ganze Deck für mich allein hatte. Die 20-Yuan-Note mit der Ansicht des Li-Flusses bei Xing Ping Town Irgendwann ging ich auch essen, zwanzig Minuten kann man schon auf diese Aussichten verzichten, man wurde ja schon stundenlang mit grandiosen Anblicken gesättigt. Selbst bei schlechtem Wetter sehen die Berge gut aus. Es regnet häufig am Li-Fluss, das Klima ist subtropisch und die Provinz Guangxi liegt neben Vietnam, das schon zu Südostasien zählt. Chinesen sind relativ unempfindlich, was schlechtes Wetter betrifft. Man fährt im strömenden Regen auf Flößen, Motorrollern oder im Gespann, macht den Schirm auf und trotzdem fließt überall das Wasser hinein, aber da man barfuß Badelatschen trägt, ist es sowieso egal, ob man im Wasser steht. Übers Wetter wird nie genörgelt. Liegt es am Daoismus? Liegt es daran, dass sich Regen und Sonne, zwei dualistische Kräfte, ganz yin-yang-mäßig gegenseitig ergänzen? Dass es das eine nicht ohne das andere geben kann und daher beides gleichwertig ist? Beim Anblick chinesischer Landschaftsmalereien mit Bergen im Nebel bekommt man den Eindruck, dass Chinesen trübes Wetter, Wolken und Nebel mögen. Nicht umsonst sind wolkige Landschaften am Li-Fluss oder in den Gelben Bergen oder im Nationalpark Zhangjiajie Lieblingsmotive der chinesischen Landschaftsmalerei. Mai und Juni sind in Guilin die regenreichsten Monate. Weniger Niederschlag gibt es in den Wintermonaten, die aber kalt sind. Der September ist gut geeignet, weniger Regen, warme Temperaturen und vielleicht besseres Licht für stimmungsvolle Fotos durch die tiefer stehende Sonne. Obwohl morgens die vielen Boote auf einmal losfahren, entzerrt sich die Flotte, so dass man während der Fahrt teilweise kaum ein Schiff vor oder hinter sich sieht. Die Armada erreicht Yangshuo zwischen 13 und 14 Uhr. Dort ergießt sich dann die Touristenflut in den beliebten Ort, wo der Rummel bald auf Hochtouren läuft. Die Boote fahren ohne Gäste zurück. Yangshuo bietet das übliche chinesische Touristenprogramm. In der West-Street reiht sich ein Restaurant und Geschäft ans andere. Musik, Menschen, Lärm, Essen ohne Ende. Und immer wieder das Street-Food, das es überall in China gibt: Zongzi, in Bambusblätter eingewickelter Klebereis, gebratener Tofu in würziger Soße, Yang Rou Chuan, Lammfleischspieße mit scharfen Gewürzen aus der westchinesischen Küche usw. Dazu jede Menge frisch gepresste Obstsäfte aus Orangen, Passionsfrüchten oder Zuckerrohr. Spezialiät am Li-FLuss: Flussschnecken Für Leute, die nicht aus Südostasien kommen, ein bizarrer Anblick. Insekten als leckerer Snack. In Vietnam, Thailand, Kambodscha und den südwestlichen Provinzen Chinas normal. Der Rummel strengt an und man fragt sich, ob es für Chinesen noch andere wichtige Dinge außer Essen gibt? Ja, z.B. sich für Fotos in Pose zu werfen. Entsprechend gibt es unzählige Läden, in denen man sich für ein Fotoshooting landestypisch schminken und in Tracht einkleiden lassen kann. Dann geht es an den Fluss, wo man sich mit den Bergen im Hintergrund oder auf einem Bambusfloß fotografieren lässt usw. Wenn man Ruhe sucht, ... findet man sie außerhalb der Stadt. Am besten mietet man sich ein Fahrrad, besser noch einen Elektroscooter, mit dem man die Distanzen schnell und bequem überwinden kann und los geht's. Man braucht fürs Scooterfahren weder Führerschein noch Vorerfahrung und es ist leichter als man glaubt. Ich hatte keine Erfahrung, wurde drauf gesetzt, einmal 50 Meter die Straße rauf und runter, dann war der Vermieter der Auffassung, dass ich es kann. In China gibt es innerhalb der Stadt immer Extraspuren für Scooter, so dass man vom Autoverkehr getrennt ist. Das vorausschauende Fahren, das man in deutschen Fahrschulen eingebleut bekommt, ist hier Realität, denn Verkehrsregeln sind den Leute herzlich egal und gelten eher als Empfehlungen. Aber genau das macht das Fahren stressfrei, denn jeder fährt langsam, weil man mit allem rechnet. Hat man die Stadt verlassen, wird es sehr beschaulich, und ruhig und man hat die Straße fast für sich allein. Es ist warm trotz der Bewölkung und des gelegentlichen Regens. Der Fahrtwind bringt angenehme Abkühlung. Es geht durch Dörfer und vorbei an Feldern, auf denen die Bauern ihr Essen als Selbstversorger anbauen. Reis, Auberginen, Dragon-Fruits, Paprika, Erdnüsse, Tee, Mandarinen, Passionsfrüchte, Mangos usw. Südchina ist ein Früchte- und Gemüseparadies. Die Arbeit wird mit den Händen, ohne motorisierte Geräte verrichtet wie seit Jahrtausenden. Manche, die nicht arbeiten, sitzen im Dorf und spielen Karten, vereinzelt laufen ältere Menschen am Feldrain entlang und besehen den Stand der Ernte. Hier wachsen sie einfach so im Garten: Amaryllis Die Blüte einer Auberginenpflanze, jeder Garten ist ein kleines Paradies. Viele kleine Friedhöfe liegen am Rande der Dörfer. Meist etwas abseits, damit die Toten ihre Ruhe haben. In China werden die Menschen dort bestattet, wo ihre Vorfahren liegen. In Guangxi ähnelt die Bestattungskultur unseren Ritualen. Die Menschen werden in Särgen in der Erde bestattet, darüber wird ein Grabstein aufgestellt, hier ein Stein mit einem Phönix und einem Drachen. Der Drache wird in der chinesischen Mythologie oft als Beschützer angesehen, der gegen böse Geister kämpft. Der Phönix ist ein Symbol für Unsterblichkeit und Wiedergeburt. Es wird gesagt, dass er aus seiner Asche wiedergeboren wird, was ihn zu einem Symbol für Neubeginn und Erneuerung macht. Den Phönix gibt es übrigens mit einem fast gleichen mythologischen Hintergrund auch in der griechischen Kultur. Ca. 13 Kilometer entfernt von Yangshuo machte ich Mittagspause in dem winzigen Dorf Liugongcun, das vor 800 Jahren gegründet wurde und heute noch einen Verteidigungsturm hat, mit dem dieser Ort einst gesichert und kontrolliert wurde. Gemächlich, breit und träge fließt der Li-Fluss am Dorf vorbei. Das gegenüberliegende Ufer ist wild und dunkelgrün überwuchert. Ein kleines Restaurant, auf den ersten Blick gar nicht als solches erkennbar, lud mit seiner überdachten Terrasse und guter Aussicht auf den Fluss ein. Nach dem letzten heftigen Regenschauer war die Luft vorübergehend so abgekühlt, dass leichter Dampf aus dem Fluss aufstieg und sich geheimnisvoll über die Wasseroberfläche legte. Aus dem Dickicht vom gegenüber liegenden Ufer erklangen exotische Vogelrufe, das Glucksen des Wasser und das Träufeln vom Dach erinnerten noch einige Zeit an den letzten Regenguss. Die Zivilisation schien endlos weit weg zu sein, kein unnatürliches Geräusch war vernehmbar und die Szenerie ähnelte genau der auf Bildern aus der Song-Dynastie aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Wasserbüffel am Ufer des Li-FLusses Der Koch, ein älterer Mann und Großvater, wohnt dort mit seiner Familie. Als ich zu Gast war, war nur sein Enkel zu Hause, der mit seinem Freund den ganzen Tag ununterbrochen Fernsehen guckte. Es waren Ferien und die Kinder konnten endlich tun, was sie wollten. Der Großvater schlug vor, einen Bierfisch zu kochen, eines der Traditionsgerichte am Li-FLuss. Ich suchte mir aus einem Bassin den Wels aus, der zubereitet werden sollte und schaute danach dem Mann in der Küche beim Kochen zu. Der Fisch wurde in Stücke gehackt und in Erdnussöl gebraten, danach Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer und Chilli in Erdnussöl angeschmort, Tomatenstücke und Paprika und Frühlingszwiebeln hinzufügt, alles mit Sojasoße und Salz abgeschmeckt, etwas Kochwein hinzugegeben, die Fischstücke dazu, mit einer Flasche Bier aufgefüllt, ein paar Minuten schmoren, fertig und köstlich! Man darf in chinesischen Küchen nicht auf die Sauberkeit achten. Auch die Wohnsituation ist oft befremdlich. Nach dem Kochen kam der Großvater auf die Terrasse und sang. Es wirkte nicht, als ob er es für mich tun würde. Er schaute dabei die ganze Zeit auf den Fluss. Ich meinte mich zu erinnern, das Lied öfters in buddhistischen Klöstern gehört zu haben. Meine Fahrt ging weiter zum Moon Hill, einem Berg mit einem gigantischen runden Loch in der Mitte, das im Laufe der Jahrmillionen durch Erosion entstand und das die Chinesen an den Vollmond erinnert, der in der chinesischen Kultur symbolisch für Vollkommenheit, Harmonie und Einheit steht. Neben dem Li-Flusses gibt es einen ebenso interessanten und schönen Nebenfluss, den Yulong He, auf deutsch: Drachenfluss. Er ist nur 35 Kilometer lang und mündet bei Yangshuo in den Li-Fluss. Er ist schmaler und ruhiger, denn Touristen werden auf Bambusflößen von Bootsmännern mit einem langen Stab  durch das Wasser gestochert. Auf dem Li-Fluss geht es hingegen mit kleinen, aber nervigen, weil lauten Motoren voran. Auch wenn man am Ufer bleibt, ist es schön, wenn die Flöße geräuschlos vorbei ziehen. In der Gegend um Baisha gibt es etliche Brücken wie z.B. die Fuli-Brücke oder die Drachenbrücke. Diese halbkreisförmigen Brücken haben Ähnlichkeit mit der Rakotzbrücke in Kromlau bei Görlitz oder den Genueserbrücken im westlichen Mittelmeerraum. Das Besondere an ihnen ist nicht nur ihr malerischer Anblick, sondern ihre Konstruktion, denn sie wurden ohne Mörtel errichtet. Ich musste meine Tour leider abbrechen, bevor ich die Brücken erreichte, da ein Gewitter aufzog, es dauerhaft zu regnen begann und sich stark abkühlte.

  • Das Changde Apartment

    Im Stil des Neuen Bauens wurde das Apartmenthaus errichtet, in dem eine der bekanntesten Schriftstellerinnen der modernen chinesischen Literatur wohnte, Zhang Ailing oder auf Englisch: Eileen Chang. Das Haus wird wohl für immer mit ihr assoziiert werden, sogar dessen ursprünglicher Name Eddington House wurde umgeändert zu Changde Apartment. Eileen Chang lebte zweimal in diesem Gebäude, zunächst 1939 als ganz junge Frau mit ihrer Mutter und ihrer Tante und später, nach ihrem Studium in Hong Kong in den Jahren von 1942 bis 1947 im Apartment No. 60. Während dieser Zeit erlebte sie ihre produktivste und kreativste Schaffensphase, in der sie einige ihrer wichtigsten Werke schrieb, z.B. Red Rose, White Rose (红玫瑰与白玫瑰) von 1944, Love in a fallen City (倾城之恋) von 1943, Das Goldene Joch (金锁记) von 1943 oder die Kurzgeschichte Sealed Off (封锁). In Deutschland ist sie hauptsächlich bekannt durch Ang Lees Film "Gefahr und Begierde", erzählt nach einer ca. 40 Seiten umfassenden Kurzgeschichte, die Eileen Chang 1979 schrieb, als sie bereits in den USA lebte. Szenenfoto aus Ang Lees Film "Gefahr und Begierde" Das Gebäude wurde 1936 im Stil des Neuen Bauens errichtet, einer Architekturrichtung, die das Schanghai der 20er bis 40er Jahre prägte und Architekturliebhaber in dieser Stadt voll auf ihre Kosten kommen lässt. Auffällig sind an diesem Haus vor allem die abgerundeten Balkone, die an aerodynamische Formen moderner Transportmittel wie Autos oder Schiffe erinnern. Die deutschen Architekten des Neuen Bauens Erich Mendelsohn und Emil Fahrenkamp lassen grüßen. Speziell sind auch die in Schanghai als europäische Fenster bezeichneten gusseisernen Fenster mit ihren schmalen Sprossen, die nicht nur bei diesem Gebäude die Architektur Schanghais markant prägen. An Art Deco erinnern die Symmetrie sowie die horizontalen und vertikalen Linien, die sich als Simse oder schlanke Pilaster über die gesamte Höhe des Gebäudes erstrecken und ihm eine markante Erscheinung geben. Moderne Architektur, in der die moderne, emanzipierte Schriftstellerin lebte, arbeitete und das Geschehen der Großstadt genoss. In dem Artikel "Notes of Delight in the Living of Changde Apartment" beschreibt Eileen Chang ihr Leben in ihrer Wohnung: "Ich höre gern dem Klang der Stadt zu. Menschen, die poetischer sind als ich, liegen auf ihren Kissen und lauschen dem Rauschen des Windes in den Kiefern des Waldes oder dem Rauschen der tosenden Wellen des Meeres. Ich hingegen muss zum Einschlafen das Klingeln der Straßenbahn hören. Eine Wohnung ist ein idealer Rückzugsort von der Außenwelt. Menschen, die des Großstadtlebens überdrüssig sind, sehnen sich nach dem Tag, an dem sie sich in ihr altes Landhaus zurückziehen, Bienen halten, ein paar Feldfrüchte anbauen und eine wohlverdiente Ruhe genießen können. Sie wissen aber nicht, dass auf dem Land schon der Kauf von einem halben Pfund geräuchertem Fleisch einen Sturm von Klatsch und Tratsch auslöst, während man sich in einer Wohnung im obersten Stockwerk direkt vor dem Fenster umziehen kann, ohne dass irgendjemand Anstoß daran nehmen würde." Eileen Changs Schreibstil ist eine Mischung aus Eleganz, Emotionalität und intellektueller Schärfe. Besonders geschickt ist sie darin, innere Konflikte und Emotionen ihrer Charaktere zu erkunden. Sie zeichnet komplexe Porträts von Menschen, die mit Liebe, Verlust, Einsamkeit und Identitätssuche konfrontiert sind. Sie kritisiert subtil die Geschlechterrollen, soziale Hierarchien und politische Umstände ihrer Zeit. Chang erschafft dichte und sinnliche Atmosphären, die den Leser in die Welt ihrer Geschichten eintauchen lassen. Ihre Beschreibungen von Orten, Kleidung, Geräuschen und Gerüchen tragen zur Atmosphäre ihrer Erzählungen bei. Obwohl ihre Werke oft ernste Themen behandeln, verwendet Chang auch Ironie und subtilen Humor, um die Absurdität des menschlichen Verhaltens und der sozialen Normen zu beleuchten. Als das Changde Apartment noch als Eddington Apartment bekannt war, befand sich in der unteren Etage ein Café. Jeden Nachmittag ging Eileen Chang dorthin, um sich zu entspannen. Das aktuelle Changde Apartment soll von einem Fan von ihr gekauft worden sein und darf daher nicht ohne Erlaubnis betreten werden. Allerdings wurde im Erdgeschoss eine Buchhandlung im Eileen-Chang-Stil mit dem Namen Eddington Literary House (Qian Mai Shu Fang) eröffnet, die im Stil der damaligen Zeit eingerichtet wurde und Scharen von Eileen-Chang-Fans anzieht. Wenn man die Berühmtheiten Schanghais aufzählen würde, wäre Eileen Chang ganz oben dabei. Ihre Spuren lassen sich in der ehemaligen Französischen und der Internationalen Konzession verfolgen. Dort lag ihr Umfeld, dort waren ihre literarischen Räume, die eng mit der modernen Architektur und dem modernen Leben Schanghais verbunden waren.

  • Qipao - der Shanghai-Style und die Frauenmode der 20er Jahre

    Der Qipao ist ein eng anliegendes, taille- und figurbetonendes, seitlich geschlitztes Kleid mit Stehkragen und kurzen Ärmeln, das durch eine Knopfleiste an der Seite geschlossen wird. Die Ärmellänge und die Höhe des Kragens können variieren, ebenso die Länge des Kleides, das bis zu den Knien oder den Knöcheln reichen kann oder sogar über den Boden beim Gehen streift. Der Qipao gilt bei westlichen Menschen als Symbol für weibliche chinesische Kleidungskultur schlechthin. Die Stoffe reichen von Krepp, Seide, Satin, Tweed und Baumwolle, Popelin, Polyesterseide bis zu vielen anderen Materialien. Die Muster sind entweder gewebt oder gedruckt und variieren von Blumen über Tiere, Streifen, geometrische Ornamente, Federn usw. Entwickelt wurde diese Form in Schanghai. Bis zur Entwicklung des Qipao war die traditionelle Kleidung der Chinesinnen zweiteilig, bestehend aus einer Hose und einer Jacke. Der Qipao entstand durch die Kombination von westlichen Einflüssen und der traditionellen Kleidung der Mandschu-Frauen. Die Kombination zwischen östlicher und westlicher Kultur ist das Hauptmerkmal dieses Kleides. Dass es in Schanghai entstand, verwundert nicht, denn die Stadt war damals ein europäisches Zentrum in China und unzählige Europäer lebten in Schanghais Konzessionen. Seit 2007 gehört der Qipao zum immateriellen Kulturerbe der Stadt. Der Charme und die Schönheit des Schanghai-Qipaos haben eine ganze Generation chinesischer Frauen bei der Kleiderwahl stark beeinflusst. Den modischen Höhepunkt erreichte das Kleidungsstück in den 30er Jahren. Als die Kommunisten die Volksrepublik ausriefen, verließen viele Schneider Schanghai und gingen nach Hongkong, wo der Qipao noch bis in die 50er/60er Jahre sehr populär blieb. Der Qipao heute Bei der alljährlichen Show des chinesischen Staatsfernsehens zum Neujahrsfest wurde 2020 eine Choreographie gezeigt, die den Stil der Qipao tragenden Schanghai-Frau in den 20er und 30er Jahren aufgreift. Die Nummer mit diesen träumerischen, ätherischen, fast schwebenden Frauengestalten ist beeindruckend. Um sie zu sehen, klicke auf den folgenden Link Choreographie in Qipao-Kleidern bei der Neujahrsshow 2020 Im Film "In the Mood for Love" von Wong Kar Wei trägt die Schauspielerin Maggie Cheung in jeder Szene einen Qipao. Der melancholische Film, der zwei Goldene Palmen in Cannes gewann und von einer platonischen, unerfüllten Liebe im Hongkong der 60er Jahre handelt, hat den Qipao wieder sehr populär gemacht. Ebensolches bewirkte die Darstellung von Tang Wei in Ang Lees grandios ausgestattetem, aber tragischem Film "Gefahr und Begierde", der im Schanghai der 40er Jahre unter japanischer Besatzung spielt. Wie man merkt, kann ich eine Liebe für das chinesische Kino nicht leugnen. Um den Trailer zu "Gefahr und Begierde" zu sehen, klicke auf den folgenden Link Trailer zum Film "Gefahr und Begierde Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking wurde der Qipao zur Kleidung der Hostessen, womit dieses Kleidungsstückes weltweit Aufmerksamkeit erregte. In Schanghai kaufen Frauen heute ihren Qipao in der Changle Road und der Maoming Road, wenn sie ein ganz besonderes Stück haben möchten, da dort die besten Schneider und die größte Auswahl an Stoffen und Materialien zu finden sind. Die Maoming Road ist lang. Besonders gute und zugleich sehr teure Schneider befinden sich zwischen Changle Road und Huaihai Road zwischen dem Garden Hotel und dem Jin Jiang Hotel, zwei besonders schöne historische Bauten aus der Zeit der Konzessionen. In der Changle Road ist der Abschnitt zwischen Maoming Road und Shanxi Road hervorzuheben, wo ein Qipao-Geschäft neben dem anderen liegt. Ich habe selten eine Stadt gesehen, in der sich so viel um die Schönheit von Frauen dreht wie in Schanghai. Ich glaube, es ist nicht zu viel gesagt, wenn man Schanghai auf gleiche Ebene wie Paris stellt.

  • Huang Shan, die Gelben Berge

    Vielleicht hast du schon einmal eine typisch chinesische Landschaftsmalerei gesehen: Ein Gebirge, dessen kegelartige Berge aus einem Nebelmeer herausragen, auf deren Gipfeln sich vereinzelte knorrig-bizarre Kiefern an die Felsen krallen und dort Wind und Wetter trotzen. Vorbild dafür sind die Gelben Berge, eines der schönsten Gebirge Chinas. Es gehört wegen seiner landschaftlichen Einzigartigkeit zum Unesco-Weltnatur- und Kulturerbe und ist Partnergebirge des Yosemite-Nationalparks und des Jungfraumassivs. Ganz nebenbei inspirierten diese Berge James Cameron zum Setting für seinen Film Avatar, auch wenn der National Forest Park Zhangjiajie aus Promotion-Gründen für sich proklamiert, das Vorbild für Pandora zu sein. Jede Jahreszeit in Huang Shan ist schön. Der Winter bezaubert durch Nebel und Wolken, in denen sich die Konturen der Bäume und Felsen im diffusen Nebel wie grau-weiße Grafiken auflösen. Manchmal kann es dort auch schneien. Für die spektakulären Sonnenauf- und -untergänge braucht man schon ein bisschen Glück und vor allem muss man dafür in einem der Hotels in den Bergen übernachten. Unzählige chinesische Landschaftsmaler befassten sich seit dem 8. Jahrhundert mit den Gelben Bergen und erlernten dort die chinesische Landschafts-Tuschemalerei. Tusche aus Anhui, der Provinz, in der die Gelben Berge liegen, wurde mittlerweile zum immateriellen Kulturerbe Chinas. Sie wird hergestellt aus Lampenruß, der mit Bindemittel zu Stangen geformt wird. Diese Stäbchen werden auf einem Mahlstein mit Wasser gerieben, bis die Tusche die gewünschte Konsistenz erhält. Links ein Tuschestein In der Mitte ein Reibestein, auf dem der Tuschestein so lange mit Wasser gerieben wird, bis man eine schwarze Tusche mit gewünschter Konsistenz und Pigmentdichte hat. Als wir die Gelben Berge besuchten, brachte uns eine Seilbahn nach oben. Insgesamt gibt es drei Bahnen (Yungu, Taiping und Telpher und Yuping). Alternativ kann man auch zu Fuß gehen, aber es ist anstrengend, dauert mehrere Stunden und von der Bergstation der Seilbahn geht es ohnehin noch ein ordentliches Stück zu Fuß weiter. Wir saßen in der Seilbahnkabine, die nach einigen hundert Metern in dichtem Nebel verschwand, so dass wir kaum noch das Seil sehen konnten, an dem wir hingen. Lautlos schwebten wir durch das Weiß, das uns umgab, und hatten keine Ahnung, wie hoch wir waren, ob wir über Abgründe fuhren oder wie steil die Berge um uns herum waren. Die Stille und Orientierungslosigkeit waren unheimlich, schließlich zerrte der Wind an unserer Kabine und pfeifende Geräusche ließen ahnen, dass wir sehr hoch sein mussten. Der Betrieb dieser Seilbahn wird bei stärkerem Wind eingestellt, also gingen wir davon aus, dass alles seine Richtigkeit hat, denn die Bahn fuhr ja an diesem Tag. Trotzdem stellte sich eine gewisse Erleichterung ein, als wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Die Wege, die man als Besucher gehen kann, sind vollständig mit geraden Platten und Pflasterung ausgelegt und es gibt unzählige Treppen. Wegweiser leiten die Besucher zu besonders schönen Aussichtspunkten, man sollte aber vor allem zur Hauptreisezeit möglichst einsamere Gegenden aufsuchen, denn es wird voll. Wie überall ballen sich die Massen an bestimmten Hotspots, aber wenn man weitergeht, kann man Ruhe finden. Oder man besucht Huang Shan im Winter an einem Wochentag - so wie wir. Wir übernachteten in einem Hotel weit oben in den Bergen. Bei unserer Wanderung wurde es spät und begann allmählich zu dämmern. Unruhig beschäftigte uns die Frage, ob wir das Hotel noch vor Einbruch der Nacht erreichen. Schließlich, es war schon fast dunkel, tauchte es wie eine rettende Herberge vor uns auf. In der Hotellobby saßen einige erschöpfte Wanderer, die kurz vor uns eingetroffen waren. Erschöpfung und das wohlige Gefühl von Sicherheit mischten sich. Zur Begrüßung brachte man uns heißen Tee. Später, nach einer Dusche, die wir nach dem anstrengenden Weg durch die Berge brauchten, kamen wir wunderbar zur Ruhe, es gab ein reichhaltiges Abendbüffet und danach eine stille Nacht in der klaren, frischen Luft in der Abgeschiedenheit der Berge. Huang Shan ist ca. 5 Stunden mit dem Auto von Shanghai entfernt. Mit dem Zug erreicht man die Gegend in ca. 3 Stunden. Der Bahnhof liegt ziemlich im nirgendwo, was in China nicht unüblich ist, da das Eisenbahnnetz erst in den letzten Jahrzehnten ausgebaut wurde und Hochgeschwindigkeitszüge nicht in die Städte hineinfahren, sondern außerhalb halten. Vom Bahnhof geht es mit dem Bus weiter in die Stadt Tangkou zum Zhaixi-Bus-Transfer. Von dort bringen einen Shuttlebusse zu den Ticketschaltern Ciguangge oder Yungusi. Das Zurechtkommen in China ist immer mit viel Orientierungslosigkeit und Suchen verbunden, was vor allem am Sprachproblem liegt. Es ist anstrengend und man braucht Zeit. Mit ein wenig Mühe wird man trotzdem irgendwann zum Ziel kommen. Es ist ratsam, im Vorfeld Fotos oder Screenshots mit den chinesischen Namen der Orte zu machen, die man erreichen will.

  • Quanzhou - wo sich Weltkulturen mischten

    Quanzhou, eine 8-Millionen-Einwohner-Stadt in der Provinz Fujian, gegenüber von Taiwan an der Meeresstraße Taiwan Strait gelegen, war während der Song- und Yuan-Dynastie vom 10. -14. Jahrhhundert eine prosperierende Handelsstadt. Sie lag an der maritimen Seidenstraße, war das wichtigste Tor Chinas für wirtschaftlichen und kulturellen Austausch mit anderen Ländern und in jener Zeit der bedeutendste Hafen der Welt. Marco Polo bezeichnete Quanzhou als Alexandria Asiens. Quanzhous damaliger Name Zaytun blieb im Wort "Satin" erhalten, das Wort "Tee" in europäischen Sprachen entstammt dem örtlichen Dialekt (tä). Die Stadt zog unzählige Händler aus der arabischen, persischen, indischen und europäischen Welt an, die ihre Kulturen und Religionen mitbrachten, vor Ort ihre Gebetshäuser errichteten, in einem friedlichen Nebeneinander lebten und sich teilweise durchmischten. Bis heute sind nicht nur historische Spuren der Händler erhalten, sondern deren Nachfahren setzen die Kultur mit lebendigem Brauchtum und gepflegten religiösen Stätten fort. In Quanzhou leben heute 60 - 70.000 Nachfahren der Perser und Araber. Die beeindruckende Infrastruktur, die den Handel mit der Welt ermöglichte, umfasste ein Verkehrsnetz von Brücken, Hafenanlagen, Verwaltungsgebäuden und religiösen Stätten. Dieses historische Erbe führte dazu, dass die Stadt 2021 den UNESCO-Welterbetitel "Quanzhou: Emporium der Welt in der chinesischen Song- und Yuan-Dynastie" verliehen bekam. Insgesamt gibt es in der Stadt 22 Orte, die zum dem Welterbe der Stadt gehören. Tuman Straße - die Reihe der religiösen Kultstätten Ich starte meine Erkundungstour an der Tumen Street, wo man die Kultorte verschiedener Religionen auf kurzer Strecke nebeneinander findet. Die Qingjing-Moschee Die Qingjing-Moschee ist ein markantes Gebäude und unterscheidet sich von daoistischen, konfuzianischen und buddhistischen Tempeln. Sie steuere ich als erstes an. 1009 erbaut, ließ Ahmad Bin Muhammad Quds, ein berühmter Pilger aus Shiraz in Persien, sie 1310 restaurieren. Das Haupttor und der Fengtian Altar zeigen charakteristische Merkmale persisch-iranischer Moscheen. Die Araber und Perser errichteten seinerzeit sechs bis sieben Moscheen, von denen diese eine übrig geblieben ist. Der Eingangsturm zur Qingjing-Moschee. Deutlich sind architektonische Grundformen Persiens erkennbar, die man z.B. auch in Isfahan findet. Nicht alle Teile der Moschee sind erhalten, vom alten Gebäude stehen nur noch die Grundmauern. Lebendig ist die islamische Gemeinschaft bis heute. Zum Freitagsgebet kommt eine größere Gruppe Männer zusammen, die in der Moschee beten. Der daoistische Tonghuai Guanyue-Tempel Nur wenige Meter weiter liegt der daoistische Tonghuai-Tempel. Auf dem Weg dahin häufen sich die Geschäfte mit Zubehör für Pilger und Gläubige: Räucherstäbchen in allen Größen, Papiergeld zum Verbrennen, Ananas, Äpfel, Orangen, die die Geschäfte wie einen Obstladen erscheinen lassen, hier aber als Opfergaben verkauft werden, um sie vor die Götter in den Tempel zu legen. Auch Blumen werden hier zu über 80 Prozent als Geschenke für die Götter gekauft, nicht um damit sein Zuhause zu verschönern. Nicht der Tonghuai-Tempel, sondern ein kleiner daoistischer Hausaltar in einem der Devotionalien- und Opfergabengeschäfte. Papiergeld, das man als Opfergabe verbrennt. Sehen aus wie Feuerwerkskörper, sind aber Räucherutensilien für den Tempelbesuch. Interessante Blüten treibt der Verehrungskult im Devotionalienladen: Neben daoistischen Göttern sitzt Buddha, hier in der Erscheinungsform der Lebensfreude, und auch die Büste eines kommunistischen Parteisekretärs gesellt sich in den Reigen der verehrungswürdigen Figuren. Auf dem Platz vor dem Tempel wimmelt es von betenden Menschen, Rauchschwaden füllen die Luft, es herrscht Gedränge. Kontemplative Stille zum Beten ist hier kaum zu finden. Der Konfuzius-Tempel Der Konfuzius-Tempel liegt in entgegengesetzter Richtung . Ich gehe wieder an der Moschee vorbei und gelange zu einem Park mit großem Tempelvorplatz. Der Tempel hat deutlich weniger Besucher als der daoistische, es ist angenehm ruhig. Ein paar Besucher kommen hierher, um für gute Studienabschlüsse und Examina zu beten. Konfuzius steht für Weisheit, Philosophie und Gelehrsamkeit. Seine Lehren wurden früher in konfuzianischen Schulen weitergegeben, deren Absolvierung zu hohen Beamtenlaufbahnen im Kaiserreich führten. Das Viertel der Antiquitätenhändler Hinter den religiösen Stätten, die an der Tumen Straße nebeneinander aufgereiht liegen wie Perlen auf einer Schnur, verläuft parallel die Houcheng Straße, eine gemütlich-beschauliche Gegend mit vielen Antiquitätenläden, Geschäften mit hochwertigem Zubehör für Kalligraphie und Kunst sowie einige historische Hofhäuser, die das Leben ehemaliger wohlhabender Bewohner erahnen lassen. Heute sind dort Kunstausstellungen oder Teestuben eingezogen. Die Türen sind weit geöffnet, die Ladenbesitzer stehen vor ihren Geschäften und halten einen Plausch mit den Nachbarn oder sie sitzen entspannt auf antik-chinesischen Stühlen und spielen gelassen, auf Kundschaft wartend, am Handy. Nichts scheint hier jemanden aus der Ruhe zu bringen. Die ganze Umgebung eignet sich hervorragend zum Stöbern, direkt hinter der Moschee gibt es ein Café. Auch hier sitzen alle Gäste draußen, die Fenster sind geöffnet, die Temperaturen frühlingshaft. Im Café sehe ich ein altes Mahjong-Spiel, das als Deko dient und leider unverkäuflich ist. Das Spielprinzip entspricht in etwa unserem Rommee-Spiel. Es geht ums Sortieren von Zeichen, die man sammelt, bis man sie offenlegt. Die Faszination, die davon ausgeht, liegt für mich im charakteristischen Klacken der Spielsteine, wenn sie beim ständigen Neu-Sortieren hin- und her und zu Gruppen zusammengeschoben werden. Solche ein Spiel wäre das perfekte Mitbringsel aus China. Ich finde es sehr charakteristisch für dieses Land. Das Spiel aus dem Laden sieht zwar sehr schön aus, aber fürs Spielen braucht man etliche Steine mehr. Das tröstet darüber hinweg, dass es unverkäuflich ist. Aber immerhin bin ich der Gegend der Antiquitätenläden. Vielleicht hat irgendein Händler solch ein Spiel. Es ist nicht notwendig, jeden einzelnen Laden aufzusuchen und zu erklären, was man möchte. Wenn ein Händler bei sich nichts findet, geht die Kommunikation über die Straße los. In kürzester Zeit wissen alle von meiner Suche und es findet sich tatsächlich ein altes Spiel, das aber so speckig ist, dass ich es für den Preis von 1000 Yuan (140 Euro) nicht kaufen möchte. Der Händler ist offensichtlich nicht bereit zu handeln, aber bei dieser Ausgangssumme wären wir uns auch durch Handeln nicht näher gekommen. Statt dessen ziehe ich weiter und finde in einem anderen Geschäft einen kleinen kugelbäuchigen Buddha. Nachdem ich mit dem Händler über den Kauf einig geworden bin, bittet er mich, Platz zu nehmen und bei einem Tee miteinander zu plaudern. In Asien wird ein abgeschlossenes Geschäft traditionell mit einem gemeinsamen Tee beendet, bei dem man irgendwie ein bisschen miteinander vertraut wird. Mein Weg geht weiter. In der Nähe des daoistischen Tempels wird am Straßenrand aus der Hand gelesen und die Zukunft wahrgesagt. Spezialitäten Quanzhous An der Tamen Straße, zwischen der Moschee und dem Konfuziustempel kündigt schon von weitem eine besonders lange Schlange den angesagtesten Laden der Stadt für Ingwerenten an - die Spezialität Quanzhous. In zig schweren, gusseisernen Töpfen werden Enten auf offenem Feuer gebraten. Die Einrichtung der Essensräume ist spartanisch und ähneln eher einer Spanferkelbraterei mit Imbissbude. Einer dieser gusseisernen Töpfe wird an meinen Tisch gebracht. Der Kellner trägt schwere, dicke Handschuhe, die vor der Hitze schützen. Deckel ab und die Ente kocht im Topf noch ordentlich weiter. Das Essen soll vorzüglich sein, mir persönlich geht das Abnagen des heißen Fleischs vom Knochen ein bisschen auf die Nerven, dauernd verbrenne ich mir die Lippen, ich nage am Hals und am Kopf, aber alle um mich herum haben echten Spaß. Der Entenkopf fehlt natürlich nicht. Mit Kind und Kegel zum Entenessen. Mich verblüfft immer wieder, mit welcher Begeisterung die Kleinen genau das essen, was auch die Erwachsenen bekommen. Jedes Kind kriegt eine Entenkeule in die Hand gedrückt und dann wird abgenagt. Eine andere Spezialität Quanzhous sind Austern. Die werden in dieser Gegend mit Rührei, Frühlingszwiebeln und allerhand Gewürzen durch die Pfanne geschwenkt und gehören zu den Klassikern der regionalen Küche. Die Qingyuan-Berge Weiter geht die Tour auf den Spuren der religiösen Multikulti-Orte. Mein Weg führt mich stadtauswärts zu den Qingyuan Bergen, eine Natur- und Kulturstätte, die schon seit der Qin-Dynastie vor circa 1800 Jahren genutzt wurde. Der Berg birgt eine Menge historischer und spiritueller Orte wie z.B. neun gut erhaltene, aus Felsen gemeißelte Statuen, die dem Buddhismus und Daoismus zugerechnet werden. Außerdem gibt es über 600 Inschriften mit Versen und Weisheiten, die in Felswände gemeißelt wurden. Die bekannteste Skulptur ist der Laozi, eine Figur des Begründers des Daoismus, die aus einem großen Felsbrocken herausgehauen wurde. Er ist eines der Wahrzeichen Quanzhous. Die Steinstatue von Laotse wurde aus einem ganzen Granitfelsen herausgearbeitet. Es ist die früheste und größte Daoismus-Steinskulptur von Laotse in China. Buddha-Statuen im tibetischen Stil, ein heiliges, islamisches Grab liegen an den Wegen, die am Berg entlang führen. Auffällig ist auch hier, dass alle Religionen diese Umgebung für sich nutzen und ein Nebeneinander möglich ist, wie wir es uns bei den monotheistischen Religionen nur selten vorstellen können. Kaiyuan-Tempel - wo Buddhismus und Hinduismus verschmelzen Wieder in der Stadt angelangt, führt mich mein Weg zum Kaiyuan-Tempel, der der Richtung des esoterischen Buddhismus angehört. Zugleich ist er einer der wenigen erhaltenen hinduistischen Tempel in China. Hinter der Mahavira-Halle, der Haupthalle eines buddhistischen Tempels, findet man Säulen die aus einem hinduistischen Tempel stammen, der 1283 von der tamilischen Handelsgemeinschaft Ainnurruvar Valanjiyar in Quanzhou erbaut wurde. Auf der hinteren Veranda der Mahavira Halle im Kaiyuan Tempel gibt es 16 steinerne Pfeiler mit Reliefs klassischer Hindumythen. Diese Reliefe stellen Figuren der Inkarnation des Vishnus dar, einer der wichtigsten Formen des Göttlichen im Hinduismus, die sich hier mit der traditionellen chinesischen Formensprache mischen. Vishnu, hier in der Erscheinungsform eines Löwen, erkennbar an der Mähne, der einen bösen Dämonen austreibt. Er gehört zum Hinduismus. Shiva, eine der drei Hauptgottheiten des Hinduismus, die in verschiedenen Erscheinungsformen dargestellt wird. Hier in der Haltung der Buße. Der übrige Teil des Tempels wurde bereits 685 während der Tang-Dynastie errichtet in einem Maulbeerbaumgarten, dessen Besitzer im Traum ein bettelnder Mönch erschienen war, der darum bat, in diesem Garten den Tempel zu errichten. Ein Maulbeerbaum steht immer noch dort. Die Renshou-Pagode wurde 917 in Stein gebaut und wurde weder durch Erdbeben noch durch Kulturrevolution zerstört. Die zweite Pagode war zunächst aus Holz, wurde dann 1238 ebenfalls aus Stein gebaut. Sie waren früher Landmarken, an denen sich die Seefahrer orientierten. Das Maritime Museum Woher kam die kosmopolitische Ausrichtung der Stadt? Dass es eine Hafen- und Handelsstadt war, ist bekannt. Deswegen gibt es in Quanzhou das Maritime Museum, das die chinesische Seefahrt und den dadurch möglichen Handel beleuchtet. In der Abteilung mit Grabsteinen und anderen Artefakten, findet man reichlich Belege für die Multikulturalität und den Schmelztiegel der Kulturen. Exotische Religionen wie das Christentum verschmolzen hier mit einheimischen Formen der Spiritualität. Z.B. zeigt der Grabstein unten eine Mischung aus Hinduismus, Buddhismus und Christentum. Im Zentrum sitzt ein vierflügeliger Engel, ein christliches Symbol, der auf dem Kopf eine dreizackige Krone trägt, die dem Buddhismus zuzurechnen ist. In der Hand hält er eine Lotusblüte, aus der ein christliches Kreuz erwächst. Die Wolken, die das gesamte Relief umgeben, entstammen der daoistischen Kulturtradition Neben den Artefakten, die Quanzhous Geschichte als Schmelztiegel widerspiegeln, gibt es auch die politische Geschichte, in der Taiwan eine Rolle spielt. Taiwan, das früher Formosa hieß, war eine niederländische Eroberung, die von den Chinesen im Jahr 1661 unter Zhen Chenggong, auch bekannt als Koxinga aus Shijing, zurück gewonnen wurde. Taiwan, das 38 Jahre von den Niederländern besetzt war, hatte er mithilfe seiner 25.000 Mann starken Armee, die mit 4000 Schiffen übersetzte, zurückerobert. Zhen Chenggong, der Eroberer Formosas Die obige Abbildung zeigt ein sogenanntes Schatzschiff. Diese Schiffe waren die größten, die jemals aus Holz gebaut wurden. Mit ihnen unternahmen chinesische Seeleute Expeditionen, die sie durch ganz Fernost und an die Küsten Ostafrikas und Arabiens brachten. Diese Expeditionen unter Admiral Zheng He wurden allerdings nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Die Chinesen fanden nichts außerhalb ihres Landes, das ihnen Innovation gebracht hätte. Hier liegt ein deutlicher Unterschied zu den europäischen Seefahrern, die nicht selbstgenügsam in die Heimat zurücksegelten, sondern Kapital aus den eroberten Gebieten schlugen. Vielleicht fing an diesem Punkt eine verhängnisvolle Entwicklung in der chinesischen Geschichte an, die Mitte des 19. Jahrhunderts zu Chinas Untergang führte, als es zur endgültigen Konfrontation mit den Europäern kam. (Willst du Näheres dazu wissen? Klick hier.) Infrastruktur für eine prosperierende Hafenstadt - die Luoyang-Brücke Die Luoyang-Brücke wurde während der Song-Dynastie in den Jahren 1053 bis 1059 erbaut. Sie überquert den Fluss Luoyang und bot damals den Händlern eine Direktverbindung von dem Hafen von Quanzhou zu den nördlich gelegenen Städten. Ohne diese Brücke wären Umwege durch die westlich gelegenen Berge notwendig gewesen. Das Projekt diente der Erschließung des gesamten Wirtschaftsraums. Zusammen mit den Docks, weiteren Brücken wie der Anping-Brücke, der Shunji-Brücke, so wie der Maritimen Handelskammer, die heute noch, teilweise allerdings nur noch als Ruinen zu besichtigen sind, ist die Brücke ein Zeugnis für die wirtschaftliche Bedeutung der Hafenstadt vor 700- 1000 Jahren. Heute ist sie nur noch von Fußgängern zu nutzen und ein beliebtes Ausflugsziel. Sie gehört zu den bedeutendsten historischen Top-4-Brücken Chinas. Die anderen drei sind die Zhaozhou, Guangji und Lugou-Brücke. Der Erbauer der Brücke: Cai Xiang Drei Männer in typischer Kleidung der Song-Dynastie beim Sonntagsausflug auf der Brücke Wudianshi Nicht auslassen sollte man bei einer Reise nach Quanzhou das Wudianshi-Viertel. Diese Sehenswürdigkeit befindet sich in Qingyan, der Altstadt von Jinjiang City, einem Stadtteil von Quanzhou. Das Wudianshi-Viertel ist voller historischer Gebäude, die aus Backstein im Stil Süd-Fujians gebaut wurden, d.h. die Backsteine weisen eine rot, schwarze Marmorierung auf, die den Fassaden eine gewisse Lebendigkeit geben. Das Viertel ist heute für Besucher und Touristen erschlossen, es gibt unzählige gastronomische Angebote, Bühnen für Künstler, Opern und Musikaufführungen und jede Menge schöne Interieurs, in denen Teestuben und Geschenk- und Antiquitätenläden und Kunsthandwerker eingezogen sind.

  • Das Qingming-Fest

    Im April jedes Jahres besuchen die Chinesen die Gräber ihrer Vorfahren. Man geht davon aus, dass an diesem Tag die Toten als Geister auf die Erde zurückkehren. Deshalb bringt man ihnen ihr Lieblingsessen und verbrennt Papiergeld am Grab, sogenanntes Totengeld, damit die Verstorbenen in der jenseitigen Welt alles haben, was sie brauchen. Die Gräber werden sauber gemacht, mit Blumen geschmückt und beim Abbrennen von Räucherstäbchen essen die Geister von den mitgebrachten Speisen. Es werden am Qingming Tag nur kalte Speisen verzehrt. Chinesen gehen nur einmal pro Jahr zu den Toten. Den Rest des Jahres lässt man sie in Frieden schlafen und stört sie nicht. Eine Grabpflege wie bei uns, wo man nach eigenem Bedürfnis zum Grab geht, gibt es nicht. Traditionell werden Chinesen immer neben ihren Eltern beerdigt als Zeichen der Verehrung. Daraus resultiert auch der Gedanke, dass ein Chinese im Alter immer an den Ort zurückkehrt, woher er kommt, dass das Blatt dort vom Baum auf die Erde fällt, in der der Baum wurzelt. Traditionelle Bestattungen Beerdigungen laufen in den verschiedenen Teilen Chinas unterschiedlich ab, denoch gibt es einige Rituale, die vergleichbar sind. Nach dem Tod wird die Familie benachrichtigt, die zusammenkommt und drei Tage bei dem Toten bleibt. In dieser Zeit beauftragt man einen buddhistischen oder daoistischen Mönch, der nach dem Mondkalender den besten Tag der Beerdigung bestimmt. Die Mönche sprechen Gebete und begleiten die Familie. Bei dem Weg zum Begräbnisort gilt es, böse Geister, die in Ecken lauern und den Weg des Trauerzuges behindern könnten, zu besänftigen oder zu vertreiben, entweder, indem man Totengeld verbrennt, um sie zu bestechen oder indem man Feuerwerk anzündet, um sie zu vertreiben. Tote werden traditionell in Särgen bestattet. Der Begräbnisort wird nach Feng Shui bestimmt. Es soll ein schöner Ort sein, an dem der Tote sich wohlfühlt, vielleicht in der Nähe eines Flusslaufs. Moderne Bestattungen Heutzutage hat sich vieles geändert. Die Gesellschaft ist in einem starken Wandel und Traditionen, die uralt anmuten, aber noch bis vor wenigen Jahrzehnten üblich waren, verschwinden. Das Verbrennen von Geld wird aus Umweltschutzgründen nicht mehr praktiziert, der Platz für Beerdigungen ist bei der Bevölkerungsdichte knapp. Ein Grab in Shanghai ist unbezahlbar, weshalb manche sich in den Provinzen ihrer Vorfahren beerdigen lassen wollen, auch wenn sie ihr ganzes Leben in Shanghai zugebracht haben. Viele lassen sich verbrennen und ihre Asche unter Bäumen beisetzen, ähnlich wie in unseren Friedwäldern. Auch Seebestattungen kommen vor. Die ungewöhnlichste Art der Bestattung findet man bei den Tibetern, die den Leichnam im Gebirge den Vögeln überlassen. Dies ist eine der hochrangigsten Beisetzungen in Tibet. Man glaubt, dass dadurch die Seelen der Toten von den Vögeln in den Himmel gebracht werden. Das Qingming-Fest fällt immer auf den 15. Tag nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche, also auf den 4. oder 5. April. Es wird seit 2500 Jahren begangen. Seit 2006 ist es auf der Liste des nationalen immateriellen Kulturerbes und seit 2008 ein gesetzlicher Feiertag. Im Kalender der chinesischen Feiertage wird es als religiöses, buddhistisches Fest erwähnt. Die Qingming-Rolle Was hat dieser Tag mit der Qingming-Rolle zu tun, einem der berühmtesten Kunstwerke der chinesischen Kultur überhaupt. Es ist eine ca. fünf Meter lange Papierrolle, ca. 25 Zentimeter hoch, gemalt von dem Künstler Zhang Zeduan im 11. Jahrhhundert. Heute kann man sie im Palastmuseum von Peking besichtigen. Ursprünglich befand sie sich in der Verbotenen Stadt. Viel chinesische Kunst gelangte nach Taiwan oder wurde von Kolonialmächten gestohlen. Die Qingming-Rolle blieb in China, weil der letzte Kaiser Puyi sie nach Mandschuko mitgenommen hatte, wohin er während des Bürgerkriegs zwischen Nationalisten und Kommunisten ins Exil ging. Auf dieser Rolle sieht man nichts von Totenverehrung, sondern eine sehr lebendige Stadt in der es von Menschen nur so wimmelt, vielleicht vergleichbar mit Bildern von Pieter Bruegel. Was hat das miteinander zu tun? Qingming fällt ins Frühjar, eine Zeit, in der die Natur voll erwacht ist, in der es warm ist, in der man wieder leichte Kleidung tragen kann. Es ist vergleichbar mit unserem Osterfest. Nach einem mittlerweile vergessenen Brauch trug man an diesem Tag Weidenzweige im Haar. Vielerorts werden Drachen steigen gelassen, aber nicht nur tagsüber, sondern auch abends. Dann werden kleine Laternen an die Drachen gebunden. Heute wird am Qingming-Tag neben der Verehrung der Toten auch der Frühling gefeiert, indem man in die Natur geht. Dieses wiedererwachte Leben nach dem Winter wird auf der Qingming Rolle dargestellt. Am Qingming-Tag in China verbindet sich die Trauer um die Toten mit der Freude über den Frühlingsbeginn.

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